Reformpläne: DGAI und BDA fürchten „schleichende Abschaffung von Notärzten bei Einsätzen“13. September 2023 Kritik an den Reformplänen des Rettungswesens kommt von DGAI und BDA. Foto: Dr. Christian Hermanns/DGAI Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) sowie der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) sehen durch die jüngsten Empfehlungen der Regierungskommission zur Reform des Rettungswesens die Patientensicherheit „erheblich gefährdet“. Am 7. September stellte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Reformvorschläge einer Regierungskommission zur Generalüberholung der Rettungsdienste vor (wir berichteten). Unter anderem sollen diesen zufolge Notfallsanitäterinnen und -sanitäter künftig stärker qualifiziert und mehr Befugnisse eingeräumt werden. Notärzte sollen dann dagegen vor allem noch in besonders komplexen Fällen und überwiegend per Rettungshubschrauber oder telemedizinisch eingesetzt werden. DGAI und BDA sehen in diesem Vorschlag eine „Substitution ärztlicher Einsätze in der außerklinischen Notfallmedizin durch nichtärztliches Personal und die damit faktisch verbundene Abschaffung von Notärztinnen und Notärzten“ und halten ihn für „eine ganz erhebliche Gefahr für die Qualität der Notfallversorgung der Bevölkerung“. Grundsätzlich würde man die von der Regierungskommission gemachten Vorschläge zum Qualitäts-, Struktur- und Prozessmanagement der Rettungsdienste und zur Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung im Bereich der Notfallmaßnahmen jedoch begrüßen, wie es in einer Mitteilung der beiden Verbände vom 13. September heißt. Notärzte haben breite und fundierte medizinische Ausbildung Die notfallmedizinische Versorgung erfolgt in Deutschland – auch im internationalen Vergleich – auf einem äußerst hohen Niveau. Diese Qualität der Versorgung beruht nach Ansicht von DGAI und BDA zu einem erheblichen Anteil auf dem Einsatz von Notärztinnen und Notärzten, insbesondere aus dem Bereich der Anästhesiologie. „Diese besitzen nicht nur durch ihr sechsjähriges Studium der Humanmedizin, sondern auch durch ihre mindestens zweijährige klinische Tätigkeit, u. a. in der Intensivmedizin, eine breite und fundierte medizinische Ausbildung, die sie für eine notfallmedizinische Tätigkeit in ganz besonderer Weise qualifiziert“, erklären die Verbände. Im klinischen Einsatz gewährleisten diese Ärztinnen und Ärzte jeden Tag eine qualitativ hochwertige und sichere Behandlung der Patientinnen und Patienten – gerade auch in kritischen Situationen im Notarztdienst. Sie sind geschult und erfahren in der Anwendung vielfältiger Techniken, die insbesondere in Notfallsituationen unabdingbar beherrscht werden müssen. „Die Regierungskommission empfiehlt nun, dieses System zu Gunsten einer Notfallversorgung durch nichtärztliches Personal nahezu vollständig aufzugeben“, kritisieren DGAI und BDA. „Notärztinnen und Notärzte sollen dann nur noch im Bedarfsfall in kritischen Situationen, die vom nichtärztlichen Personal vor Ort nicht mehr bewältigt werden können, zur Unterstützung sekundär hinzugezogen werden. Dadurch geht kostbare Behandlungszeit verloren und am Ende entscheiden gerade diese Minuten über die Überlebenschance vieler Notfallpatienten.“ Qualität der Notfallversorgung in Deutschland wird aufs Spiel gesetzt Zudem sei „völlig unklar“, wie Notärztinnen und Notärzte künftig ihre „herausragende Expertise“ für die Bewältigung solch außergewöhnlicher Notfallsituationen erwerben bzw. erhalten sollen, wenn die bisherigen Notarztstrukturen abgeschafft werden. „Durch die vorgeschlagenen Maßnahmen wird leichtfertig die hohe Qualität in der Notfallversorgung in Deutschland aufs Spiel gesetzt“, so das Fazit. BDA und DGAI lehnen die Substitution ärztlicher Leistungen in der Notfallmedizin deshalb „kategorisch ab“. Im Sinne einer qualifizierten Delegation möchten sich BDA und DGAI jedoch in einen Prozess zur Weiterqualifikation nichtärztlichen Fachpersonals in der Notfallmedizin einbringen. Damit kann das eingesetzte Fachpersonal aus Sicht von DGAI und BDA mit definierten und regelmäßig zu schulenden Kompetenzen unter der Verantwortung des zuständigen ärztlichen Leiters ausgestattet werden. Diese ärztlich delegierten Maßnahmen seien regional übergreifend zu definieren, um einheitliche Versorgungsstrategien zu ermöglichen. Im Reformprozess bieten DGAI und BDA ihre Expertise und Unterstützung an.
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