Reformen für ein leistungsstarkes Gesundheitssystem – motivierte Mitarbeiter sind der Schlüssel8. Mai 2024 Foto: Christian Glawe-Griebel/helliwood.com Der 128. Ärztetag in Mainz hat gefordert, Gesundheitspolitik an Nachwuchsförderung, Qualifizierung und guten Arbeitsbedingungen auszurichten. Das Ärzteparlament hat die Bundesregierung und den Gesetzgeber in einem einstimmig gefassten Beschluss aufgefordert, wichtige Reformen für ein gleichermaßen menschliches wie leistungsstarkes Gesundheitswesen jetzt umzusetzen. Die Beschäftigten seien der Schlüssel für ein gleichermaßen menschliches wie leistungsfähiges Gesundheitswesen. „Die Nachwuchsförderung, die Fortentwicklung aller Bereiche des Gesundheitswesens und die Ausgestaltung der beruflichen Rahmenbedingungen müssen sich gleichermaßen an dem Versorgungsbedarf der Patientinnen und Patienten, wie auch an den Erfordernissen derjenigen ausrichten, die in unserem Gesundheitswesen tätig sind“, forderten die Abgeordneten. Zeit für Zuwendung, leistungsgerechte Bezahlung, am tatsächlichen Behandlungsbedarf ausgerichtete Strukturen sowie die Förderung des ärztlichen Nachwuchses seien grundlegend für die Sicherung der medizinischen Versorgung in einer Gesellschaft des langen Lebens. Dem Ärztetag zufolge haben die zahlreichen Proteste von Ärztinnen und Ärzten aus Kliniken und Praxen, von Medizinischen Fachangestellten und weiteren Gesundheitsfachberufen deutlich die tiefe Unzufriedenheit über die beruflichen Rahmenbedingungen der im Gesundheitswesen Tätigen gezeigt. „Attraktive Arbeitsbedingungen, Zeit für Zuwendung statt Medizin im Minutentakt, Patientenorientierung statt Kommerzialisierung und echte Entlastung von unnötiger Bürokratie sind für die Zukunftsfähigkeit des deutschen Gesundheitswesens elementar”, heißt es im Beschluss. Aufgabe und Verantwortung der Politik sei es, die Gesundheitspolitik gemeinsam mit den Akteuren aus dem Gesundheitswesen in diesem Sinne neu auszurichten. Modernes Medizinstudium endlich umsetzen Das Ärzteparlament forderte Bund und Länder auf, die seit Jahren angekündigte und dringend benötigte Reform des Medizinstudiums endlich umzusetzen. Zusätzliche Ausbildungskapazitäten seien zu schaffen und zu finanzieren. Für einen langfristigen Verbleib der künftigen Ärztinnen und Ärzte in der Patientenversorgung seien Politik und Kostenträger aufgefordert, für attraktive, insbesondere familienfreundliche Rahmenbedingungen ärztlicher Tätigkeit in der Patientenversorgung zu sorgen. „Wir halten es für falsch, Medizinstudienplätze nach aktuellen versorgungspolitischen Prämissen zu vergeben und dadurch die Wahlmöglichkeiten einzuschränken”, so die Abgeordneten. Reform der Krankenhausreform Das Ärzteparlament kritisierte zudem den von der Bundesregierung erarbeiteten Gesetzentwurf für ein Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) und forderte die Bundesregierung auf, diesen gemeinsam mit den Bundesländern und den Akteuren aus dem Gesundheitswesen grundlegend zu überarbeiten. „Er verfehlt das selbstgesteckte Ziel der Entbürokratisierung und wird dem Anspruch einer grundlegenden Reform des DRG-Systems mit all seinen ökonomischen Fehlanreizen nicht gerecht. Stattdessen greift der Gesetzentwurf mit kleinteiligen Vorgaben in die Verantwortung der Bundesländer für eine an den regionalen Erfordernissen ausgerichtete Krankenhausversorgung ein”, heißt es im Beschluss. Insbesondere die Auswirkungen der Reform auf die ärztliche Weiterbildung und somit auf die ärztliche Nachwuchssicherung ist dem Beschluss zufolge zu beachten. So müssten etwa flächendeckende und sektorenverbindende Weiterbildungsverbünde gefördert und die ärztliche Weiterbildung sektorenverbindend in der Verantwortung der Landesärztekammern und der Bundesärztekammer gestärkt sowie endlich angemessen refinanziert werden. Ambulante Versorgung stärken Dew weitern forderte das Ärzteparlament die Regierung dazu auf, bei den geplanten Reformen im stationären Sektor immer auch die Erfordernisse des ambulanten Sektors zu berücksichtigen, gerade im Hinblick auf die vorgesehene Förderung der Ambulantisierung von bisher stationär erbrachten Leistungen. Unter anderem seien die Rahmenbedingungen für die Ambulantisierung fair zu gestalten und die notwendigen Strukturanpassungen für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte wie für Krankenhäuser angemessen zu refinanzieren. Zudem erkennt die Ärzteschaft die Bemühungen der Bundesregierung an, die hausärztliche Versorgung zu stärken. Doch neben der Entbudgetierung für den hausärztlichen Bereich müssten entsprechende Schritte auch für die fachärztliche Versorgung folgen. Dafür erforderliches Honorar müss zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, ist im Beschluss nachzulesen. Das Ärzteparlament sprach sich zudem dafür aus, die Rahmenbedingungen für Medizinische Fachangestellte substanziell zu verbessern. Es gelte die Teams in den Praxen insgesamt zu stärken und dafür die notwendigen finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. „Um Ärztinnen und Ärzten und ihren Praxisteams mehr Zeit und Freiräume für die Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten zu ermöglichen, sind vermeidbare Praxisbesuche zu reduzieren und stattdessen insbesondere zuwendungsintensive Leistungen auskömmlich zu finanzieren”, so die Abgeordneten, die dazu aufforderten, für den gesamten vertragsärztlichen Bereich eine grundsätzliche Honorarstrukturreform zu prüfen. Zuwendung statt Kontrollbürokratie und Dokumentationswahn Das Ärzteparlament sieht zwar in den aktuellen Gesetzentwürfen aus dem Bundesgesundheitsministerium einzelne bürokratieentlastende Maßnahmen, dafür stehe aber an anderer Stelle ein deutlicher Bürokratieaufbau gegenüber. „Die Entwicklung läuft damit weiter in die falsche Richtung.” Bürokratieabbau müsse vom Lippenbekenntnis zur Priorität der Gesundheitspolitik noch in dieser Legislaturperiode werden. Die Abgeordnenten fordern deshalb „nach mehr als zwei verlorenen Jahren” eine ‘Taskforce Entbürokratisierung’ einzurichten, „in der die Bundesregierung mit der Ärzteschaft und den weiteren Vertretern des selbstverwalteten Gesundheitswesens schnell die notwendigen Maßnahmen erarbeitet und realisiert.” (hr)
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