Rolle der Sinus-Endothelzellen der Leber bei der Entstehung der Atherosklerose aufgedeckt

Grafik: © UMM

Noch immer sind kardiovaskuläre Erkrankungen in den meisten entwickelten Nationen die häufigste Todesursache. Für eine Vielzahl kardiovaskulärer Folgeerkrankungen ist die Atherosklerose ursächlich verantwortlich. Forschende der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) haben nun in den Scavenger-Rezeptoren Stabilin-1 und Stabilin-2 einen neuen Ansatzpunkt für die Therapie entdeckt.

Das Team um Prof. Cyrill Géraud (Leitender Oberarzt und Leiter der Sektion Klinische und Molekulare Dermatologie) und Prof. Sergij Goerdt (Direktor der Klinik für Dermatologie) untersuchte die Rolle der die Mikrogefäße der Leber auskleidenden Sinus-Endothelzellen bei der Entstehung von Atherosklerose im präklinischen Modell – an verschiedenen Mausmodellen für die Atherosklerose-Entstehung. Dabei entdeckten die Forscher, dass Stabilin-1 und Stabilin-2, zwei Rezeptoren, die sich vor allem auf Lebersinusoidendothelzellen finden, die Entwicklung von Atherosklerose beeinflussen.

Wird Stabilin-1 oder Stabilin-2 gehemmt oder ausgeschaltet, so vermindert sich die Atherosklerose-Entstehung signifikant. Dies zeigten die Forscher in zwei unterschiedlichen Ansätzen: Zum einen, indem sie die Rezeptoren gezielt mit monoklonalen Antikörpern gegen Stabilin-1 oder Stabilin-2 hemmten, zum anderen, indem sie durch Kreuzung Nachkommen von zu Atherosklerose neigenden ApoE-defizienten Mäusen erzielten, in denen Stabilin-1 oder Stabilin-2 mittels genetischer Ablation stillgelegt ist.

Den Mechanismus, wie Stabilin-1 und Stabilin-2 die Entwicklung von Atherosklerose befördern, erforschten die Wissenschaftler, indem sie das Plasmaproteom dieser verschiedenen Mauslinien gründlichen Analysen unterzogen. Über den Vergleich der Proteinausstattungen im Plasma von Wildtypmäusen und ApoE-defizienten Mäusen mit ihren Pendants ohne Stabilin konnten sie potenzielle Kandidaten ausmachen, die an dem Mechanismus beteiligt sind; einschließlich der Identifizierung neuer direkter Liganden von Stabilin, von denen bekannt ist, dass sie die Atherosklerose modulieren.

„Der starke Einfluss von Lebersinusoidendothelzellen über ihre Scavenger-Rezeptoren auf entfernte Organe ist bisher kaum beschrieben und ist ein recht neuartiges Konzept“, berichtet Dr. Thomas Leibing aus der Gérauds Arbeitsgruppe und einer der beiden Erstautoren der Arbeit. „Nun konnten wir zeigen, dass eine Hemmung von Stabilin-1 und Stabilin-2 über Immunzellmodulation die Atheroskleroseentstehung hemmt.“ Mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierung wiesen die Wissenschaftler nach, dass der Transkriptionsfaktor Egr1 durch Plasma von Mäusen ohne Stabilin unterdrückt wird. In vivo fanden sie eine verminderte Expression von Egr1 in zirkulierenden Monozyten.

„Die Hemmung von Stabilin bewirkt eine entzündungshemmende Veränderung des Plasmaproteoms. Das veränderte Plasmaproteom unterdrückt sowohl patrouillierende als auch entzündliche Monozyten. Stabilin stellt damit einen Schalter dar, der systemisch die Entwicklung von Atherosklerose kontrolliert“, erklärt Géraud. „Eine zielgerichtete Therapie gegen Stabilin-1 oder Stabilin-2 könnte daher ein erfolgversprechender neuer Ansatz für die Behandlung der Atherosklerose sein“, lautet Goerdts Fazit.

Bildlegende: Graphische Darstellung des Mechanismus, wie eine Hemmung der Funktion von Stabilin-1 und -2 in den Sinusendothelzellen der Leber über die Modulation des Plasmaproteoms einer Atherosklerose-Bildung durch Egr1-Unterdrückung in Monozyten vorbeugen kann. (Grafik: © UMM)