Schwangerschaft: Alte Virus-DNA aktiviert die Blutzellproduktion28. Oktober 2024 Foto: © abhijith3747/stock.adobe.com Alte Virusreste im menschlichen Genom werden während der Schwangerschaft und nach starken Blutungen aktiviert, um die Blutzellproduktion zu steigern, so eine aktuelle US-Studie. Die Forschungsergebnisse der Studie der University of Texas Southwestern Medical Center (UTSW) wurden in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht. Prof. Sean J. Morrison von der UTSW, Erstautorin Julia Phan sowie weitere Forscher am Howard Hughes Medical Institute wollten herausfinden, wie hämatopoetische oder blutbildende Stammzellen während der Schwangerschaft und nach Blutverlust aktiviert werden. Als sie aktivierte Gene in Stammzellen von trächtigen und nicht trächtigen Mäusen verglichen, stellten sie fest, dass Retrotransposonen in Stammzellen von trächtigen Mäusen aktiviert waren. „Es ist das Gegenteil von dem, was wir erwartet hatten. Wenn es jemals einen Zeitpunkt gibt, die Integrität des Genoms zu schützen und Mutationen zu vermeiden, dann ist es die Schwangerschaft“, berichtet Morrison. „Es gibt Hunderte dieser Retrotransposon-Sequenzen in unserem Genom. Warum sie nicht dauerhaft inaktivieren, wie es einige Arten getan haben? Sie müssen einen gewissen Anpassungswert für uns haben“, fügt er hinzu. Hintergrund: Retrotransposonen sind alte virale Gen-Sequenzen, die nun dauerhaft Teil des menschlichen Genoms sind. Sie werden mitunter auch als „Junk-DNA“ bezeichnet, da sie keine Proteine kodieren, die zur Zellfunktion beitragen. Der menschliche Körper hat Mechanismen entwickelt, um Retrotransposonen die meiste Zeit ausgeschaltet zu halten, da Retrotransposonen die Fähigkeit haben, DNA zu schädigen, wenn sie sich replizieren und in andere Teile des Genoms wieder einfügen. Verlauf der Studie Die Wissenschaftler verwendeten Medikamente, die das Enzym reverse Transkriptase hemmen und die häufig zur Unterdrückung der HIV-Replikation bei Patienten eingesetzt werden, um die Replikation von Retrotransposonen bei Mäusen zu hemmen. Diese Medikamente veränderten die Blutzellproduktion bei normalen Mäusen nicht, blockierten jedoch den Anstieg der blutbildenden Stammzellen und der Produktion roter Blutkörperchen während der Schwangerschaft, was zu Anämie führte. Als die Forscher die Mechanismen, die die Blutzellproduktion aktivieren, weiter erforschten, stellten sie fest, dass Retrotransposonen von den Immunsensoren cGAS und STING erkannt wurden. Diese Sensoren induzieren die Interferonproduktion nach einer Virusinfektion oder Replikation von Retrotransposonen. „Wir dachten, Interferon könnte dazu führen, dass die Stammzellen vom Immunsystem abgetötet werden. Aber wir fanden heraus, dass die Retrotransposonen gerade genug Interferon aktivierten, um die Blutzellproduktion zu aktivieren“, kommentiert Phan die Ergebnisse. Als die Forscher cGAS, STING oder Interferon hemmten, hatte dies bei normalen Mäusen kaum oder gar keine Auswirkungen auf die Stammzellen oder die Blutzellproduktion. Bei trächtigen Mäusen blockierte dies jedoch den Anstieg der Stammzellzahl und der Blutzellproduktion, was zu Anämie führte. Forschungsergebnisse auf Menschen übertragbar Phan führte ähnliche Analysen an Blutproben schwangerer Frauen durch, darunter drei Personen, die mit Reverse-Transkriptase-Inhibitoren behandelt wurden. Er arbeitete mit Prof. Alpaslan Tasdogan vom Universitätsklinikum Essen zusammen. Gemeinsam fanden sie heraus, dass Retrotransposonen und Interferon auch in menschlichen blutbildenden Stammzellen während der Schwangerschaft aktiviert werden und dass sie außerdem notwendig sind, um Anämie zu vermeiden. „Wir sind äußerst erfreut, dass das, was Dr. Morrison und Dr. Phan bei Mäusen entdeckt haben, auch auf Menschen zutrifft. Diese Erkenntnisse helfen uns, einige der zugrunde liegenden Mechanismen zu verstehen, die zu Anämie während der Schwangerschaft beitragen“, so Tasdogan. „Unser nächster Schritt ist die Einleitung einer klinischen Studie, um unser Verständnis der Funktionsweise von Retrotransposonen bei Patienten zu vertiefen“, sagt er abschließend.
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