Robert-Koch-Preis 2023 für Pionierarbeit in der Immunologie

Der Robert-Koch-Preis 2023 geht an Timothy Springer (l.) und Francisco Sanchez-Madrid. Fotos: Robert-Koch-Stiftung.

Der Robert-Koch-Preis 2023 geht an Timothy Springer und Francisco Sanchez-Madrid, weil sie als erste die Bedeutung von Zelladhäsionsmolekülen für die Funktion von Immunzellen gezeigt, und mit monoklonalen Antikörpern gegen die Moleküle neue Therapieoptionen für Immunerkrankungen geschaffen haben.

Mit Patrice Courvalin erhält einer der weltweit renommiertesten Forscher auf dem Gebiet der Antibiotikaresistenz die Robert-Koch-Medaille in Gold für sein Lebenswerk. Die Verleihung der Auszeichnungen findet am 17. November 2023 in Berlin statt.

„Mit den diesjährigen Preisträgern zeichnen wir zwei weltberühmte Pioniere der Immunologie aus“, sagt Prof. Wolfgang Plischke, Vorsitzender der Robert-Koch-Stiftung. „In der Pandemie der letzten Jahre sind Autoimmunerkrankungen langsam mehr in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt – dabei forschen die Wissenschaftler*innen seit Jahrzehnten in diesem Bereich. Mit dem Robert-Koch-Preis wollen wir in diesem Jahr besonders auf die hervorragende Arbeit in der Immunologie hinweisen. Mit der Auszeichnung für das Lebenswerk zeigen wir darüber hinaus, dass die Wichtigkeit der Antibiotikaresistenzforschung ungebrochen ist – und kontinuierlich zunimmt.“

Als Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates der Robert-Koch-Stiftung fügt Prof. Andreas Radbruch hinzu: „Tim Springer und Francisco Sanchez-Madrid haben Pionierarbeit bei der Erforschung der Proteine geleistet, mit denen Immunzellen an andere Zellen andocken. Diese Proteine sind für die Funktion der Immunzellen von zentraler Bedeutung. Nur so können die Immunzellen uns bei Infektionen schützen, indem sie z.B. Virusinfizierte Zellen abtöten.  Krankheiten, die durch fehlgeleitete Immunreaktionen verursacht werden, z.B. Autoimmunerkrankungen, kann man durch Blockade dieser Adhäsionsmoleküle behandeln. Hier haben die Preisträger erste monoklonale Antikörper entwickelt, die inzwischen als Medikamente eingesetzt werden. Patrice Courvalin hat sein Lebenswerk der Erforschung bakterieller Resistenzen gegen Antibiotika gewidmet. Mit ihm ehren wir einen Forscher, der dieses Feld von eminenter praktischer Bedeutung in den letzten Jahrzehnten wesentlich geprägt hat.“

Die Preisträger des Robert-Koch-Preises 2023:

Timothy Alan Springer ist ein US-amerikanischer Immunologe und Professor an der Harvard University, Boston, Massachusetts, USA. Er stammt aus Fort Benning, Georgia, und studierte in Berkeley an der University of California Biochemie, bevor er 1976 in Harvard promovierte. Seit 1977 ist er Professor an der Harvard Medical School. Zusammen mit Francisco Sanchez-Madrid entdeckte er die Integrine, Proteine die Zellen miteinander verbinden und die für die Funktion dieser Zellen von entscheidender Bedeutung sind, so für das Einwandern von Zellen aus dem Blut in das Gewebe, wie er erstmals zeigen konnte. Von ihnen entwickelte monoklonale Antikörper gegen bestimmte Integrine erwiesen sich als wirksam gegen chronische Entzündungen. So bei Multipler Sklerose und bei entzündlichen Darmerkrankungen. Heute gilt sein Interesse der Frage, wie Integrine und andere Adhäsionsmoleküle für die Bindung aktiviert werden, und wie auf dieses Weise eine „Synapse“ zwischen zwei Zellen entsteht.

Francisco Sanchez-Madrid ist ein spanischer Immunologe. Er promovierte 1980 an der Universidad Autónoma de Madrid. Danach arbeitete er für einige Jahre an der Abteilung für Pathologie der Harvard Medical School in Boston, Massachusetts, USA. Gemeinsam mit Timothy Springer identifizierte er Integrine, die die Adhäsion, Polarität und Aktivierung von Leukozyten steuern und trug so entscheidend zu der Entwicklung von Therapien für Multiple Sklerose und Morbus Crohn bei. Seit 1990 ist er Professor für Immunologie an der Universidad Autónoma de Madrid. Seine weiteren Forschungsarbeiten haben entscheidend zum Verständnis der Funktion der immunologischen Synapsen beigetragen, also der Strukturen, mit denen Immunzellen untereinander oder mit anderen Zellen kommunizieren.

Robert-Koch-Medaille in Gold

Patrice Courvalin wird mit der Robert-Koch-Medaille in Gold ausgezeichnet. Er ist emeritierter Leiter der Abteilung für antibakterielle Wirkstoffe und Professor am Institut Pasteur in Paris. Sein Lebenswerk ist ein molekulares Verständnis einer Vielzahl von Resistenzen gegen Antibiotika bei Bakterien. Er konnte zeigen, dass und wie Bakterien untereinander Resistenzgene austauschen können, und wie sich so Resistenzen sehr schnell verbreiten, dass Bakterien Resistenzgene sogar von Antibiotikaproduzenten übernehmen können, die sich dadurch eigentlich selber schützen, und dass sie Resistenzgene selber auch an andere Organismen weitergeben können. Diese Erkenntnisse waren und sind von großer praktischer Bedeutung für die Entwicklung und den Einsatz von Antibiotika in der Praxis. Die Laudatio wird die Nobelpreisträgerin Professor Emmanuelle Charpentier halten.

Diese Arbeiten sind von grundlegender Bedeutung für das Verständnis des Immunsystems und seiner Reaktionen. Timothy Springer und Francisco Sanchez-Madrid werden gemeinsam mit dem mit 120.000 Euro dotieren Robert-Koch-Preis 2023 ausgezeichnet. Die Laudatio wird der Nobelpreisträger Professor Jules Hoffmann halten.