Selen-Proteine: Neuer Ansatzpunkt für die Krebsforschung15. November 2024 Zellbiologe Prof. Pedro Friedmann Angeli (rechts) zusammen mit Erstautor Zhiyi Chen. Bild: Zhiyi Chen Eine aktuelle Studie der Uni Würzburg zeigt, wie ein wichtiges Enzym in unserem Körper bei der Produktion von Selen-Proteinen unterstützt – für die Behandlung von Krebs bei Kindern könnte diese Entdeckung neue Strategien eröffnen. Eigentlich sind Proteine, die das Element Selen enthalten, für uns Menschen überlebenswichtig: Sie helfen beim Abbau schädlicher Stoffe in unserem Körper, unterstützen das Immunsystem und spielen eine wichtige Rolle bei Stoffwechselprozessen. Allerdings können sie auch unerwünschte Aktivitäten entfalten – so etwa das Protein Glutathionperoxidase 4 (GPX4), das Krebszellen vor dem Zelltod schützt. „Diese Schutzfunktion von GPX4 stellt eine große Herausforderung für Standard-Krebstherapien dar, weil sie das Überleben von Krebszellen trotz Medikamentenzugabe begünstigt“, erklärt Pedro Friedmann Angeli, Professor am Lehrstuhl für Translationale Zellbiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). „Umgekehrt heißt das: Wenn es uns gelingt, die Produktion von GPX4 zu hemmen, können wir möglicherweise Krebszellen gezielter angreifen und zerstören. Das ist besonders vielversprechend für die Behandlung des Neuroblastoms, das vor allem Kinder betrifft.“ Krebszellen anfälliger machen Gemeinsam mit Forschenden des Heidelberg Institute for Stem Cell Technology and Experimental Medicine um Juniorgruppenleiter Hamed Alborzinia fokussiert sich Friedmann Angelis Lehrstuhl deshalb auf die Forschung zur Hemmung von Enzymen, die die Produktion von Selenproteinen fördern. „Bislang war nur bekannt, dass ein Enzym namens Selenocystein-Lyase (SCLY) diese Funktion übernimmt“, sagt Zhiyi Chen, Doktorand in Friedmann Angelis Team und Erstautor der Studie. „Unsere Forschung hat nun aber ein weiteres Protein identifiziert, das dazu beiträgt, die Selen-Protein-Produktion aufrechtzuerhalten, wenn SCLY nicht vorhanden ist: Peroxiredoxin 6, kurz PRDX6.“ Mittels modernster Techniken wie Massenspektrometrie und CRIPSR-Cas9-basierte Genomik entdeckte das Forschungsteam, dass PRXD6 sich direkt an Selen bindet und das Spurenelement – ähnlich wie ein Shuttle – zur weiteren Protein-Produktion transportiert. In der Studie konnte das Forschungsteam auch zeigen, dass die Hemmung von PRXD6 bei der Behandlung von Neuroblastomen von Vorteil sein könnte. Nächste Schritte in der Krebsforschung Eine weitere Erkenntnis: Obwohl PRXD6 Zellen helfen kann, in Abwesenheit von Selenocystein-Lyase (SCLY) zu überleben, zeigt es nicht die gleiche hohe enzymatische Aktivität. In weiteren Forschungen will Friedmann Angelis Team nun herausfinden, welche zusätzlichen Proteine zusammen mit PRXD6 die erforderliche enzymatische Rolle von SCLY übernehmen. Zudem plant es die Entwicklung von molekularen Hemmstoffen, die sowohl auf SCLY als auch auf PRXD6 abzielen, um das Wachstum von Krebszellen besser einzuschränken. Beteiligt an der Studie waren neben der Universität Würzburg auch die Universität São Paulo in Brasilien, das Heidelberg Institute for Stem Cell Technology and Experimental Medicine sowie das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ). Finanzielle Unterstützung gab es vom Rudolf-Virchow-Zentrum der Universität Würzburg, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der EU-H2020 (ERC-CoD, DeciFERR) und der José Carreras Leukämie-Stiftung.
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