S3-Leitlinie Harnblasenkrebs umfassend aktualisiert

Stadien des Harnblasenkarzinoms. Grafik: bilderzwerg – stock.adobe.com

Das Leitlinienprogramm Onkologie hat die S3-Leitlinie zum Harnblasenkarzinom umfassend überarbeitet.

Die Neuerungen betreffen alle Bereiche von der Diagnostik über die Therapie bis hin zu Rehabilitation, Lebensqualität, Palliativmedizin und Nachsorge. Die S3-Leitlinie entstand unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) und der Interdisziplinären Arbeitsgruppe BlasenCarcinom (IABC) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) sowie unter Mitwirkung von 31 weiteren Fachgesellschaften und Organisationen. Finanziert wurde die Leitlinie von der Deutschen Krebshilfe im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie.

Laut Robert Koch-Institut erkrankten im Jahr 2020 etwa 17.100 Personen an einem invasiven Harnblasenkarzinom, darunter 12.500 Männer. Bei der Krebsentität handelt es sich meistens um Urothelkarzinome, die in der Blase und den ableitenden Harnwegen vorkommen können. Hinzu kamen noch rund 13.680 Erkrankungsfälle mit nichtinvasiven papillären Karzinomen und In-situ-Tumoren der Blase. Aktives und passives Rauchen sind die wichtigsten vermeidbaren Risikofaktoren.

Ziel der S3-Leitlinie ist es, evidenzbasierte Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen und die Therapie von Patienten mit Harnblasenkrebs zu verbessern. Ein Team von vier Experten hat die Überarbeitung der Leitlinie koordiniert: Prof. Jürgen Gschwend und Prof. Margitta Retz, beide vom Universitätsklinikum rechts der Isar (Technische Universität München), Prof. Günter Niegisch vom Universitätsklinikum Düsseldorf und PD Dr. Philipp Maisch vom Universitätsklinikum Ulm.

Neuerungen bei perioperativen Systemtherapien

Perioperative Systemtherapien – also der Einsatz von Medikamenten oder anderen Therapien vor und nach der Operation – können das Überleben von Patienten mit lokalisiertem, muskelinvasivem Harnblasenkarzinom verbessern. „In der dritten Version der S3-Leitlinie haben wir daher mehrere Neuerungen zu diesem Thema aufgenommen“, sagt Niegisch. „Diese betreffen Chemotherapien vor oder nach Operationen wie auch adjuvante Immuntherapien bei geeigneten Patient‘innen.“ Niegisch betont, dass die Entscheidung für eine perioperative Systemtherapie wesentlich von individuellen Faktoren der Krebsbetroffenen abhängig ist, also etwa vom Allgemeinzustand und Komorbiditäten sowie von Vortherapien und vom Verlauf der Tumorerkrankung. Für die Entscheidungsfindung ist die Einbeziehung aller beteiligten Disziplinen essenziell. Deshalb, so Niegisch: „Bei Patientinnen und Patienten mit muskelinvasivem Harnblasenkarzinom soll das Therapiekonzept multidisziplinär in einer Tumorkonferenz vor Therapiebeginn festgelegt werden.“

Qualitätsgesicherte Rehabilitation

Aktualisiert wurden die Leitlinienempfehlungen auch zur qualitätsgesicherten Rehabilitation nach operativer und systemischer Therapie. „Die entsprechenden Maßnahmen sollten in einer Klinik mit qualitätsgesicherter Zulassung für uroonkologische Rehabilitation erfolgen“, so Retz. Sie führt weiter aus: „Die Empfehlungen zur Behandlung funktioneller Störungen nach radikaler Zystektomie wurden geschlechtsspezifisch aktualisiert. Dies betrifft beispielsweise bei Männern Therapieempfehlungen bei erektiler Dysfunktion und Beratungen zu Sexualstörungen bei Frauen.“ Da Blasenkrebs mit einer großen Einschränkung der Lebensqualität einhergehen kann, sollte Patienten zudem frühestmöglich ein psychoonkologisches Screening angeboten werden; dieses sollte in angemessenen Abständen wiederholt werden.