Riechrezeptoren der Niere steuern Blutdruck und Zuckerhaushalt27. November 2025 Mit der Nase nehmen wir Wohlgerüche wie Rosenduft wahr – unsere Nieren reagieren mit ähnlichen Rezeptoren auf kurzkettige Fettsäuren. Bild: K.- P. Adler – stock.adobe.com Nicht nur die Nase kann riechen – auch die Niere verfügt über „Riechrezeptoren“. Auf diese Weise steuert das paarige Organ zentrale Körperfunktionen wie den Blutdruck. Eine neue wissenschaftliche Übersichtsarbeit im Journal „Nature Reviews Nephrology“ zeigt, dass sogenannte olfaktorische Rezeptoren (ORs), bislang vor allem aus der Nase bekannt, auch in der Niere aktiv sind. Diese Rezeptoren gehören zur Familie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCRs), die als besonders gut medikamentös beeinflussbar gelten. Neu entdeckte Achse zwischen Darm und Niere „Zum ersten Mal sehen wir einen Mechanismus, bei dem Darmbakterien über chemische Signale in der Niere den Blutdruck beeinflussen können“, sagt Professorin Dr. Sylvia Stracke, Pressesprecherin der DGfN und Leiterin Nephrologie, Dialyse und Hochdruckkrankheiten der Universitätsmedizin Greifswald. „Das könnte erklären, warum Menschen sehr unterschiedlich auf Salz, Diäten oder bestimmte Medikamente reagieren.“ „Damit eröffnen sich neue Perspektiven für innovative Therapien bei Bluthochdruck, Diabetes und chronischer Nierenkrankheit“, sagt die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN). Zugleich zeige die Forschung, wie komplex und unverzichtbar das Organ sei. „Wir müssen Nieren bewusst schützen – von der Kindheit bis ins hohe Alter.“ Ein Beispiel für einen Riechrezeptor in der Niere ist das Protein OR51E2. Diese erkennt kurzkettige Fettsäuren, die Darmbakterien bei der Verdauung von Ballaststoffen bilden. Seine Aktivierung steigert die Freisetzung von Renin – einem Schlüsselenzym des Blutdrucksystems. Damit entsteht eine direkte Mikrobiom-abhängige Verbindung zwischen Darmbakterien und Blutdruckregulation. Varianten verursachen Geschlechtsunterschiede im Blutdruck Eine seltene Variante im Gen des Riechrezeptors OR51E1 beeinflusst den Blutdruck bei Frauen und Männern gegensätzlich. Während Trägerinnen einen höheren diastolischen Blutdruck aufweisen, zeigt sich bei Männern eine Senkung. Der diastolische Wert ist der zweite, niedrigere Wert bei der Blutdruckmessung und gibt den Druck in den Arterien an, wenn sich das Herz zwischen den Schlägen entspannt. „Das ist eine bemerkenswerte Entdeckung, der Blutdruckunterschiede zwischen den Geschlechtern erklären kann,“ so Stracke. „Das eröffnet neue Wege in der Forschung und zu geschlechtssensiblen Therapien.“ Der Riechrezeptor OLFR1393 reguliert Transporter, die Glukose aus dem Primärharn zurück in den Körper holen. Fehlt dieser Riechrezeptor, wird mehr Zucker über den Urin ausgeschieden – ein Prinzip, auf dem moderne Antidiabetika (SGLT-2-Hemmer) beruhen. „Diese Sinnesrezeptoren eröffnen völlig neue Forschungsansätze,“ sagt Stracke. „Wir beginnen erst zu verstehen, wie fein abgestimmt die Niere unseren Stoffwechsel wahrnimmt und reguliert.“ Großes Potenzial, viele offene Fragen Mehr als 100 Riechrezeptoren sind mittlerweile in der Niere nachgewiesen, viele davon funktionell noch unerforscht. Die DGfN fordert daher ein Deutsches Zentrum für Nierengesundheit (DZNG), um diese Forschung strategisch voranzubringen. „Unser Ziel ist eine frühzeitige und bessere Versorgung nierenkranker Patientinnen und Patienten, neue Präventionsstrategien und die Entwicklung innovativer Therapien“, sagt Dr. Nicole Helmbold, Generalsekretärin der DGfN. „Wir müssen verstehen, wie die Niere Signale aus dem Darm, aus dem Immunsystem und aus dem Stoffwechsel wahrnimmt und verarbeitet.„Nur dann können wir Nierenkrankheiten früher erkennen und gezielter behandeln.“ Auch wenn die Forschung zur Therapie von Nierenkrankheiten rasant voranschreitet, bleibe Prävention der wichtigste Baustein, betont die DGfN. „Daher müssen unsere Anstrengungen auf den Erhalt der Nierengesundheit ausgerichtet sein“, so Stracke. „Düfte wecken Erinnerungen – und sie können uns auch daran erinnern, wie faszinierend unser Körper funktioniert. Unsere Nieren arbeiten rund um die Uhr. Ausreichendes Trinken, gesunde Ernährung und regelmäßige Vorsorge sind entscheidend, um sie zu schützen.“ (ms/BIERMANN)
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