Schlaganfallprävention: Die Halsschlagader im Fokus

Schlaganfallprävention: Durch Vorsorge und Behandlung der Halsschlagader lassen sich Schlaganfälle und Folgeerkrankungen reduzieren. (Bild: © OCTOLENS – stock.adobe.com)

Schlaganfallprävention beginnt an der Halsschlagader. Rund 248.000 Menschen in Deutschland wurden 2023 wegen eines Schlaganfalls stationär behandelt, mehr als 37.000 starben 2022. Ein erheblicher Anteil davon ließe sich durch bessere Prävention und rechtzeitige Behandlung von Verengungen der Halsschlagader vermeiden. Wie gezielte Vorsorge und schnelle Behandlung viele Schlaganfälle verhindern können, erklärt Prof. Farzin Adili, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. (DGG), auf der Online-Pressekonferenz am 16.10.2025.

Verengungen der Halsschlagader, sogenannte Karotisstenosen, entstehen durch Ablagerungen an den Gefäßwänden. Lösen sich daraus kleine Partikel oder Blutgerinnsel, können sie Hirngefäße verstopfen und einen Schlaganfall auslösen. Besonders gefährdet sind ältere Menschen sowie Personen mit Bluthochdruck, Diabetes, erhöhten Blutfettwerten, Bewegungsmangel oder Nikotinkonsum. „Prävention bedeutet, diese Risikofaktoren konsequent zu behandeln“, erklärt Adili. Die aktuelle europäische Leitlinie empfiehlt zur Schlaganfallprävention die sogenannte „beste medikamentöse Therapie“ – mit gezielter Senkung des LDL-Cholesterins, Blutdruck- und Blutzuckerkontrolle, Rauchstopp, regelmäßiger Bewegung und ausgewogener Ernährung. Diese Maßnahmen senken das Schlaganfallrisiko messbar und bilden die Grundlage jeder Behandlung, unabhängig davon, ob die Karotisstenose operiert werden muss oder nicht.

Zeit zählt bei Durchblutungsstörungen in Hirn und Halsschlagader

Treten Warnzeichen auf, ist laut DGG sofortiges Handeln entscheidend: Plötzliche Sehstörungen, Sprachprobleme, Taubheitsgefühle oder Lähmungen einer Körperseite sind Alarmsignale, die auf eine akute Durchblutungsstörung im Gehirn hinweisen. Betroffene sollten umgehend den Notruf 112 wählen und sich in ein Krankenhaus mit Schlaganfall-Einheit bringen lassen. Dort kann rasch festgestellt werden, ob eine relevante Verengung der Halsschlagader als Ursache für die Minderdurchblutung des Gehirns vorliegt. In diesen Fällen sollte die Operation – eine Karotisendarteriektomie, bei der die Ablagerung entfernt wird – möglichst innerhalb von 14 Tagen nach dem ersten Schlaganfall-Ereignis erfolgen. Studien zeigen, dass frühe Eingriffe das Risiko eines erneuten und schwereren Schlaganfalls deutlich reduzieren.

Nicht jede Verengung der Halsschlagader muss operiert werden

Bei beschwerdefreien, zufällig entdeckten Verengungen gilt dagegen: Nicht jede Stenose muss operiert werden. Entscheidend sind der Schweregrad, die Beschaffenheit der Plaques und das individuelle Risiko des Patienten. „Mit dem Alter werden Ablagerungen in der Halsschlagader häufiger, aber nicht jede Verengung ist gefährlich“, erläutert Adili. Moderne Studien belegen, dass eine optimale medikamentöse Behandlung bei vielen Betroffenen ebenso wirksam ist wie ein Eingriff. Operationen oder Stentimplantationen sollten deshalb nur nach sorgfältiger Abwägung im interdisziplinären Gefäßboard erfolgen.

Gezielte Früherkennung statt Massenscreening

Ein flächendeckendes Screening der Bevölkerung ist laut DGG weder sinnvoll noch empfohlen. Die US-Taskforce Preventive Services stufte es 2021 sogar als schädlich ein, weil die Risiken von Überdiagnosen und unnötigen Eingriffen überwiegen. Stattdessen sollten gezielte Ultraschalluntersuchungen erfolgen, wenn Risikofaktoren vorliegen oder Warnsymptome aufgetreten sind. So lässt sich verhindern, dass kritische Engstellen unentdeckt bleiben – ohne gesunde Menschen zu verunsichern.

DGG fordert mehr Schlaganfallprävention

Um das Schlaganfallrisiko in Deutschland nachhaltig zu senken, fordert die DGG klare Qualitätsstandards in der Versorgung. „Operationen an der Halsschlagader sollten ausschließlich in zertifizierten Zentren mit ausgewiesener Expertise und enger Zusammenarbeit zwischen Gefäßchirurgie und Neurologie durchgeführt werden“, betont der DGG-Präsident. Zudem müsse die Vorgabe umgesetzt werden, dass Eingriffe bei symptomatischen Stenosen innerhalb von 14 Tagen nach einem leichten Schlaganfall oder einer transitorischen ischämischen Attacke erfolgen. Ebenso wichtig sei, Programme zur Raucherentwöhnung, Blutfett- und Blutdruckkontrolle sowie Bewegungsförderung konsequent zu finanzieren. Schlaganfallprävention sei die wirksamste Form der Therapie, so Adili. „Ohne konsequente Behandlung der Risikofaktoren kann keine Operation langfristig erfolgreich sein. Die optimale medikamentöse Begleitung und Lebensstilkontrolle sind sowohl vor als auch nach einem Eingriff an der Halsschlagader essenziell, um einen Schlaganfall zu verhindern.“