Schweres Asthma: Ein Drittel der Patienten nimmt orale Steroide in schädlicher Dosierung10. Oktober 2019 Foto: © gustavofrazao/Adobe Stock Wie Wissenschaftler aus einer Studie mit mehreren Tausend Patienten in den Niederlanden berichten, nimmt ein Drittel aller Patienten mit schwerem Asthma orale Steroide in einer potenziell schädlichen Dosierung ein. Das berichteten die Forscher kürzlich auf dem internationalen Kongress der European Respiratory Society (ERS) in Mailand.1 Die Mehrheit dieser Patienten könnte den Einsatz oraler Steroide vermeiden, wenn sie eine größere µAdhärenz in Bezug auf ihre übrigen Asthmamedikamente zeigten und mit der Funktionsweise ihrer Inhalatoren besser vertraut wären, erklärte Dr. Katrien Eger den Kongressteilnehmern. Es bleibe aber auch ein Teil von Patienten, der für eine Behandlung mit neuen biologischen Asthmamedikamente infrage käme, jedoch erhalte nur die Hälfte von diesen eine solche Therapie. Eger, angehende Pneumologin am Amsterdam University Medical Centre führte aus: „Asthmapatienten, die orale Steroide in hohen Dosierungen verwenden, besitzen ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen wie Diabetes, Osteoporose und Nebenniereninsuffizienz, bei der die Nebennieren nicht in ausreichender Menge Steroidhormone produzieren.“ „Unsere Studienergebnisse zeigen, dass viele Patienten mit schwerem Asthma schädlich hohe Dosierungen oraler Steroide verwenden. Jede Verschreibung oraler Steroide sollte ein Warnsignal für Mediziner sein und sie veranlassen, die Adhärenz in Bezug auf inhalative Therapien und die korrekte Verwendung des Inhalators bei diesen Patienten zu prüfen. Des Weiteren – nun, da es immer mehr biologische Asthmamedikamente gibt, durch die eine Notwendigkeit oraler Steroide vermieden wird – sollte bei dafür geeigneten Patienten eine biologische Therapie begonnen werden, um die Exposition gegenüber den schädlichen oralen Steroiden zu reduzieren.“ Eger und ihre Kollegen hatten Informationen zu 500.500 Niederländern aus einer Apotheken-Datenbank analysiert, um solche Patienten zu identifizieren, die hohe Dosierungen (500 µg oder mehr täglich) oraler Steroide einnahmen und einen langwirksamen β-Agonisten verwendeten sowie nach den Kategorien der Global Initiative for Asthma (GINA) an einem schweren Asthma litten. Die Datenbank enthielt auch Informationen zum Einsatz oraler Steroide (Cortison). Die Studienautoren verschickten Fragebögen an 5002 dieser Patienten und analysierten dann 2312, die an sie zurückgesendet worden waren. Die Informationen aus der Apotheken-Datenbank ermöglichten das Sammeln von Informationen zum Gebrauch oraler Steroide und zur Adhärenz in Bezug auf die Medikation. Bei einem Teil der Patienten prüften Apotheker, ob die Patienten ihren Inhalator richtig verwendeten. In dem Fragebogen ging es um die medizinische Vorgeschichte der Patienten: andere Erkrankungen, Asthmadiagnose und -kontrolle, Nikotinkonsum. Wurden die Verschreibungen zu mindestens 80 Prozent genutzt und eingelöst, galten die Patienten als therapieadhärent. „Wir stellten fest, dass 29 Prozent der Asthmapatienten, die hohe Dosen inhalativer Steroide verwendeten, auch schädlich hohe Dosierungen oraler Steroide von 420 mg oder mehr pro Jahr“, berichtete Eger. Von diesen Patienten hätten wiederum 78 Prozent eine schlechte Adhärenz im Hinblick auf ihre inhalative Therapie oder Fehler bei der Inhalationstechnik gezeigt. Diese Probleme sollten daher bei