Schnellere Anerkennung ausländischer Fachkräfte ‒ Aber nicht zulasten der Patienten

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Um den Fachkräftemangel zu lindern, sollen Ärzte, Apotheker und Hebammen aus dem Ausland schneller anerkannt werden – dafür soll der direkte Zugang zur Kenntnisprüfung sorgen. Ärztevertreter mahnen, dass die Versorgungsqualität nicht darunter leiden dürfe.

Das Bundesministerium für Gesundheit hat Mitte Juli einen Referentenentwurf zu einem Gesetz zur Beschleunigung der Anerkennungsverfahren ausländischer Berufsqualifikationen in Heilberufen vorgelegt. Grundsätzlich begrüßenswert – in diesem Urteil sind sich die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und die Bundesärztekammer (BÄK) mit Blick auf den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen einig.

So konstatierte BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt: „Unser Gesundheitssystem ist auf Fachkräfte aus dem Ausland dringend angewiesen. Allein im Jahr 2024 haben die 17 Landesärztekammern 5383 Ärztinnen und Ärzte als Mitglieder aufgenommen, die nicht über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügen.“ Man sei dankbar für jeden Kollegen aus dem Ausland.

Kenntnisprüfung an deutsche Staatsexamina anlehnen

Beide Organisationen sehen aber auch mögliche Probleme für die Versorgungsqualität: „Die angestrebten Beschleunigungsmaßnahmen dürfen nicht zu Lasten der Qualität der Krankenversorgung gehen“, betonte etwa Prof. Renate Deinzer, Vorsitzende der Kommission Aus-, Weiter- und Fortbildung der AWMF in einer Mitteilung.

Deinzer forderte mit Blick auf die Kenntnisprüfung für ausländische Fachkräfte, dass diese „sowohl schriftlich als auch klinisch-mündlich-praktisch erfolgen und den Aspekt der ärztlichen Gesprächsführung beinhalten“ müsse. „Diese Prüfungen sollten sich an die jeweiligen deutschen Staatsexamina anlehnen, mit denen das Studium abgeschlossen und die Approbation erreicht wird. Sie darf nicht hinter diese Standards zurückfallen“, forderte Deinzer.

Der Mittel Juli vorgelegte Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Beschleunigung der Anerkennungsverfahren ausländischer Berufsqualifikationen in Heilberufen“ sieht vor, die Gleichwertigkeitsprüfung nur noch wahlweise anzubieten – zugunsten der Kenntnisprüfung. Das soll die Verfahren beschleunigen und den bürokratischen Aufwand reduzieren.

Marburger Bund: „Unklar und widersprüchlich“

Der Marburger Bund wiederum sieht durch den Vorrang der Kenntnisprüfung vor der dokumentenbasierten Gleichwertigkeitsprüfung einen Wiederspruch zu einem wichtigen Grundgedanken des Anerkennungsgesetztes: Statt die berufliche Qualifikation der Antragsteller zu evaluieren und wertzuschätzen und nur dann eine Prüfung zu verlangen, wenn gleichwertige Kenntnisse nicht nachgewiesen werden können, soll die Kenntnisprüfung zur Regel werden. Dies konterkariere die Bemühungen „dringend benötigte Fachkräfte aus Drittstaaten“ zu gewinnen und langfristig zu binden, heißt es in einer Mitteilung der Ärztegewerkschaft.

Für den Marburger Bund bleibt der Gesetzentwurf an „entscheidenden Stellen unklar und widersprüchlich“. Der Verband appelliert an den Gesetzgeber, Rechtssicherheit herzustellen und praktikable, transparente und faire Anerkennungswege zu unterstützen.

Als „sinnvollste Lösung“ schlägt der Marburger Bund der Ausbau der Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe zur zentralen Anerkennungsbehörde vor ‒ mit ausreichender personeller Ausstattung, um alle Anträge auch fristgerecht zu bearbeiten. Eine solche Bündelung der Verfahren würde nicht nur die Qualität und Einheitlichkeit der Gleichwertigkeitsprüfungen sichern, sondern auch Verfahren vereinfachen, Bearbeitungszeiten verkürzen und die Digitalisierung erleichtern, so die Hoffnung des Marburger Bundes.

AWMF: Partielle Berufserlaubnis „hochproblematisch“

„Hochproblematisch“ für die Patientensicherheit ist nach Ansicht der AWMF die geplante partielle Berufserlaubnis. Wie Prof. Henning Schliephake, stellvertretender AWMF-Präsident ausführte, würden so Niederlassungen von Personen möglich, die nur in einem ärztlichen Teilbereich tätig werden dürfen und dies durch die (ausländische) Bezeichnung ihrer Qualifikation und Angabe des Tätigkeitsbereichs kenntlich machen. Für die Patienten sei es schwierig zu entscheiden, ob die im Ausland erworbenen Teilqualifikation zu ihrem Bedarf passe. Außerdem befürchtet die AWMF eine komplexe neue Bürokratie durch diese Regelungen.

Transparenz Ausdruck einer dringend erforderlichen Willkommenskultur

Wichtig ist AWMF und BÄK auch, die Anforderungen an die Anerkennung transparent zu kommunizieren und die Prozesse klug und digital aufeinander abzustimmen. Eine transparente Anerkennungspraxis sei „Ausdruck einer dringend erforderlichen Willkommenskultur, die die AWMF explizit unterstützt und fordert, konstatierte AWMF-Präsident Prof. Rolf-Detlef Treede.

Die BÄK schlägt in ihrem Positionspapier vor, Informationen zum Anerkennungsverfahren, der ärztlichen Tätigkeit und Beschäftigungsmöglichkeiten in Deutschland in einem zentralen Portal zu bündeln. Reinhardt hob hervor: „Ein transparentes, effizientes und sorgfältiges Anerkennungsverfahren stärkt die Integration von Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland, indem es ihre fachliche Kompetenz nachvollziehbar bestätigt.“ (ja/BIERMANN)