Regeneration von Haarsinneszellen – Wirkstoffe in Sicht?22. September 2021 Konfokale mikroskopische Aufnahme eines Mäuse-Cochlea-Organoids, das Haarsinneszellen (grün) und ihre Zilienstrukture (rot) zeigt. Foto: Qing Liu, Nanjing University, China Wie eine aktuelle Studie zeigt, eignen sich Cochlea-Organoide aus dem Labor zum Hochdurchsatz-Screening nach potenziellen Wirkstoffen, die die Regeneration von Haarsinneszellen anregen. Wenn Haarsinneszellen durch Lärmexposition, bestimmte Chemikalien, Erkrankungen oder im Alter verloren gehen, ist eine partieller oder vollständiger Hörverlust die Folge. Schätzungen der WHO zufolge wir 2050 jeder zehnte Mensch von einer Beeinträchtigung des Gehörs betroffen sein. Menschliche Haarsinneszellen können nicht ersetzt oder repariert werden – allerdings können sich Haarsinneszellen bei Fischen, Vögeln oder anderen Tierarten regenerieren. Die Gründe für diese Unterschiede in der Regenerationsfähigkeit sind noch nicht vollständig verstanden. Aber: Möglicherweise ist auch beim Menschen die Regeneration von Haarsinneszellen – unter den richtigen Bedingungen – möglich. Um die Voraussetzungen dafür genauer zu charakterisieren hat ein Team um Guoqiang Wan von der Nanjing-Universität in China Laborkulturen von Innenohr-ähnlichen Strukturen gezüchtet, ausgehend von unreifen Cochlea-Gewebe neugeborener Mäuse. Diese Cochlea-Organoide konnten in vitro vermehrt werden und haben Haarsinneszellen gebildet. Im Rahmen einer aktuell publizierten Studie nutzen den Forschenden die Cochlea-Organoide, um über tausend durch die FDA zugelassene Medikamente darauf hin zu screenen, ob sie in der Lage sind das Wachstum von Haarsinneszellen zu stimulieren. Eine der vielversprechensten Kandidaten ist das Krebsmedikament Regorafenib, das die Bildung von Haarsinneszellen in den Cochlea-Organoiden aus dem Labor stimulierte. Außerdem förderte die Substanz auch die Bildung von Haarsinneszellen in Cochlea-Gewebe aus Mäusen. Erstaunlicherweise regenerierten sich die Haarsinneszellen in diesem Gewebe auch dann, wenn sie zuvor durch die Exposition gegenüber Chemikalien zerstört worden waren. Nach Ansicht der Autoren schaffen ihre Ergebnisse die Voraussetzungen für ein Hochdurchsatz-Screening zur Identifizierung von Wirkstoffen, die die Regeneration von Haarsinneszellen in Säugetieren stimulieren und liefert damit einen neuen Ansatz zur Therapie von Hörbeeinträchtigungen. Künftige Studien sind notwendig, um zu bestimmen, ob die identifizierten Arzneimittel auch die Regeneration von Haarsinneszellen in der menschlichen Cochlea stimulieren. (ja) Originalpublikation: Liu Q et al. High-throughput screening on cochlear organoids identifies VEGFR-MEK-TGFB1 signaling promoting hair cell reprogramming. Stem Cell Reports 2021;16(9):2257-2273.
Mehr erfahren zu: "Weniger Verluste – Minister sieht Uniklinik Mainz auf gutem Weg" Weniger Verluste – Minister sieht Uniklinik Mainz auf gutem Weg Mit einem Bündel an Maßnahmen versucht die Uniklinik Mainz seit Jahren, aus den roten Zahlen zu kommen – und verbucht auch nach Meinung des Landes einen Teilerfolg.
Mehr erfahren zu: "EHDS und EU-HTA: Gesundheitsdaten und Arzneimittelbewertung vereinheitlichen" EHDS und EU-HTA: Gesundheitsdaten und Arzneimittelbewertung vereinheitlichen Die EU-Staaten rücken mit dem Start des Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS) und des europäischen Nutzenbewertungsverfahrens (EU-HTA) zusammen. Experten diskutierten den Nutzen von EHDS und EU-HTA mit Blick auf den Datenschutz im […]
Mehr erfahren zu: "Neues Forschungsprojekt: Bessere Statistik für kleine Stichproben" Neues Forschungsprojekt: Bessere Statistik für kleine Stichproben Kleine Stichproben: Wie lassen sich trotzdem valide wissenschaftliche Ergebnisse gewinnen? Dieser Frage widmet sich das neue Projekt von Prof. Markus Neuhäuser, Professor für Statistik am Campus Remagen der Hochschule Koblenz.