diesen Patienten zuerst angegangen werden, bevor man eine Therapie mit Biologika in Erwägung zieht. Die verbleibenden 22 Prozent sind Kandidaten für biologische Wirkstoffe. „Wenn wir unsere Ergebnisse aus der Analyse der Datenbank zur niederländischen Allgemeinbevölkerung extrapolieren, bedeutet dies, dass es rund 6000 Paitenten mit schwerem Asthma gibt, die für eine Therapie mit Biologika infrage kommen – 1,5 Prozent der gesamten Population von Asthmapatienten. Doch nur die Hälfte – 46 Prozent – erhalten derzeit solche Medikamente. Dies zeigt, dass es Potenzial für eine erhebliche Reduktion der übermäßigen Verwendung oraler Steroide gibt“, so Eger. Laut Eger lasse sich aus der Studie nicht ableiten, warum so viele Patienten orale Steroide in zu hohem Maße einnehmen und so wenige von ihnen eine Biologikatherapie erhalten. Gründe dafür könnten sein, dass Patienten ihre Ärzte nicht konsultierten und diese, wenn dies gschieht, ihre Patienten nicht gründlich untersuchten oder nicht als Kandidaten für eine biologische Behandlung identifizierten. Obwohl Biologika teuer seien, habe die Identifizierung und Behandlung von Patienten, die davon profitieren könnten, wirtschaftliche Vorteile, sagte Eger. „Wenn sie die Exposition gegenüber schädlichen oralen Steroiden verringern und damit auch deren nachteilige Auswirkungen, könnte dies zu einer Verringerung der Gesundheitskosten führen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass Patienten mehr Sport treiben können und weniger Exazerbationen erleiden, was dazu führt, dass sie an ihrer Arbeitsstelle an weniger Tagen krankheitsbedingt fehlen.“ Der Anteil der Asthmapatienten, die in Bezug auf ihre inhalativen Medikament nicht adhärent sind oder die nicht die richtige Inhalationstechnik beherrschen, dürfte in anderen Ländern ähnlich sein. Der Zugang zu Biologika kann sich jedoch von Land zu Land unterscheiden. „In den Niederlanden haben wir einen sehr guten Zugang zur Gesundheitsversorgung und Biologika stehen jedem zur Verfügung, der sie benötigt. Leider ist dies nicht in allen Teilen der Welt der Fall“, betonte Eger. Untersuchungen haben gezeigt, dass eine lebenslange kumulative Dosis von 0,5 g bis 1 g oraler Steroide mit nachteiligen Nebenwirkungen verbunden ist. Das Risiko steigt mit zunehmender Dosis. Prof. Guy Brusselle von der Universität Gent ist Vorsitzender des Wissenschaftsgremiums der ERS und war nicht an der Studie beteiligt. Er erklärte: „Orale Kortikosteroide sind ein wichtiges Medikament für die Akutbehandlung mittelschwerer bis schwerer Asthmaanfälle. Sie reduzieren Entzündungen in den Atemwegen der Patienten während akuter Exazerbationen, erleichtern so das Atmen und verringern das Risiko einer Hospitalisierung.“ Wir wissen, dass ein übermäßiger Gebrauch oraler Steroide – durch häufige oder gar chronische Einnahme – die Gesundheit der Patienten langfristig schädigen, da diese Medikamente viele Nebenwirkungen haben. Alternative Behandlungen wie mit Biologika können eine Möglichkeit bieten, die Langzeitanwendung von oralen Kortikosteroiden zu reduzieren, aber die Unterstützung von Patienten bei der Verbesserung ihrer Inhalationstechnik und der Adhärenz in Bezug auf andere Asthmamedikamente, hauptsächlich Inhalatoren, wird die Notwendigkeit der Verwendung oraler Kortikosteroide einschränken und dazu beitragen, die Gesundheit von Asthmapatienten insgesamt besser zu schützen.“
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