Regeneration von Haarzellen: Neue Genfunktionen bei Zebrafischen entdeckt

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US-amerikanische Forschende haben bei Zebrafischen spezifische Gene identifiziert, die an der Wiederherstellung von Haarzellen in den Sinnesorganen der Fische beteiligt sind. Die Ergebnisse liefern Forschungsansätze zu neuen Therapien von Hörverlust.

Fische, Frösche und Küken können ihre Sinneszellen mühelos regenerieren. Wissenschaftler des Stowers Institute for Medical Research, Kansas (USA) haben analysiert, wie die Regeneration von Sinneszellen bei Zebrafischen genetisch gesteuert wird. Die Studie des Teams um Tatjana Piotrowski, Ph.D. wurde in „Nature Communications“ veröffentlicht.

Regulation der Zellteilung – Zwei Schlüsselgene identifiziert

„Während der normalen Gewebeerhaltung und -regeneration müssen sich Zellen vermehren, um abgestorbene oder abgestoßene Zellen zu ersetzen – dies funktioniert jedoch nur, wenn bereits Zellen vorhanden sind, die sich teilen können, um sie zu ersetzen“, erklärt Piotrowski. „Um zu verstehen, wie die Vermehrung reguliert wird, müssen wir verstehen, wie Stammzellen und ihre Nachkommen wissen, wann sie sich teilen und an welchem Punkt sie sich differenzieren müssen.“

Die Schlüsselfrage für Piotrowski und ihr Team: Wie wird die Zellteilung reguliert, um sowohl die Regeneration von Haarzellen zu fördern als auch eine stetige Versorgung mit Stammzellen aufrechtzuerhalten?

Die Studienautoren konnten zeigen, dass zwei verschiedene Gene – beide regulieren die Zellteilung – jeweils das Wachstum von zwei wichtigen Arten von sensorischen Stützzellen im Zebrafisch steuern. Nach Einschätzung der Autoren könnten ihre Ergebnisse dazu beitragen, zu untersuchen, ob ähnliche Prozesse künftig auch in menschlichen Zellen ausgelöst werden könnten.

Transparenter Zebrafisch als ideales Modell

Zebrafische sind ein hervorragendes System zur Untersuchung der Regeneration. In einer geraden Linie von ihrem Kopf bis zur Schwanzflosse befinden sich Sinnesorgane, die Neuromasten genannt werden. Jeder Neuromast ähnelt einer Knoblauchknolle, aus deren Spitze „Haarzellen“ sprießen. Eine Vielzahl von Stützzellen umgibt den Neuromast, um neue Haarzellen zu bilden. Diese Sinneszellen, die Zebrafischen helfen, Wasserbewegungen zu erkennen, ähneln stark denen im menschlichen Innenohr.

Dass Zebrafische während ihrer Entwicklung transparent sind und über zugängliche Sinnesorgane verfügen, macht es möglich jede Neuromastzelle visualisieren, genetisch sequenzieren und modifizieren. So können Forschende die Mechanismen der Stammzellerneuerung, die Proliferation von Vorläuferzellen – direkten Vorläufern der Haarzellen – und die Regeneration von Haarzellen untersuchen.

Stützzellen essenziell zur Regeneration

„Wir können Gene manipulieren und testen, welche für die Regeneration wichtig sind“, führt Piotrowski weiter aus. „Indem wir verstehen, wie sich diese Zellen bei Zebrafischen regenerieren, hoffen wir herauszufinden, warum eine ähnliche Regeneration bei Säugetieren nicht stattfindet und ob es möglich sein könnte, diesen Prozess in Zukunft zu fördern.“

Zwei wichtige Populationen von Stützzellen tragen zur Regeneration innerhalb der Neuromasten bei: aktive Stammzellen am Rand des Neuromasts und Vorläuferzellen in der Nähe des Zentrums. Diese Zellen teilen sich symmetrisch, wodurch der Neuromast kontinuierlich neue Haarzellen bilden kann, ohne seine Stammzellen zu erschöpfen. Das Team bestimmte mittels Sequenzierung, welche Gene in jedem Typ aktiv waren. Piotrowski und ihr Team fanden zwei unterschiedliche CyclinD-Gene, die nur in der einen oder der anderen Population vorhanden waren.

Zelltypspezifische CyclinD-Gene regulieren Zellteilung unabhängig in zwei Zelltypen

Die Forscher veränderten dann jedes Gen in den Stamm- und Vorläuferzellpopulationen und konnten zeigen, dass die verschiedenen CyclinD-Gene die Zellteilung der beiden Zelltypen unabhängig voneinander regulierten. „Als wir eines dieser Gene funktionsunfähig machten, hörte nur eine Population auf, sich zu teilen“, erläutert Piotrowski. „Diese Erkenntnis zeigt, dass verschiedene Zellgruppen innerhalb eines Organs separat gesteuert werden können.“

Vorläuferzellen, denen ihr zelltypspezifisches CyclinD-Gen fehlte, vermehrten sich nicht; sie bildeten jedoch eine Haarzelle, wodurch die Zellteilung von der Differenzierung abgekoppelt wurde. Bemerkenswert ist, dass die Zellteilung der Vorläuferzellen wiederhergestellt wurde, als das stammzellspezifische CyclinD-Gen so verändert wurde, dass es in Vorläuferzellen funktionierte.

Bedeutung der Ergebnisse jenseits des Zebrafischs

Dr. Avid Raible, Professor an der University of Washington, USA, der das sensorische System der Seitenlinie von Zebrafischen erforscht, kommentierte die Bedeutung der neuen Studie. „Diese Arbeit beleuchtet einen eleganten Mechanismus zur Erhaltung von Neuromast-Stammzellen bei gleichzeitiger Förderung der Haarzellregeneration. Sie könnte uns dabei helfen, zu untersuchen, ob ähnliche Prozesse bei Säugetieren existieren oder aktiviert werden könnten.“

Da Cyclin-D-Gene auch die Proliferation in vielen menschlichen Zellen regulieren, beispielsweise im Darm und im Blut, könnten die Ergebnisse des Teams über die Regeneration von Haarzellen hinausreichende Bedeutung haben.

„Erkenntnisse aus der Regeneration von Haarzellen bei Zebrafischen könnten letztendlich auch für die Forschung an anderen Organen und Geweben von Bedeutung sein, sowohl für solche, die sich auf natürliche Weise regenerieren, als auch für solche, bei denen dies nicht der Fall ist“, ordnet Piotrowski ihre Studienergebnisse ein. (ja/BIERMANN)