Studie zeigt: Jeder vierte Typ-2-Diabetiker leidet an „sarkopenischem Diabetes“

Laut einer Studie leidet jeder vierte Typ-2-Diabetiker zusätzlich an Sarkopenie. (Bild: © Pepermpron/stock.adobe.com)

Sarkopenischer Diabetes – der Verlust von Muskelmasse bei Menschen mit Diabetes – wird bislang kaum erkannt, hat aber weitreichende Folgen. Eine neue Fachpublikation zeigt, wie häufig und schwerwiegend die Kombination aus Diabetes und Muskelschwund ist und warum moderne Abnehmmedikamente das Problem zusätzlich verschärfen.

In einem neuen Artikel machen Ernährungs- und Diabetesexperten auf eine wenig bekannte, aber schwerwiegende Komplikation von Diabetes aufmerksam: den fortschreitenden Verlust von Muskelmasse und -kraft, bekannt als sarkopenischer Diabetes. Die Autoren warnen zudem davor, dass die neue Klasse von Medikamenten zur Gewichtsreduktion, wie beispielsweise Semaglutid, diese Erkrankung verschlimmert. Grund dafür ist, dass der Gewichtsverlust durch diese Medikamente teilweise auf einem Abbau von Muskelmasse beruht. Der Artikel erschien in der Fachzeitschrift „Clinical Nutrition“.

Das neue Positionspapier, das von der Europäischen Gesellschaft für Klinische Ernährung und Stoffwechsel (ESPEN) und der Diabetes Nutrition Study Group (DNSG) unterstützt wird, weist darauf hin, dass dieses Problem weit verbreitet, häufig unterdiagnostiziert und mit deutlich schlechteren Gesundheitsergebnissen für Menschen mit Diabetes verbunden ist.

„Sarkopenischer Diabetes tritt auf, wenn Diabetes mit einem signifikanten Muskelverlust einhergeht, der weit über den normalen Alterungsprozess hinausgeht“, erklärt Dr. Hana Kahleova, Koautorin der Studie und Leiterin der klinischen Forschung beim Physicians Committee for Responsible Medicine.

Diabetes verschlechtert die Diagnose der Sarkopenie

Dem Artikel zufolge legen Studien nahe, dass etwa jeder vierte Patient mit Typ-2-Diabetes gleichzeitig eine Sarkopenie aufweist. Im Vergleich zu Menschen ohne Diabetes haben Betroffene ein deutlich höheres Risiko für Gebrechlichkeit, körperliche Einschränkungen, längere Krankenhausaufenthalte und eine erhöhte Mortalität. Zudem zeigt sich ein ungünstigerer Verlauf bei Begleiterkrankungen wie Herzinsuffizienz oder chronischer Nierenerkrankung.

Die Studie erklärt, dass der Muskelabbau bei Diabetes durch mehrere Faktoren begünstigt ist, darunter Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung, chronische Entzündungen, Insulinresistenz, hoher Blutzucker und diabetesbedingte Komplikationen wie Nervenschäden. Sie hebt zudem die Besorgnis hervor, dass Gewichtsverlust durch moderne Diabetesmedikamente wie Semaglutid und Tirzepatid teilweise auf Muskelabbau zurückzuführen ist. Daher ist es umso wichtiger, die Muskelgesundheit während der Behandlung zu überwachen und zu schützen.

Wie die richtige Vorsorge schützen kann

Den Autoren zufolge ist sarkopenischer Diabetes nicht unvermeidlich und kann behandelt werden. Sie empfehlen regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen für Menschen mit Diabetes, insbesondere für ältere Erwachsene und Menschen mit Gewichtsverlust. Einfache Maßnahmen wie Muskelkrafttests und Körperzusammensetzungsanalysen können helfen, Risikopatienten zu identifizieren. Die Autoren betonen zudem die Bedeutung einer ausreichenden Proteinzufuhr, regelmäßigen Kraft- oder Widerstandstrainings und reduzierter sitzender Tätigkeiten als praktische und evidenzbasierte Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Muskelgesundheit.

Die Studie appelliert an Ärzte, Gesundheitssysteme und Forscher, sarkopenischen Diabetes als schwerwiegende Komplikation anzuerkennen. Zudem fordert sie, die Muskelgesundheit neben der Blutzucker- und kardiovaskulären Risikokontrolle fest in die Routineversorgung zu integrieren.

„Sarkopenischer Diabetes ist eine unterschätzte Komplikation, die die Prognose für Menschen mit Diabetes deutlich verschlechtert“, resümiert Kahleova. „Der Schutz der Muskulatur durch gesunde Ernährung, Krafttraining und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sollte zur Standardbehandlung von Diabetes gehören.“

(lj/BIERMANN)