ROP: Genetische Varianten können das Risiko beeinflussen

Die Erkenntnisse dieser Arbeit könnten frühzeitige Gentests ermöglichen, um besonders gefährdete Kinder mit erhöhtem ROP-Risiko zu identifizieren. Symbolbild:©July-stock.adobe.com

Eine neue Studie aus den USA zeigt: Geringe genetische Unterschiede in zwei bislang aus der Lungenforschung bekannten Proteinen könnten auch die Augenentwicklung von Frühgeborenen beeinflussen – und ihr Risiko für eine Frühgeborenenretinopathie (ROP) erhöhen.

ROP ist eine schwere Augenerkrankung, die bei Frühgeborenen auftreten kann. Weil sich ihre Netzhaut noch entwickelt, können Blutgefäße fehlwachsen – mit Folgen von Sehstörungen bis hin zur Erblindung. ROP gilt als häufigste Ursache erworbener Blindheit im Kindesalter und kann trotz Behandlung lebenslange Einschränkungen nach sich ziehen.

Surfactant Protein A und D beeinflussen das ROP-Risiko

Forscher der University of Oklahoma (OU), Norman, USA, haben untersucht, ob genetische Unterschiede in den Proteinen – Surfactant Protein A und Surfactant Protein D – das Risiko für ROP bei Frühgeborenen beeinflussen. Die Proteine sind für ihre Präsenz in der Lunge bekannt. Je nach genetischer Veranlagung schützen diese die Lunge von Frühgeborenen vor Infektionen und Entzündungen oder prädisponieren das Organ für Erkrankungen.

Das Team stellte die Hypothese auf, dass die genetischen Varianten –Einzelnukleotid-Polymorphismen oder SNPs – im Auge ähnlich wirken könnten. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen veröffentlichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Pediatric Research“.

Faizah Bhatti ist Professorin für Pädiatrie an der University of Oklahoma College of Medicine.Foto:©University of Oklahoma

„Bei der Untersuchung der DNA menschlicher Babys fanden wir vier genetische Varianten, die spezifisch für Augenerkrankungen sind, zwei, die vor ROP schützen, und zwei, die das Risiko erhöhen. Doch was diese Studie einzigartig macht, ist dass sie das Gegenteil von dem zeigen, was in der Lunge geschieht“, erklärte die Hauptautorin, Neonatologin Dr. Faizah Bhatti, Professorin für Pädiatrie am OU College of Medicine.

Frühzeitige Gentests zur Identifikation des ROP-Risikos

Die Forscher berücksichtigten zudem weitere Einflussfaktoren auf Lungenerkrankungen. Darunter waren unter anderem das Gestationsalter und die teils notwendige hohe Sauerstoffzufuhr bei Frühgeborenen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass frühzeitige Gentests künftig helfen könnten, besonders gefährdete Kinder mit erhöhtem ROP-Risiko zu identifizieren.

Bhatti und ihr Team arbeiten nun daran, besser zu verstehen, wie sich diese genetischen Unterschiede auf die Struktur der Proteine auswirken. Untersucht wird dabei auch, wie diese Veränderungen die Wechselwirkungen mit den sich entwickelnden Blutgefäßen in der Netzhaut beeinflussen.

„Als Neonatologen haben wir die Versorgung von Frühgeborenen erheblich verbessert“, betonte Bhatti. „Wir verwenden viel weniger Sauerstoff als früher und versuchen, die Anzahl der Infektionen zu minimieren. Und obwohl sich dies positiv auf die Ergebnisse für die Babys ausgewirkt hat, nimmt ROP weiter zu. Das ist auf die genetische Veranlagung der Babys zurückzuführen. Wir müssen besser darin werden, Babys zu identifizieren, die das größte Risiko für ROP haben. Denn es gibt keine Einheitslösung für alle.“

Besseres Verständnis für die Entwicklung der Blutgefäße bei Frühgeborenen

Bhatti entdeckte als erste Forscherin mithilfe von Tiermodellen für ROP das Vorhandensein von Surfactant Protein A im Auge. Diese Studie ist vermutlich die erste, die den Zusammenhang zwischen den Surfactant Proteinen A und D und Erkrankungen der menschlichen Netzhaut nachweist.

Die Studie war auf Babys in einer einzigen Neugeborenen-Intensivstation beschränkt und es wurde nur eine Untergruppe bekannter Varianten analysiert. Dennoch sind die Wissenschaftler überzeugt, dass die Ergebnisse nicht nur für ROP von entscheidender Bedeutung sind. Sie sind sich sicher, dass die Erkenntnisse auch dazu beitragen, das Verständnis, wie die Entwicklung der Blutgefäße durch eine Frühgeburt gestört wird, zu verbessern.

Bhattis Labor untersucht übergeordnet, wie Entzündungen, Infektionen und Sauerstoffstress das normale wie auch das krankhafte Wachstum von Blutgefäßen beeinflussen.

„Letztendlich hoffen wir, dieses Wissen auf Blutgefäße anzuwenden, die sich in anderen Teilen des Frühgeborenen abnormal entwickeln“, so Bhatti. „So viele der Komplikationen, von denen Frühgeborene betroffen sind, treten auf, weil ein Großteil der Entwicklung, die eigentlich im Mutterleib stattfinden sollte, verloren gegangen ist. Darunter ist auch das normale Wachstum der Blutgefäße. Viele der Maßnahmen, die notwendig sind, um diese Babys am Leben zu erhalten, können zusätzliche Belastungen mit sich bringen und das Risiko von Komplikationen wie ROP für ein ohnehin schon empfindliches System erhöhen. Die Erforschung von Augenerkrankungen ist sehr wichtig, aber diese Studie wird uns helfen, die Entwicklung der Blutgefäße bei Frühgeborenen insgesamt besser zu verstehen.“

(sas/BIERMANN)