SABCS 2020: Symptome werden bei vielen Patientinnen mit Brustbestrahlung zu selten erkannt

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Bei Brustkrebs-Patientinnen, die mit einer Strahlentherapie behandelt wurden, werden Symptome in Berichten über Schmerzen, Juckreiz, Ödeme und Fatigue in vielen Fällen zu selten erkannt, wobei jüngere und schwarze Patientinnen eine signifikant erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Untererkennung der Symptome aufweisen. Das belegen Daten, die Anfang Dezember auf dem San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) 2020 präsentiert wurden.

„Das Erkennen von Nebenwirkungen ist notwendig, damit Ärzte eine supportive Therapie anbieten können, um die Patientinnen beim Management ihrer Symptome zu unterstützen“, sagte Dr. Reshma Jagsi, Newman Family Professor und stellvertretende Vorsitzende des Department of Radiation Oncology und Direktor des Center for Bioethics and Social Sciences in Medicine an der University of Michigan.

“Ärzte schätzen die Schwere der Symptome der Patientinnen manchmal falsch ein, was zu einer verminderten Lebensqualität führen kann”, fuhr Jagsi fort. “In unserer Studie haben wir festgestellt, dass Ärzte den Schweregrad eines Symptoms mit größerer Wahrscheinlichkeit falsch einschätzen, wenn die Patientinnen bestimmte Merkmale aufweisen. Dazu zählen jüngere und schwarze Patientinnen.”

Die Forscher verglichen Evaluationen der Patient-Reported Outcomes (PRO) mit den Beurteilungen des Arztes nach den Common Terminology Criteria for Adverse Events (CTCAE) bei 9868 Brustkrebspatientinnen, die nach einer Lumpektomie in 29 Praxen, die Teil des Michigan Radiation Oncology Quality Consortium (MROQC) sind, mit einer Strahlentherapie behandelt wurden.

Die Bewertungen der Patientinnen und der Ärzte von vier Symptomen wurden unabhängig voneinander erhoben und verglichen: Brustschmerzen, Juckreiz (juckende Haut), Ödeme (Schwellungen) und Fatigue. Die CTCAE-Grade reichen von 0 bis 5, wobei sich Grad 0 auf ein fehlendes Symptom und Grad 5 auf den Tod im Zusammenhang mit dem Symptom bezieht.

Bei den Patientinnen wurde es als “erhebliche Symptome” angesehen, wenn sie über mäßige oder starke Schmerzen berichteten, wenn sie häufig oder ständig von Juckreiz oder Schwellung betroffen waren oder wenn sie die meiste Zeit oder immer unter erheblicher Fatigue litten.

Die Studienautoren gingen davon aus, dass Ärzte Schmerzen zu wenig erkennen, wenn die Patientinnen mäßige Schmerzen angaben, die von den Ärzten als Grad 0 dokumentiert wurden, oder wenn die Patientinnen starke Schmerzen angaben, die von den Ärzten als kleiner oder gleich Grad 1 aufgezeichnet wurden.

In ähnlicher Weise wurde angenommen, dass Ärzte Juckreiz oder Ödeme nicht richtig erkennen, wenn sie diese Symptome als Grad 0 dokumentierten und die Patientinnen berichteten, dass sie häufig oder ständig unter Juckreiz (Pruritus) oder Schwellungen (Ödem) litten.

Schließlich wurde angenommen, dass Ärzte Fatigue nicht richtig erkennen, wenn sie dieses Symptom als Grad 0 verzeichneten, und die Patientinnen angaben, die meiste Zeit oder immer eine signifikante Fatigue zu haben.

Eine zu seltene Erkennung von Schmerzen, Juckreiz, Ödemen und Fatigue wurde in 30,9% respektive 36,7%, 51,4 % und 18,8 % der Berichte zu Patientinnen mit erheblichen Symptomen gefunden.

Unter den 5510 Patientinnen, die während der Strahlentherapie mindestens ein wesentliches Symptom angaben, war bei 53,2% mindestens eins der vier Symptome nicht richtig erkannt worden. Um Prädiktoren für eine zu seltene Erkennung von Symptomen zu evaluieren, führten die Forscher multivariable logistische Regressionsanalysen durch.

Sie stellten fest, dass verschiedene Faktoren mit einer zu seltenen Erkennung der Symptome verbunden waren, darunter Alter, ethnische Zugehörigkeit und Behandlungsregime. Im Vergleich zu Patientinnen im Alter von 60-69 Jahren hatten Frauen unter 50 Jahren und jene im Alter von 50-59 Jahren eine um 35 % bzw. 21 % erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass die Symptome zu selten erkannt wurden.

Im Vergleich zu weißen Patientinnen hatten schwarze eine um 92% erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür, dass ihre Symptome nicht erkannt wurden. Patientinnen anderer ethnischer Zugehörigkeiten als Schwarz oder Asiatisch hatten eine um 82 % erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Untererkennung von Symptomen.

Bei anderen Faktoren, die mit einer Untererkennung der Symptome verbunden waren, sind Patientinnen zu nennen, die nicht mit einem supraklavikulären Feld behandelt wurden (Bestrahlung, die auf ein Lymphabflussgebiet gerichtet ist), und Patientinnen, die mit konventioneller Fraktionierung behandelt wurden (verglichen mit Hypofraktionierung).

“Es ist möglich, dass es unter Medizinern falsche Vorstellungen über die Schmerztoleranz von Patientinnen auf der Basis von Alter und ethnischer Zugehörigkeit gibt”, bemerkte Jagsi. “Unsere Studie identifiziert einige Muster, die in zukünftigen Forschungsarbeiten bewertet werden müssen, sowie Möglichkeiten zur Intervention, um die Qualität und Gleichheit der Versorgung mit Krebstherapien zu verbessern”, fügte sie hinzu.

“Die Verbesserung der Symptomerkennung ist ein potenzieller Weg, um Unterschiede bei den Erfahrungen und Ergebnissen der Krebsbehandlung zu verringern, zumindest im Rahmen der Brustbestrahlung “, sagte Jagsi.

Zu den Einschränkungen der Studie gehört ihr beobachtender Charakter.

Referenz: Abstract GS3-07, zu finden auf S. 157 unter https://www.sabcs.org/Portals/SABCS2016/2020%20SABCS/ALL%20ABSTRACTS%202-9.pdf