Schwere Infektionen: Leichtes Spiel für gefährliche Erreger12. April 2019 Staphylococcus aureus (Abb.: © royaltystockphoto/Fotolia) Für gesunde Menschen stellen sie kein Risiko dar, für Abwehrgeschwächte oder frisch Operierte sind sie jedoch brandgefährlich: Staphylococcus aureus und andere Erreger, die vor allem als Verursacher von Krankenhausinfektionen gefürchtet sind. Eine hohe Sterblichkeitsrate weist etwa die durch S. verursachte Blutstrominfektion auf. In einem aktuellen Beitrag im „Deutschen Ärzteblatt” fordern Experten der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI), der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH), die infektiologische Versorgung und Ausbildung in Deutschland schnellstmöglich zu verbessern. Schätzungsweise 30.000 Menschen erkranken laut den Verbänden in Deutschland jedes Jahr allein an dieser Infektion, etwa 25 Prozent der Betroffenen versterben. Studien zeigten, dass eine Behandlung durch Infektionsspezialisten viele Patienten mit schweren Infektionen retten könnte, so die Experten von DGI, DGIM und DGKH. Doch diese Spezialisten seien im deutschen Gesundheitssystem nicht regelhaft vorgesehen und in vielen Kliniken nicht verfügbar. Auch eine Facharztausbildung zum Infektiologen gibt es in Deutschland nicht. Wissenschaftler haben eine Vielzahl internationaler Untersuchungen gesichtet, die sich mit schweren Infektionen befassten. Hierbei zeigte sich, dass etwa bei der durch Staphylococcus aureus ausgelösten Blutstrominfektion die Behandlung durch einen Infektiologen die Sterblichkeit der Patienten um durchschnittlich 40 bis 50 Prozent absenkte. „Dies zeigt, welchen Unterschied es für Betroffene machen kann, ob ein Spezialist verfügbar ist und behandelt – oder eben nicht“, sagt Prof. Gerd Fätkenheuer, Leiter der Infektiologie an der Universitätsklinik Köln und Präsident der DGI. Auch für andere schwere Infektionen ist inzwischen nachgewiesen, dass die (Mit-)Behandlung durch Infektionsspezialisten die Prognose der Patienten deutlich verbessert. Dazu zählen unter anderem Infektionen bei Organtransplantierten oder Infektionen mit multiresistenten Erregern. „Die Gefahren durch antibiotikaresistente Erreger erfahren derzeit – zu Recht – viel Aufmerksamkeit und sind von Gesundheitspolitik und Öffentlichkeit als wichtiges Problem erkannt“, sagt Prof. Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM. Viel zu wenig im Fokus stünden jedoch die nicht-resistenten Erreger – obgleich diese viel mehr Menschen gefährden. „In Deutschland werden aktuell weniger als zehn Prozent der rund 30.000 S.-aureus-Blutstrominfektionen von MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus), der multiresistenten Variante von Staphylococcus aureus, ausgelöst. MRSA ist auf dem Rückzug – aber die nicht-resistente Variante dieses Bakteriums fordert nach wie vor jedes Jahr tausende Menschenleben.“ Die infektiologische Versorgung müsse deshalb insgesamt verbessert werden – und dürfe sich nicht hauptsächlich auf die Bekämpfung multiresistenter Erreger konzentrieren, fordern die Infektiologen, Internisten und Krankenhaushygieniker. „Eine bessere Versorgung fängt bei geeigneten Präventionsmaßnahmen an: Viele Infektionen im Krankenhaus wären bei optimalem Hygienemanagement vermeidbar. „Von den geschätzten mindestens 30.000 S.-aureus-Blutstrominfektionen sind etwa 10.000 allein durch Gefäßkatheter verursacht. Diese Infektionen gelten als prinzipiell verhinderbar. Dazu aber braucht es neben ausreichend vorhandenem Pflege- und Hygienepersonal auch genügend Infektionsspezialisten, die das entsprechende Expertenwissen in die Praxis transferieren“, sagt Dr. Peter Walger, Leiter eines Zentralbereichs Hygiene und Infektionsmanagement beim Düsseldorfer Klinikenverbund VKKD und als Vorstandsmitglied Pressesprecher der DGKH. Ärzte mit der Spezialisierung Infektiologie sind im deutschen Gesundheitssystem nicht regelhaft vorgesehen – anders als in vielen Ländern Europas oder in den USA. In den meisten Kliniken hierzulande sind keine Stellen für Infektiologen eingeplant, und gerade an kleinen Krankenhäusern stehen oft auch keine infektiologischen Konsiliardienste zur Verfügung, wie die die Verbände klarstellen. Nicht einmal für Ärzte mit einer Fortbildung zum Antibiotika-Experten (Antibiotic Stewardship, ABS) würden ausreichend notwendige Stellenanteile geschaffen. „Hinzu kommt, dass die aktuelle Ausbildung zum Infektiologen der Komplexität des Fachs nicht gerecht wird“, sagt Fätkenheuer. Derzeit bestehe die Spezialisierung zum Infektiologen aus einer einjährigen Zusatzweiterbildung. „Erforderlich wäre jedoch eine umfassende, mehrjährige Ausbildung – sprich: Eine Facharztausbildung, wie wir sie für Infektiologen in vielen anderen europäischen Ländern und in den USA haben. Nur so wird es gelingen, die Versorgungssituation für Infektionspatienten langfristig zu verbessern und die großen Herausforderungen in der Infektionsmedizin zu meistern.“
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