Schwerer Schlaganfall: Behandlung in regionaler oder überregionaler Stroke Unit?20. November 2020 Foto: ©Wonderful pictures – stock.adobe.com Die spanische RACECAT-Studie verdeutlicht die Stärke eines Schlaganfallnetzwerkes aus regionalen und überregionalen Stroke Units und stärkt damit auch dem deutschen System den Rücken. Bei Patienten mit einem schweren Schlaganfall zählt jede Minute bis zum Behandlungsbeginn, doch wo sollen sie behandelt werden – auf einer regionalen Schlaganfallstation oder auf einer weiter entfernt gelegenen spezialisierteren, überregionalen Stroke Unit? Der Transport in eine nahegelegene Stroke Unit hat den Vorteil des minimalen Zeitverlusts bis zum Beginn einer medikamentösen Therapie (Thrombolyse). Die Entscheidung für eine Behandlung auf einer spezialisierten, überregionalen Stroke Unit hingegen hat – trotz längerer Transportzeit – den Vorteil, dass gegebenenfalls umgehend eine zusätzliche mechanische Gefäß-Wiedereröffnung (Thrombektomie) mittels Katheter erfolgen kann, ohne den Patienten erneut verlegen zu müssen. Welche Variante sollte also bevorzugt werden? Mit dieser Frage haben sich spanische Neurologen in der RACECAT-Studie befasst und die Behandlungsergebnisse miteinander verglichen. Dabei zeigte sich, dass sich die Behandlungsergebnisse kaum voneinander unterscheiden, wie Experten der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) berichten. Vorgestellt wurden die Ergebnisse der RACECAT-Studie vor Kurzem in einer Online-Videokonferenz der European Stroke Organisation (ESO). „Die Strukturen der Schlaganfallversorgung in der spanischen Region Barcelona sind mit den Gegebenheiten in vielen Gegenden Deutschlands durchaus vergleichbar. Vor diesem Hintergrund können wir durchaus sagen, dass die Untersuchungsergebnisse auch für uns relevant sind und gewissermaßen übertragen werden können“, sagt Prof. Helmuth Steinmetz, 1. Vorsitzender der DSG. Das spanische Forscherteam arbeitete mit einem Netzwerk aus 28 Stroke Units und sechs Thrombektomiezentren, was mit der Schlaganfallversorgung in Deutschland vergleichbar ist. Auch die Transportzeiten der Patienten sowie die Zeiten bis zum Therapiebeginn waren in der Studie ähnlich zu denen hierzulande. Im Zuge der RACECAT-Studie wurden rund 1401 katalanische Patienten mit einem schweren Schlaganfall untersucht. Etwa die Hälfte von ihnen wurde zunächst in die nächstgelegene regionale Stroke Unit transportiert, die anderen Hälfte direkt in eine weiter entfernte spezialisierte Einrichtung in Barcelona. Die Neurologen Natalia Perez de la Ossa und Marc Ribo berichteten, dass sich die Behandlungsergebnisse in beiden Gruppen nach drei monatiger Untersuchungszeit nicht signifikant voneinander unterschieden. „Die RACECAT-Studie hat gezeigt, dass die Behandlung von Patienten mit schwerem Schlaganfall auf einer nahegelegenen Stroke Unit vergleichbar ist mit der Behandlung auf einer weiter entfernt gelegenen überregionalen Stroke Unit“, resümiert Steinmetz. „Das Ergebnis hat uns überrascht, da wir vermutet hätten, dass die direkte Überweisung und Behandlung von schwer erkrankten Schlaganfall-Patienten auf eine spezialisierte Stroke Unit Vorteile hat“, so der DSG-Experte. Er und seine Kollegen werten den Ausgang der RACECAT-Studie als Beleg der Stärke des auch in Deutschland etablierten Systems regionaler und überregionaler Stroke Units sowie deren kooperativer Zusammenschlüsse in Neurovaskulären Netzwerken (NVN). Nach den Erkenntnissen der neuen Studie würde in diesen Netzwerken jede Einheit gleichermaßen bedeutsam bleiben. Aus Sicht der DSG sei es weiterhin gerechtfertigt, potenzielle Thrombektomiekandidaten mit sehr schwerem Schlaganfall zunächst in der nächstgelegenen Stroke Unit zu behandeln. Dadurch kann eine Lysetherapie unverzüglich eingeleitet werden, was auch bei einem Transport zu einem Thrombektomiezentrum eine lebensrettende Maßnahme sein kann.
Mehr erfahren zu: "DMKG: Moderne Migränetherapien werden zu wenig genutzt" DMKG: Moderne Migränetherapien werden zu wenig genutzt Seit Jahren sind wirksame und gut verträgliche Migräneprophylaktika verfügbar, deren Anwendung auch von der aktuellen S1-Leitlinie empfohlen wird. Doch viele Menschen mit schwerer Migräne erhalten diese Medikamente erst spät. Das […]
Mehr erfahren zu: "Experte für Gedächtnisforschung zum Honorarprofessor der Universität Magdeburg ernannt" Experte für Gedächtnisforschung zum Honorarprofessor der Universität Magdeburg ernannt Als Honorarprofessor stärkt Dr. Michael Kreutz die Lehre und Forschung im Bereich der Neurowissenschaften an der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.
Mehr erfahren zu: "Streeck warnt vor leichter Zugänglichkeit von Drogen" Streeck warnt vor leichter Zugänglichkeit von Drogen „Per Taxi ins Jugendzimmer“: Der Bundesdrogenbeauftragte sieht die leichte Verfügbarkeit von Rauschgift als große Gefahr. Eine Droge bereitet ihm besonders große Sorgen.