Reform der Zusatzweiterbildung Allergologie

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Der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. sieht in der neuen Musterweiterbildungsordnung mit der Reform der Zusatzweiterbildung Allergologie einen wichtigen Schritt, die flächendeckende Versorgung von Allergien in Deutschland sicherzustellen. „Endlich werden Hürden abgebaut”, betonte der Präsident des Berufsverbandes Dr. Dirk Heinrich.

Teil der Reform ist eine Änderung, mit der die Zusatzbezeichnung Allergologie berufsbegleitend erworben werden kann. Durch die bislang bestehende Regelung ist es niedergelassenen Ärzten praktisch unmöglich, die Zusatzqualifikation neben dem Beruf zu durchlaufen. Der Deutsche Ärztetag hatte im Mai 2018 mit großer Mehrheit für die Änderung gestimmt.

Der Großteil der Patientinnen und Patienten mit allergischen Erkrankungen wird von niedergelassenen Ärzten behandelt. Dabei zählt die HNO-Heilkunde nach Angaben des HNO-Berufsverbandes zu den wichtigsten Versorger-Fachgruppen auf diesem Gebiet. Die meisten Hyposensibilisierungen würden von HNO-Ärztinnen und -Ärzten erbracht. Die Therapieform, die auch spezifische Immuntherapie (SIT) genannt wird gilt als einzige kausale Therapie bei Allergien. Nur ein kleiner Teil der Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf muss im Krankenhaus behandelt werden.

Mit der fünfjährigen Facharztweiterbildung erwerben HNO-Ärzte umfangreiche allergologische Kenntnisse, betont  Heinrich. „HNO-Ärzte sind mit dem erfolgreichen Abschluss der Facharztprüfung umfassend qualifiziert, Allergien zu behandeln. Die Zusatzweiterbildung vertieft die Kompetenzen.“ Durch die bislang in der Musterweiterbildungsordnung vorgeschriebene 18-monatige klinische Lernzeit für die Zusatzbezeichnung sei es Praxisärzten in den letzten Jahren de facto unmöglich gewesen, den Zusatztitel „Allergologie“ zu erwerben, so Heinrich weiter. Die Zahl der abgeschlossenen Zusatzweiterbildungen sei daher seit Längerem rückläufig. Heinrich: „Mit der im letzten Jahr vom Deutschen Ärztetag verabschiedeten Reform wurde diese große Hürde endlich beseitigt.“

Die seitdem von einigen Fachgesellschaften immer wieder ins Feld geführte angebliche Qualitätsverschlechterung der allergologischen Versorgung sehe er nicht, betont der HNO-Arzt aus Hamburg: „Die Kritik an der souveränen Entscheidung des Ärztetags zeugt vom mangelnden Verständnis der innerärztlichen demokratischen Prozesse. Der Vorwurf von Qualitätseinbußen ist durch nichts zu belegen. Selbstverständlich bleibt es dabei, dass die Zusatzweiterbildung vor der Ärztekammer mit einer qualifizierten Prüfung abgeschlossen wird.“ Zu vermuten sei, so Heinrich weiter, dass anderweitige Interessen hinter der anhaltenden Kritik stehen. Der Versuch, die Entscheidung von 2018 beim diesjährigen Ärztetag in Münster zu revidieren, sei von den Delegierten klar abgelehnt worden, unterstreicht Heinrich. Damit habe der Ärztetag erneut Weitsicht an den Tag gelegt und die Kritiker der Reform in die Schranken verwiesen.

Kritik an der Entscheidung des Ärztetages kam etwa von der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI). So sieht der Präsident der DGAKI, Prof. Thomas Werfel, Deutschland bald als „Schlusslicht in Europa” in Bezug auf die Allergikerversorgung. Für die Patienten wäre es „fatal” die 18-monatige Praxisweiterbildung für Ärztinnen und Ärzten wie vorgesehen zu streichen, heißt es in einer Mitteilung der DGAKI.

Es könne nicht im Sinne der Patienten sein, wenn es praktizierenden Ärzten unmöglich gemacht werde, sich während ihres Berufslebens weiterzubilden, kritisiert Heinrich. Derzeit können ambulant tätige Ärzte die Zusatzbezeichnung nur dann erhalten, wenn Sie ihre praktische Tätigkeit für anderthalb Jahre unterbrechen. „Dies bedeutet nicht nur für die Patienten einen empfindlichen Einschnitt, weil ihr Arzt in der Zeit nicht verfügbar ist. Den langen Tätigkeitsausfall kann auch kaum ein Arzt wirtschaftlich kompensieren“, erklärt Heinrich. Die in den Landesärztekammern konstant niedrigen Zahlen von Absolventen der Zusatzweiterbildung stehen dafür exemplarisch. Auch an Weiterbildern fehle es bundesweit. Heinrich: „Angesichts dieses erschreckenden Rückgangs der Zusatzweiterbildung Allergologie kommt die Reform der Musterweiterbildungsordnung zur rechten Zeit. Endlich werden die Hürden abgebaut“, so der Präsident des HNO-Berufsverbandes. (red)