Schlafapnoe: Erhöhtes Risiko für einen schweren Corona-Verlauf12. August 2021 Foto: ©Paolese – stock.adobe.com Zielgerichtete Diagnostik und individualisierte Therapie können das Risiko für einen schweren Verlauf einer Corona-Infektion bei Schlafapnoe-Patienten senken. In schweren Fällen empfehlen Experten eine chirurgische Verlagerung der Kiefer als Alternative zur Standardtherapie. „Nächtliches Schnarchen ist meistens die Folge einer erworbenen oder angeborenen Verengung der oberen Atemwege, die in zunehmendem Alter bei fast jedem zweiten auftritt und an sich keine Krankheit darstellen muss. Bei einer zunehmenden Anzahl von Patienten wird diese Verengung aber so relevant, dass die Luft nicht in ausreichendem Maß durch die oberen Atemwege gelangen kann, es kommt zu einer Schlafapnoe. Für diese Schlafapnoe-Patienten ist es nachts sehr beschwerlich Luft zu holen – manche Betroffene haben in der Nacht ständige Atemaussetzer, so dass sie quasi permanent aufwachen und ein erholsamer Schlaf unmöglich wird“, betont Dr. Reinald Kühle, Experte der Deutschen Gesellschaft für Mund-Kiefer und Gesichtschirurgie (DGMKG) vom Universitätsklinikum Heidelberg. Die häufigen nächtlichen Atemaussetzer und die damit einhergehenden Absenkungen der Sauerstoffsättigung sowie kurze Stressreaktionen sind bisherigen Erkenntnissen zufolge Ursachen für Erkrankungen des Herz-Kreislauf Systems und damit für einen schwereren Verlauf einer Corona-Erkrankung bei Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe. „Auch die häufigen Begleiterkrankungen wie ein Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck und Übergewicht erhöhen die Wahrscheinlichkeit für eine schwere Erkrankungsform sowie möglicherweise auch das Erkrankungsrisiko selbst“, erläutert Kühle. Außerdem haben Schlafapnoe-Patienten ein erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko. Ihr Schlaf ist zudem so schlecht, dass sie tagsüber unter chronischer Übermüdung und Leistungsschwäche leiden. „Die Lebensqualität der Betroffenen ist also eingeschränkt und das Risiko für Folgeerkrankungen ist groß“, fasst Kühle zusammen. Experten empfehlen Betroffenen deshalb eine zielgerichtete Untersuchung und anschließend eine individualisierte Therapie wahrzunehmen. Wenn die Erkrankung in einer nicht so starken Form vorhanden ist, raten Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen und Schlafmediziner zunächst dazu, die Möglichkeiten einer klassischen, konservativen Stufentherapie in Betracht zu ziehen. Individuelle und erste sinnvolle Therapiebegleitmaßnahmen seien eine Gewichtsreduktion, der Verzicht auf Alkohol und Nikotin sowie die Vermeidung von Dauerstress. Auch der Einsatz einer Kunststoffschiene, die nachts den Unterkiefer samt Zungenkörper nach vorne verlagert und ein Zurückfallen der Zunge verhindert, sei in vielen Fällen empfehlenswert. „Bei einigen Patienten kann die Veränderung der Schlafposition schon helfen, um eine leichtere Form der Schlafapnoe wirksam zu behandeln, in ausgeprägten Fällen ist die nächtliche Beatmungstherapie mit einer CPAP Maske der Goldstandard“, so der DGMKG-Experte. Patienten, die an einer stärkeren Form der Schlafapnoe leiden, empfiehlt die DGMKG unter Umständen eine Kieferoperation. Wenn eine zurückfallende Zunge beispielsweise die Ursache für eine Schlafapnoe ist und die Erkrankung in einer schweren Form vorhanden ist, kann eine chirurgische Vorverlagerung von Oberkiefer und Unterkiefer und damit ein Aufspannen des Weichteilkomplexes der Zunge und der Rachenmuskulatur das Leiden wirkungsvoll stoppen. „Durch diese Operation lassen sich die hinteren Luftwege öffnen, wodurch sich – im Gegensatz zu anderen Maßnahmen wie dem Einsatz einer Atemmaske oder Schiene – ein dauerhafter Therapieerfolg erzielen lässt, so dass ergänzende Maßnahmen überflüssig werden“, betont Kühle. Auch eine Einengung der Nasenwege kann durch die operative Verlagerung des Oberkiefers behoben werden. Insbesondere bei Patienten, die ein fliehendes Gesichtsprofil haben oder die eine Beatmungsmaske nachts nicht vertragen, kann die Operation die ideale Therapieoption sein. Bei diesen Operationen wenden Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen in enger Zusammenarbeit mit Kieferorthopäden eine lang etablierte und hoch entwickelte Methoden an. Bereits die Planung erfolgt nach modernsten Standards: „Mit patientenspezifischer 3-D-Planung am Computer können wir im Vorfeld des Eingriffs individuelle OP-Schablonen sehr maßgeschneidert planen und diese bei der Operation dann so zielgerichtet einsetzen, dass wir bei dem Eingriff eine Verletzung des umliegenden Gewebes und der Zähne vermeiden können“, so Kühle. Mit der Simulation der Gesichtsveränderungen und den 3 gedruckten Schablonen sei es zudem möglich, das optische Operationsergebnis bereits im Vorfeld des Eingriffs sehr gut vorherzusagen. „Das erleichtert einigen die Entscheidung für den Eingriff und kann dem Patienten die Ungewissheit der Operationsauswirkung nehmen“, betont Kühle abschließend. Quellen:https://www.dgsm.de/fileadmin/dgsm/stellungnahmen/2020-12-17_DGSM_Covid-Stellungnahme.pdfMaas MB et al. Sleep Breath 2021 Jun;25(2):1155-1157.Strautz S et al. Sleep 2021.Miller MA, Capuccio FP. Sleep Med Rev 2021 Feb;55:101382. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/063-003l_S3_Insomnie-Erwachsene_2018-02-verlaengert.pdf
Mehr erfahren zu: "BVHNO: „Primärarztsystem wird teurer, nicht billiger“" BVHNO: „Primärarztsystem wird teurer, nicht billiger“ Anlässlich der konstituierenden Sitzung der „Finanzkommission Gesundheit (FKG)“ warnt der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V. (BVHNO) vor Kürzungen bei der ambulanten Versorgung und der Einführung eines Primärarztsystems.
Mehr erfahren zu: "Asthma: Das Inhalieren von Cannabis kann das Risiko erheblich erhöhen" Asthma: Das Inhalieren von Cannabis kann das Risiko erheblich erhöhen Eine kürzlich veröffentlichte Untersuchung hat ergeben, dass das tägliche Inhalieren von Marihuana-Rauch oder -Dampf mit einem um 44 Prozent erhöhten Asthmarisiko verbunden ist. Auch die Wahrscheinlichkeit für eine Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung […]
Mehr erfahren zu: "Praxen können teils noch nicht mit E-Akten starten" Praxen können teils noch nicht mit E-Akten starten Am 1. Oktober beginnt eine entscheidende Stufe der Digitalisierung im Gesundheitswesen: Praxen müssen Befunde dann in die elektronische Patientenakte laden. Doch bei manchen lässt die Technik auf sich warten.