Reinhardt: „Wir brauchen mutige Reformen in allen Leistungsbereichen“27. Mai 2025 Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt (Foto: © Die Hoffotografen) Klares Signal an die Politik – Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt hat zu Beginn des 129. Deutschen Ärztetages in Leipzig der neuen Bundesregierung Unterstützung bei der Bewältigung der großen gesundheitspolitischen Zukunftsaufgaben zugesichert. „Die Gesundheitsversorgung in Deutschland steht vor massiven Herausforderungen, die mutige Reformen in allen Leistungsbereichen des Gesundheitssystems erfordern“, sagte Reinhardt vor rund 1000 Gästen zur Eröffnung des 129. Ärztetages in der Leipziger Nikolaikirche. Aus Sicht der Ärzteschaft biete der Koalitionsvertrag von Union und SPD eine gute Grundlage für die notwendigen Reformen. „Er zeigt, dass die Koalitionäre bereit sind, eingefahrene Wege zu verlassen und Raum für neue – auch unkonventionelle – Lösungsansätze zu schaffen“, betonte Reinhardt. Primärarztsystem praktikabel ausgestalten In diesem Zusammenhang hob er die von Union und SPD angekündigte Einführung eines Primärarztsystems in Deutschland hervor. Demnach sollen sich Patientinnen und Patienten zunächst bei einer Hausarztpraxis einschreiben, die dann die Koordinierung der Weiterbehandlung übernimmt. Entscheidend sei nach Reinhardts Worten die konkrete Umsetzung: Das System müsse gemeinsam mit der Ärzteschaft intelligent, praktikabel und an den Versorgungsrealitäten orientiert ausgestaltet werden. Die Ärzteschaft unterstützt nach Reinhardts Worten außerdem die im Koalitionsvertrag angekündigte Fortentwicklung der Krankenhausreform. Es sei ein richtiges Signal, die Krankenhäuser finanziell zu stabilisieren, bis die Reform greife. Gut sei auch, dass die Personal- und Strukturvorgaben in den Leistungsgruppen praxisnäher und realitätsbezogener gestaltet werden sollen. Der Präsident der Bundesärztekammer betonte, die ärztliche Weiterbildung sei eine entscheidende Stellschraube dafür, dass auch in Zukunft genügend Fachärztinnen und Fachärzte für die Patientenversorgung zur Verfügung stehen. Bei der Weiterentwicklung der Krankenhausreform müssten deshalb Verbundstrukturen für die Weiterbildung gestärkt und Hürden bei der Arbeitnehmerüberlassung abgebaut werden. Direkt an die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken gewandt forderte Reinhardt die Einsetzung einer Bürokratie-Task-Force für das Gesundheitswesen. Er verwies darauf, dass die Bundesärztekammer und andere Organisationen aus dem Gesundheitswesen bereits in der letzten Legislaturperiode zahlreiche konkrete Entbürokratisierungsvorschläge an das Bundesgesundheitsministerium übermittelt hatten. Die neue Regierung müsse also nicht bei Null anfangen. Reinhardt forderte, jedes Formular, jede Prozedur und jede Berichtspflicht im Gesundheitswesen auf den Prüfstand zu stellen. Mit Blick auf den grassierenden Fachkräftemangel im Gesundheitswesen appellierte der Bundesärztekammer-Präsident an die Bundesregierung, die seit Jahren angekündigte Reform des Medizinstudiums endlich umzusetzen. Zur Fachkräftesicherung gehöre außerdem, diejenigen in den Blick zu nehmen, die sich dem Ruhestandsalter nähern, aber bereit sind, sich weiter in die Patientenversorgung einzubringen. „Nicht aus finanziellen Gründen wollen die meisten weiterarbeiten, sondern aus Überzeugung. Aber ihr Engagement muss selbstverständlich auch angemessen gewürdigt werden.“ Reinhardt betonte, dass erweiterte Steuerfreibeträge, wie sie im Koalitionsvertrag im Rahmen der sogenannten Aktivrente angekündigt werden, sowie eine Freistellung von der Sozialversicherungspflicht wichtige Anreize setzen könnten. Schwerpunkt Künstliche Intelligenz Das Schwerpunktthema des diesjährigen Ärztetages ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin. „KI wird unsere Gesellschaft und auch die Medizin tiefgreifend verändern“, sagte Reinhardt. Sie böte enorme Chancen für die Forschung, für präzisere Diagnosen und für individuell zugeschnittene Therapien. Dennoch seien ethische Leitplanken und verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen unerlässlich. Sensible Gesundheitsdaten müssten geschützt und wirtschaftliche Einflussnahmen Dritter auf medizinische Entscheidungen ausgeschlossen werden. Die Entscheidung über eine Behandlung müsse stets von Ärztinnen und Ärzten getroffen werden – nicht von digitalen Algorithmen. Reinhardt: „Verantwortung ist nicht teilbar – auch nicht zwischen Mensch und Maschine.“ Der 129. Deutsche Ärztetag findet vom 27. bis 30. Mai 2025 in Leipzig statt. Neben der aktuellen Gesundheitspolitik und dem Schwerpunkt KI in der Medizin beschäftigt sich der Ärztetag mit weiteren gesundheits- und gesellschaftspolitischen Themen. Unter anderem wird eine wichtige Weichenstellung bei der Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte vorgenommen. Außerdem wird sich das Parlament der Ärztinnen und Ärzte mit ärztlichen Aspekten zum Thema Schwangerschaftsabbruch befassen. (Bundesärztekammer/ms)
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