Schwere Störung des Immungleichgewichts als Folge eines bislang unbekannten angeborenen genetischen Defekts

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Ein internationales Forscherteam entdeckte kürzlich einen neuartigen Gendefekt, der Aufschluss über die Funktion und den Signalweg des Botenstoffs Interleukin-6 (IL-6) liefert. Der resultierende Verlust des IL-6-Rezeptors führt zu einer Immunschwäche, Atopie und abnormen Entzündungsreaktionen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler im “Journal of Experimental Medicine”.

Als Teil der unspezifischen Immunantwort spielt der körpereigene Botenstoff Interleukin-6 (IL-6) bei der Auslösung von Entzündungsreaktionen als Antwort auf z.B. Infektionen eine wichtige Rolle. Dadurch liefert IL-6 einen guten Angriffspunkt für die Behandlung von entzündlichen Erkrankungen. So wird bei rheumatischen Erkrankungen unter anderem der Wirkstoff Tocilizumab eingesetzt, welcher die Weitergabe der Signale über den IL-6-Rezeptor blockiert.

Kaan Boztug und sein Team untersuchten gemeinsam mit den Forschungsgruppen von James Thaventhiran in Cambridge (England) und Joshua Milner in Bethesda (USA) mittels moderner Sequenzierungs-Techniken PatientInnen, die an wiederkehrenden Infektionen und schweren Ekzemen litten, begleitet von deutlich erhöhten Werten für einen Typ von Antikörper (sogenanntes Hyper-IgE Syndrom). Das ForscherInnen-Team identifizierte Mutationen im IL-6-Rezeptor-Gen als zugrundeliegenden genetischen Defekt, wodurch der IL-6-Rezeptor seine vorgesehene Aufgabe im Körper nicht erfüllen kann und daher meist abgebaut wird. Die ForscherInnen konnten in ihren Arbeiten detailliert beschreiben, wie diese angeborenen Mutationen zu einer Störung der Verteilung und Funktion verschiedener Immunzellen führen. Ihre Forschungsergebnisse wurden nun im Fachjournal „Journal of Experimental Medicine“ veröffentlicht.

Die Ergebnisse dieser Forschungskooperation ermöglichen auch Rückschlüsse auf andere Erkrankungen, die als Folge von Mutationen in Genen des IL-6-Signalweges auftreten. Die Symptome, die aus dem Verlust des IL-6-Rezeptors resultieren, weisen zudem auf potenzielle Nebenwirkungen von Medikamenten hin, die den IL-6-Rezeptor blockieren. Die Studie bildet somit auch eine wichtige Basis für die gezielte Untersuchung der Auswirkungen der Blockade des IL-6-Rezeptors auf die menschliche Gesundheit.

Die Studie wurde im Rahmen des Ludwig Boltzmann Institute for Rare and Undiagnosed Diseases (LBI-RUD) mit freundlicher Unterstützung der beteiligten LBI-RUD Partner-Institutionen (Ludwig Boltzmann Gesellschaft GmbH, MedUni Wien, St. Anna Kinderkrebsforschung und CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften), sowie aus Fördermitteln des European Research Council (ERC StG 310857), des Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF 29951-B30), der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW DOC Fellowship) realisiert. Die Kooperationspartner wurden unter anderem vom Medical Research Council und Cancer Research UK unterstützt.