Schwäche bei beatmeten ICU-Patienten: Schuld sind eher Medikamente, nicht Erkrankung

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Mindestens 25 Prozent aller schwerkranken Patienten, die auf der Intensivstation (ICU) mechanisch beatmet werden, entwickeln eine Muskelschwäche, die schwerwiegend genug ist, um ihre Lebensqualität zu beeinträchtigen. In einer neuen Studie, die in der Zeitschrift “Chest” veröffentlicht wurde, wurden mögliche Ursachen untersucht.

Dabei fanden die Forscher heraus, dass bei mechanisch beatmeten Patienten, die mit Vasopressoren behandelt wurden, die Wahrscheinlichkeit für eine solche auf der Intensivstation entwickelte Schwäche um mehr als das Dreifache erhöht war. Diese Ergebnisse zeigen die unbeabsichtigten Nebenwirkungen der Behandlung auf und weisen den Weg für mögliche Interventionen oder Vermeidungsstrategien.

Schockpatienten, benötigen häufig eine Behandlung mit Vasopressoren, die den Blutdruck erhöhen und den Blutfluss zu den lebenswichtigen Organen wiederherstellen.

“Die Überlebenschancen bei kritischen Erkrankungen verbessern sich, jedoch tragen Patienten oftmals viele Probleme davon, darunter eine Zustand schwerwiegender persistierender Schwäche. Um auf die Verbesserung der langfristigen Ergebnisse kritischer Krankheitszustände hinzuarbeiten, ist es unerlässlich, zunächst unser Verständnis dafür zu verbessern, warum Patienten eine Schwäche entwickeln, insbesondere, ob diese allein auf die zugrunde liegende Krankheit zurückzuführen ist oder ob die im Laufe einer kritischen Erkrankung angebotenen Behandlungen auch eine Rolle spielen”, erklärt Dr. Krysta S. Wolfe von der University of Chicago, Leiterin der neuen Studie.

Wolfe und ihre Koautoren führten eine retrospektive Analyse der Daten aus zwei klinischen Studien durch, die die Auswirkungen einer frühen gegenüber einer späten Physio- und Ergotherapie auf die funktionellen Ergebnisse und die Entwicklung von Schwächen untersuchten. Eingeschlossen in die Analyse wurden 172 mechanisch beatmete Patienten, einige von ihnen Schockpatienten. Von diesen zeigten 80 zum Zeitpunkt der Entlassung aus dem Krankenhaus eine mit der Behandlung auf der Intensivstation verbundene Schwäche.

Die Forscher fanden heraus, dass der Einsatz vasoaktiver Medikamente mit einer mehr als mehr als dremal so hohen Wahrscheinlichkeit für einen Schwächezustand verbunden war. Mit jedem Tag, an dem ein Patient ein vasoaktives Medikament erhielt, stieg diese Wahrscheinlichkeit 35 Prozent.

Um besser zu verstehen, wie Vasopressoren einen solchen Schwächezustand verursachen können, teilten die Forscher die Daten danach auf, ob die Patienten Vasopressoren erhielten, die beta-adrenerge Rezeptoren (Noradrenalin, Epinephrin, Adrenalin, Dopamin und Dobutamin) stimulieren, oder solche, die dies nicht tun (Phenylephrin und Vasopressin). Sie stellten fest, dass nur Vasopressoren, die beta-adrenerge Rezeptoren stimulieren, mit Schwäche verbunden waren. Tatsächlich stieg die Inzidenz der mit einer intensivmedizinischen Behandlung verbundenen Schwäche mit der kumulativen Dosis von Noradrenalin, aber nicht mit Vasopressin oder Phenylephrin.

“Vasopressoren sind Medikamente, die häufig auf der Intensivstation eingesetzt werden und von denen man bislang nicht annahm, dass sie eigenständig zur Entwicklung von Schwächezuständen beitragen. Die Erkenntnisse zu dieser potenziellen Wirkung von Vasopressoren ist wichtig und kann dazu beitragen, dass zukünftige Studien und gezielte Interventionen, wie z.B. die frühe Physiotherapie, das Risiko einer Schwäche während einer kritischen Erkrankung verringern”, kommentiert Seniorautor Dr.John P. Kress, von der Universität von Chicago,.

Die Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass noradrenerge Vasopressoren möglicherweise nicht die beste Wahl für Patienten mit einem erhöhten Risiko für eine mit einer intensivmedizinischen Versorgung assoziierten Schwäche sind. Die Forscher empfehlen, dass die mögliche Verbindung zwischen Vasopressoren und Schwäche nach einer kritischen Erkrankung eine weitere Untersuchung verdient.
weiter untersucht werden sollte.