Schwangerschaftsdiabetes: Frühe Behandlung kann Komplikationen verhindern21. Juni 2024 Foto: © lukszczepanski/stock.adobe.com Auf der 84. wissenschaftlichen Tagung der American Diabetes Association, USA, haben Forscher die derzeitigen Ansätze zur Behandlung von Schwangerschaftsdiabetes in Frage gestellt. [1] Eine Verlagerung der Untersuchung und Behandlung des Gestationsdiabetes mellitus (GDM) auf einen viel früheren Zeitpunkt in der Schwangerschaft (vor der 14. Schwangerschaftswoche) kann gesundheitliche Komplikationen für Mutter und Kind verhindern. Das ist das Ergebnis einer neuen, in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlichte Serie. Die Autoren stellen darin den derzeitigen Ansatz zur Behandlung von GDM in Frage, der sich auf späten GDM (ab der 24. Woche) konzentriert. Sie fordern eine bessere Erkennung und Vorbeugung sowie einen personalisierten, integrierten Ansatz für alle, die von GDM betroffen oder gefährdet sind. „Unsere neue Serie unterstreicht die dringende Notwendigkeit eines grundlegenden Wandels in der Art und Weise, wie GDM diagnostiziert und behandelt wird, und zwar nicht nur während der Schwangerschaft, sondern ein Leben lang für Mütter und ihre Babys“, so der Leiter der Serie, Prof. David Simmons von der Western Sydney University, Australien. „GDM ist eine zunehmend komplexe Erkrankung, für deren Behandlung es kein Patentrezept gibt. Stattdessen sollten die individuellen Risikofaktoren und das Stoffwechselprofil einer Patientin berücksichtigt werden, um sie durch die Schwangerschaft zu begleiten und sie danach zu unterstützen, um die besten gesundheitlichen Ergebnisse für Frauen und Babys überall zu erzielen“, fügt er hinzu. In der Vergangenheit wurde GDM als eine Schwangerschaftskomplikation betrachtet, die die Behandlung eines hohen Blutzuckerspiegels spät im zweiten Trimester erfordert. Die aktuellen Diagnosekriterien der Weltgesundheitsorganisation für GDM empfehlen einen Test bei 24-28 Schwangerschaftswochen ohne vorheriges Screening. [2] Entstehung wahrscheinlich schon vor der Schwangerschaft Jüngste Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass GDM bereits vor der Schwangerschaft entsteht und in der Frühschwangerschaft vorhanden sein kann. Insgesamt können 30 bis 70 Prozent des GDM mit Hilfe eines oralen Glukosetoleranztests frühzeitig erkannt werden. Dazu gehören diejenigen, die das höchste Risiko für eine Insulintherapie und Schwangerschaftskomplikationen haben. Jüngste Studien wie die TOBOGM-RCT [3] haben gezeigt, dass bei Frauen mit frühem GDM die Erkennung und Behandlung vor der 20. Schwangerschaftswoche (im Vergleich zur 24. bis 28. Schwangerschaftswoche) nicht nur Schwangerschaftskomplikationen und postpartale Komplikationen, einschließlich neonataler Atemnot und der Dauer des Aufenthalts auf der neonatalen Intensivstation, reduziert, sondern auch die Lebensqualität in der Mitte der Schwangerschaft verbessert und die Stillbereitschaft erhöht hat, was die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung von Fettleibigkeit, T2D und anderen langfristigen Erkrankungen verringern kann. „Die Vorteile einer frühzeitigen Erkennung von GDM liegen auf der Hand – wir können dafür sorgen, dass Mütter und Babys während der Schwangerschaft gesünder sind und dies hoffentlich ein Leben lang bleiben. Was wir jetzt brauchen, sind frühere Tests und ein Ansatz zur Behandlung von GDM, der die verfügbaren Ressourcen, die Umstände und die persönlichen Wünsche der Patientin berücksichtigt“, erklärt Dr. Helena Backman von der Universität Örebro, Schweden. Neue Strategien zur Verbesserung des GDM-Managements Ein besseres Verständnis des GDM und seiner Auswirkungen kann Forschern, Klinikern und politischen Entscheidungsträgern helfen, neue Behandlungsansätze zu entwickeln, die sich auf eine verbesserte Prävention und Behandlung von GDM-Komplikationen von der Zeit vor der Empfängnis bis zur Schwangerschaft und darüber hinaus konzentrieren, heißt es in er Arbeit der Forscher. Zu den empfohlenen Strategien, die von den Autoren der Serie entwickelt wurden, gehören: frühzeitige GDM-Tests für Frauen mit Risikofaktoren, idealerweise vor der 14. Schwangerschaftswoche Förderung der Gesundheit auf Bevölkerungsebene, die Frauen, insbesondere solche mit Risikofaktoren, auf eine gesunde Schwangerschaft und danach auf ein gesundes Altern vorbereitet Verbesserung der Schwangerenvorsorge, die auch ein Screening des Blutzuckerspiegels nach der Geburt umfasst maßgeschneiderte jährliche Untersuchungen bei Frauen mit früherem GDM, um Komplikationen wie T2D (insbesondere bei nachfolgenden Schwangerschaften) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verhindern oder besser zu behandeln mehr Forschung über GDM und darüber, wie die Ergebnisse für Frauen mit GDM und ihre Kinder über den gesamten Lebensverlauf hinweg verbessert werden können „Es ist an der Zeit, von einer auf die Spätschwangerschaft ausgerichteten Versorgung zu einer integrierten, personalisierten Strategie für den gesamten Lebensverlauf überzugehen, sowohl in ressourcenstarken als auch in ressourcenschwachen Gebieten. Dazu gehören neue, systematische Ansätze für die Prävention, die frühzeitige Behandlung von GDM, die Identifizierung und Überwindung von Hindernissen für die Inanspruchnahme, eine bessere Integration der Gesundheitssysteme und mehr Forschung, um besser zu verstehen, wie sich GDM auf Frauen und ihre Kinder während der Schwangerschaft und im Laufe ihres Lebens auswirkt“, so Simmons. Referenzen:[1] The Series will be presented during the 84th Scientific Sessions of the American Diabetes Association on Monday, 24 June 2024, at 1:30 p.m. ET and will be open to media and delegates attending the conference. Full program details are available here: https://professional.diabetes.org/scientific-sessions[2] 2013 World Health Organization (WHO) Diagnostic Criteria and Classification of Hyperglycaemia First Detected in Pregnancy https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/85975/WHO_NMH_MND_13.2_eng.pdf[3] Treatment of Gestational Diabetes Mellitus Diagnosed Early in Pregnancy, Simmons et al. New England Journal of Medicine; 5 May 2023, https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2214956
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