Rückkehr der See-Elefanten30. September 2024 Die Nördlichen See-Elefanten haben sich über Jahrzehnte von extremer Bejagung erholt, tragen aber genetische Spuren davon. Foto: © Universität Bielefeld/Martin Stoffel Eine Studie hat die genetischen Auswirkungen der Jagd auf die Nördlichen See-Elefanten nachgewiesen. Die Studie zeigt, dass diese Robbenart nur knapp dem Aussterben entgangen ist, was nachhaltige genetische Auswirkungen auf die heutige Population hat. Fünfzehn deutsche, britische und US-amerikanische Wissenschaftler von sieben Universitäten und vier Forschungseinrichtungen arbeiteten für diese Studie unter der Leitung der Universität Bielefeld zusammen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts standen die Nördlichen See-Elefanten kurz davor, durch die Jagd ausgerottet zu werden. „Genetische Analysen deuten darauf hin, dass die Population zu dieser Zeit wahrscheinlich auf weniger als 25 Tiere reduziert war“, erklärt Professor Dr. Joseph Hoffman, Hauptautor der Studie und Leiter der Arbeitsgruppe Evolutionäre Populationsgenetik an der Universität Bielefeld. Ein solch drastischer Rückgang der Population kann die genetische Vielfalt einer Art auslöschen, was das Risiko der Inzucht erhöht und ihr Überleben bedroht. Anpassungsfähigkeit in Gefahr Die Population der Nördlichen See-Elefanten hat sich inzwischen wieder auf etwa 225.000 Individuen erholt. Die in der Zeitschrift „Nature Ecology and Evolution“ veröffentlichte Studie untersucht, wie sich das Beinahe-Aussterben auf die genetische Vielfalt und die Gesundheit der Art auswirkte. Für ihre Analysen kombinierten die Forschenden genetische Daten, Gesundheitsdaten, Modellierungen der Populationsgrößen und genetische Simulationen. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass der starke Rückgang der Population zum Verlust vieler nützlicher und schädlicher Gene aus dem Genpool des Nördlichen See-Elefanten geführt hat. Dieses Muster wurde bei den eng verwandten Südlichen See-Elefanten nicht beobachtet, die keinen so drastischen Rückgang durchmachten. Überraschende Ergebnisse zur Inzucht „Die stark reduzierte genetische Vielfalt, einschließlich des Verlusts nützlicher Genkopien, könnte die Fähigkeit der Nördlichen See-Elefanten beeinträchtigen, mit künftigen Umweltveränderungen zurechtzukommen – einschließlich derjenigen, die durch den anthropogenen Klimawandel, den Wandel des Lebensraums der Art oder sogar durch natürliche Bedrohungen wie Krankheitsausbrüche verursacht werden“, warnt der Erstautor der Studie, Professor Dr. Kanchon K. Dasmahapatra von der University of York, Großbritannien. Prof. Dr. Joseph Hofmann von der Universität Bielefeld leitete die internationale Studie zur genetischen Geschichte der Nördlichen See-Elefanten. Foto: © Universität Bielefeld /Sarah Jonek Alle Individuen einer Art tragen einige schädliche Mutationen in sich, auch wenn ihre Auswirkungen in der Regel verborgen bleiben. Bei Inzuchttieren kann es jedoch zu Gesundheitsproblemen kommen, wenn diese Mutationen sichtbar werden. „Wir untersuchten mehrere wichtige Gesundheitsmerkmale dieser Robben, darunter Körpergewicht, Speckdicke und Krankheitsanfälligkeit. Zu unserer Überraschung fanden wir keine Anzeichen für Gesundheitsprobleme, die auf Inzucht zurückzuführen sind“, sagt Joseph Hoffman. „Wir vermuten, dass der starke Rückgang der Population viele schädliche Mutationen beseitigt haben könnte.“ Bedeutung für den Artenschutz „Unsere Studie zeigt, wie die einzigartige Populationsgeschichte einer Art ihre genetische Vielfalt prägt“, sagt Dasmahapatra. Die Ergebnisse bieten wichtige Erkenntnisse für den Artenschutz und das Management von Ökosystemen. Hoffman ergänzt: „Unsere Forschung unterstreicht, wie wichtig es ist, die Geschichte einer Spezies zu verstehen, wenn man Artenschutzstrategien plant. Jede Art reagiert anders auf Bedrohungen, so dass individuelle Ansätze unerlässlich sind.“ Die Studie wurde in dem Fachmagazin „Nature Ecology & Evolution“ veröffentlicht. Die Online-Zeitschrift deckt alle Aspekte der ökologischen und evolutionären Forschung ab. Nach Angaben des Datendienstleisters Clarivate hat die Zeitschrift einen Impact Factor von 13,9 (2023). Für die Studie kooperierten Wissenschaftler*innen der Universitäten Bielefeld, Düsseldorf, Cambridge (Großbritannien), California Santa Cruz und Davis (USA), Hampton (USA) und York (Großbritannien) sowie des Zentrums für Biotechnologie der Universität Bielefeld, des British Antarctic Survey (Großbritannien), des Northwest Fisheries Science Centre (Seattle, USA) und des Alan Turing Institute (Großbritannien).
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