Sehen durch Deep Learning verstehen – ERC-Grant für Osnabrücker Kognitionswissenschaftler27. Januar 2022 Prof. Tim C. Kietzmann von der Universität Osnabrück erforscht das menschliche Sehvermögen und wird für sein Vorhaben mit einem ERC Starting Grant in Höhe von 1,5 Millionen Euro gefördert. Foto: Jens Raddatz/Universität Osnabrück Mithilfe computergestützter Methoden der Künstlichen Intelligenz wie Deep Learning wird in den nächsten fünf Jahren an der Universität Osnabrück das menschliche Sehvermögen aus kognitionswissenschaftlicher Sicht untersucht. Der Hirnforscher Tim Kietzmann, Professor für Maschinelles Lernen, erhält für sein interdisziplinäres Vorhaben „TIME – Towards a dynamic account of natural vision“ einen ERC Starting Grant der Europäischen Union mit einer Fördersumme von 1,5 Millionen Euro. „In meinem ERC-geförderten Projekt geht es um die grundlegende Frage, wie unser Gehirn visuelle Informationen aus unserer Umwelt verarbeitet“, erklärt Kietzmann, der nach vielen Jahren im Ausland nun mit seiner Forschungsgruppe zurück an das Institut für Kognitionswissenschaft der Universität Osnabrück wechselt.„Beim Sehen greifen verschiedene Aspekte dynamisch ineinander. Wir wollen uns diesen faszinierenden Prozess genauer anschauen: Durch das Sehen werden in nur einem Augenblick visuelle Informationen gefiltert und ausgewählt, sie werden im Hirn verarbeitet und mit vielen weiteren bekannten Informationen zusammengebracht. Gleichzeitig laufen etliche Prozesse ab, etwa die Entscheidung, wann und wohin wir unsere Augen bewegen um weitere Informationen zu sammeln.“ Um diese ineinandergreifenden Prozesse besser zu verstehen, werden Kietzmann und sein Team hochauflösende Messungen von Hirnströmen vornehmen und mithilfe von Methoden des Maschinellen Lernens analysieren und modellieren.Zentral für das Vorhaben sei, so die Universität Osnabrück, dass Kietzmann die Selektion, Verarbeitung und Integration von visuellen Informationen nicht als eine Kaskade von Verarbeitungsschritten aus Signalen der Netzhaut betrachte. Stattdessen nehme er mit dem Projekt „TIME – Towards a dynamic account of natural vision“ die visuelle Verarbeitung als einen Prozess an, der sich über Zeit und Raum dynamisch erstreckt. „Das ermöglicht uns, das menschliche Sehen auf eine viel natürlichere Weise als bisher zu betrachten. So können wir zum Beispiel Augenbewegungen und die dazugehörigen Entscheidungsprozesse in den Modellen mitberücksichtigen“, so Kietzmann.Zielsetzung: KI-basierte Prognosen zum menschlichen SehverstehenMethodisch wird der Kognitionswissenschaftler insbesondere tiefe neuronale Netzwerke für seine Fragestellungen nutzen, um die im Gehirn ablaufenden Netzwerkprozesse auf Hochleistungs-Computer-Clustern in komplexen Modellen zu simulieren. Die Modelle speisen sich aus einer großen Menge an Hirndaten, die aus hochauflösenden bildgebenden Verfahren gezogen werden. Das sogenannte „Deep Learning“ soll somit KI-basierte Prognosen zum menschlichen Sehverstehen ermöglichen, erklärt Kietzmann. „Wir erhoffen uns durch den ERC Grant nicht nur ein besseres Verständnis menschlichen Sehens, sondern grundlegende Einsichten in kortikale Informationsverarbeitung, sowie effizientere, robustere, selbstlernende Künstliche Intelligenz und Computer Vision Systeme.“Kietzmann, zuvor Associate Principal Investigator am Donders Institute for Brain, Cognition and Behaviour der Radboud Universität in den Niederlanden, ist auf die Professur „Maschinelles Lernen“ der Universität Osnabrück berufen und vereidigt worden. Sie wird als neue Stiftungsprofessur gemeinsam von Landkreis Osnabrück, Stadt Osnabrück, IHK Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim, Kampmann GmbH & Co. KG, Schoeller GmbH, Krone GmbH & Co. KG und Stiftung Georgsmarienhütte getragen.Kietzmann hat am Institut für Kognitionswissenschaft der Universität Osnabrück den Bachelor und Master studiert und dort in enger Zusammenarbeit mit dem Vanderbilt Vision Research Centre in den USA promoviert. Nach seiner Zeit in Osnabrück wechselte er für mehrere Jahre an die Universität Cambridge, wo er eine Gruppenleitung übernahm. Darauf folgend wurde er zum Assistant Professor am Donders Institut berufen und kehrt jetzt nach vielen Jahren im Ausland zurück nach Osnabrück.Kietzmanns Forschungsschwerpunkt liegt auf der interdisziplinären Entwicklung von neurowissenschaftlich-inspirierten Methoden des Maschinellen Lernens. Dienstantritt von Kietzmann an der Universität Osnabrück ist der 1. Februar 2022.
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