Schlafapnoe bei Frauen nicht ausreichend therapiert?

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Auch wenn Frauen zunehmend häufiger mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) diagnostiziert werden, bekommen immer noch drei- bis fünfmal mehr Männer diese Diagnose. Forscher des Brigham and Women’s Hospital and Yale School of Medicine haben dieses Ungleichgewicht und mögliche Ursachen untersucht.

Demnach haben Frauen häufiger OSA-Symptome während der REM-Schlafphase, was mit negativen Nebeneffekten assoziiert ist. Den Autoren zufolge könnten die Studienergebnisse Auswirkungen auf Screening, Diagnose und Therapie der Erkrankung haben.

„Im Laufe der Jahre war ich war ich mehr und mehr davon überzeugt, dass obstruktive Schlafapnoe ein Beispiel für eine chronische Erkrankung sein könnte, die sich bei Männern und Frauen unterschiedliche manifestiert – angefangen dabei, wie sich die Erkrankung zeigt, über die zugrunde liegende Physiologie bis hin zu den Implikationen für die Therapie“, betont Senior-Autorin  Susan Redline, MD, MPH, leitende Ärztin der Abteilung für Schlaf und circadiane Störungen der Fachbereiche Medizin und Neurologie am Brigham. Mit ihrer Studie hätten sie begonnen zu verstehen, wie OSA sich zwischen Männern und Frauen unterscheide und wie herkömmliche Scoring-Methoden die Erkrankung bei Frauen möglicherweise unterschätzen, so Redline weiter.

Im Rahmen ihrer Studie haben die Forscher Teilnehmer der Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis (MESA) analysiert: Zwischen 2010 und 2013 werteten sie die Daten von 2057 MESA-Studienteilnehmern aus, die eine umfassande Schlafuntersuchung hatten. Im Durchschnitt waren die Studienteilnehmer 68 Jahre alt. Im Rahmen der Schlafstudie wurde neben der Atemaktivität eine Reihe weiterer Parameter erfasst, inklusive Hirn-Aktivität und Bewegungsmustern.

Die Forscher verglichen eine Reihe von Übersichtsfaktoren für die Schwere der OSA-Erkrankung, basierend auf dem Apnoe-Hypopnoe-Index (apnea-hypopnea-index, AHI). Ein AHI von mehr als 15 wird üblicherweise als Hinweis auf eine mittelschwere bis schwere Schlafapnoe gewertet und ist mit einem erhöhten Bluthochdruck- und Mortalitäts-Risiko assoziiert. Die Studienautoren haben den AHI mit unterschiedlichen Methoden kalkuliert, von denen einige Veränderungen im Atemmuster während des REM-Schlaf beziehungsweise Tiefschlaf besser abbildeten. Auch Messdaten der Schlafstudie, die auf OSA-Ursachen hindeuten, wurden ausgewertet, etwa die Kollapsibilität der Atemwege, Empfindlichkeit der Atemmuster in Abhängigkeit von Sauerstoff oder Veränderungen darin, wie schnell die Personen nachts aufwachten.

Die Studiendaten zeigen, dass während der Tiefschlafphasen doppelt so viele Männer wie Frauen einen AHI von mehr als 15 aufwiesen. Allerdings war die Prävalenz während der REM-Phasen bei Männern und Frauen gleich. Etwa 60 Prozent der teilnehmenden Männer und Frauen erfüllten dann die Kriterien einer mittelschweren OSA. Die Studienautoren weisen auf die wachsenden Beweise für einen Zusammenhang zwischen kardiovaskulärem Risiko und Atemaussetzern während des REM-Schlafs hin.

Die Studiendaten belegen außerdem, dass die physiologischen Mechanismen, die OSA beeinflussen, sich bei Männern und Frauen unterscheiden: Frauen hatten eine niedrigere Schleifenverstärkung, weniger Atemwegs-Kollapsibilität und eine niedrigere Erregungsschwelle im REM-Schlaf. Die Autoren sehen diese spezifischen Aspekte als mögliche neue Therapie-Ansätze.

„Wir erkennen mehr und mehr an, dass Schlafapnoe eine heterogene Erkrankung ist“, sagt Studienautorin Christine Won, MD, MSc, Direktorin des „Women’s Sleep Health program“ an der Yale School of Medicine. „Es ist wichtig zu verstehen, wie die Erkrankung sich bei Männern und Frauen auswirkt. Das Verständnis der geschlechtsspezifischen Mechanismen erlaubt eine gezielte Therapie und lässt bessere Ergebnisse erwarten“, so Won weiter.

Die Medicare-Diagnoserichtlinien legen zurzeit einen Sauerstoffentsättigungsgrad von vier Prozent kombiniert mit Atemaussetzern einer OSA-Diagnose zugrunde, erst dann werden die Behandlungskosten übernommen. Die Studienautoren haben diese Diagnose-Richtlinien mit anderen Kriterien verglichen, bei denen insbesondere die Werte für die Sauerstoffsättigung weniger strikt waren und außerdem kurzzeitiges Erwachen miteinbezogen – Ereignisse, die bei Schlafstudien im heimischen Umfeld nicht gemessen werden. Mit diesen Kriterien verdoppelten sich die OSA-Diagnosen bei Frauen. „Diese Ergebnisse legen nahe, dass Schlafapnoe bei Frauen unterdiagnostiziert ist, wenn wir die Medicare-Kriterien zugrunde legen“, sagte Redline.  (red/ja)