Schwere Nierenentzündung: Bereits niedrig dosierte Steroide könnten wirksam behandeln

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Eine neue Studie zeigt in einem Mausmodell, dass bei der besonders aggressiven crescentischen Glomerulonephritis (cGN) bereits niedrige, wiederholte Steroiddosen ausreichen könnten, um die Entzündung zu stoppen.

Die Standardtherapie bei cGN besteht bislang aus hohen Dosen von Glukokortikoiden, die das Immunsystem stark unterdrücken. Diese Medikamente sind zwar wirksam, gehen aber oft mit erheblichen Nebenwirkungen einher. Forschende des Universitätsklinikums Bonn (UKB), der Universität Bonn und der Universität Hamburg haben nun genauer untersucht, wie Steroide in der Niere wirken – und warum geringere Dosierungen möglicherweise denselben Effekt erzielen. Die neuen Studienergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Science Translational Medicine“ veröffentlicht.

Untergruppe von Neutrophilen identifiziert

Das Forscherteam um Prof. Christian Kurts vom UKB identifizierte mithilfe von Einzelzell- und räumlicher Gensequenzierung und Krankheitsmodellen in Mäusen eine spezielle Untergruppe von proinflammatorischen Neutrophilen als Immunzellen, die maßgeblich die Nierenschädigung vorantreiben. Diese Zellen entstehen direkt im entzündeten Nierengewebe und bleiben dort länger aktiv als gewöhnliche Neutrophile. „Einzelzellsequenzierung hat uns ermöglicht, die schädlichen Neutrophilen direkt in der entzündeten Niere zu verfolgen“, berichtet Erstautorin Dr. Junping Yin.

„Unsere Studie zeigt, dass Ärztinnen und Ärzte nicht zwingend extrem hohe Steroiddosen benötigen, um diese Zellen zu unterdrücken – kleine, wiederholte Dosen können ausreichen“, erklärt Kurts. Im Mausmodell konnten die Forschenden zeigen, dass niedrige, regelmäßig verabreichte Glukokortikoide die Bildung dieser schädlichen Zellen blockieren – selbst ohne eine anfängliche Hochdosisgabe. Auch in Nierenbiopsien von Patienten, die mit niedrigen Dosen behandelt wurden, fanden sich weniger dieser Immunzellen.

Anwendung bei anderen Autoimmunerkrankungen möglich

„Das eröffnet neue Wege, Steroide gezielter und sicherer einzusetzen“, kommentiert Yin die Ergebnisse. Sollten sich diese Ergebnisse in klinischen Studien bestätigen, könnten laut den Autoren betroffene Patienten künftig von sichereren, niedrig dosierten Therapien profitieren, die ihre Nieren schützen, ohne den Körper unnötig zu belasten.

Der Ansatz könnte langfristig auch Auswirkungen auf andere Autoimmun- und Entzündungserkrankungen haben, bei denen Steroide bislang in hohen Dosen zum Einsatz kommen, betonen sie abschließend.

Beteiligte Institutionen und Förderung: Die Arbeit wurde im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder vom Exzellenzcluster ImmunoSensation² der Universität Bonn sowie durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft über die Sonderforschungsbereiche SFB 1192, SFBs 1454 und TR237 und IRTG2168 gefördert.