Sellerie: Mögliche Biomarker für erhöhtes Risiko für schwere allergische Reaktionen23. Mai 2024 Foto: Marén Wischnewski/stock.adobe.com Sellerie birgt das Risiko schwerer allergischer Reaktionen, insbesondere bei Personen mit Beifußpollen-Sensibilisierung. Eine aktuelle Studie hat mögliche Biomarker identifiziert, um Personen mit erhöhtem Anaphylaxie-Risiko zu identifizieren. Die Studie weist auf eine wichtige Rolle von Defensin als kreuzreaktives Allergen in Beifußpollen (Art v 1) und Sellerie (Api g 7) und seine Verbindung mit schweren und potenziell lebensbedrohlichen allergischen Reaktionen auf Sellerie hin. Die Immunglobulin-E-Testung (IgE) auf Api g 7 könnte ein wichtiger Biomarker sein, um Personen mit erhöhtem Anaphylaxie-Risiko zu erkennen. Über die Ergebnisse berichtet das Journal of Allergy and Clinical Immunology in seiner Online-Ausgabe vom 17.05.2024. Sellerie (Apium graveolens) ist eine der wichtigsten Ursachen für Nahrungsmittelallergien gegen Gemüse und betrifft schätzungsweise rund eine von 200 erwachsenen Europäerinnen und Europäern (Prävalenz: 0,45 %). Die mit einer Sellerieallergie verbundenen Symptome reichen von lokalen Reaktionen im Mundbereich bis hin zu schwerer Anaphylaxie. Das Europäische Anaphylaxie-Register NORA (Network for Online-Registration of Anaphylaxis) identifizierte Sellerie als auslösendes Lebensmittel in sechs Prozent der registrierten Fälle bei Erwachsenen. Darüber hinaus gehört Sellerie zu den Lebensmitteln, die häufiger Anaphylaxie verursachten, als aufgrund der Prävalenz der Sellerieallergie erwartet wurde. Sellerie – kritisch bei bestehender Allergie Die beiden am häufigsten verzehrten Selleriesorten sind die Wurzel (Apium graveolens var. rapaceum, Knollensellerie) und der Stengel (Apium graveolens var. dulce, Staudensellerie). Die Anaphylaxie auf Sellerie wird am häufigsten auf Knollensellerie zurückgeführt. Da die Selleriewurzel nicht nur roh oder gekocht verzehrt wird, sondern auch als Gewürz in industriell hergestellten zusammengesetzten Lebensmittelprodukten verwendet wird, ist sie als potenzielles „verstecktes“ Allergen bedeutsam. Das Risiko für Allergikerinnen und Allergiker wird zusätzlich durch die Tatsache verschärft, dass der ED10-Wert, also die niedrigste Dosis, die erforderlich ist, um bei zehn Prozent der allergischen Bevölkerung eine allergische Reaktion auszulösen, zehnmal geringer ist als der ED-10-Wert bei Erdnussallergie. Zudem sind Sellerieallergene stabil gegenüber Hitze im Rahmen der Nahrungsmittelverarbeitung. Damit ist Sellerie ein kritisches Lebensmittel für die Verbraucherinnen und Verbraucher mit bestehender Allergie. Sellerie und seine Erzeugnisse unterliegen in der Europäischen Union der Kennzeichnungspflicht für Lebensmittelallergene. Auslöser für das Sellerie-Beifuß-Syndrom Klinische Beobachtungen zeigten, dass schwere systemische allergische Reaktionen auf Sellerie hauptsächlich bei Personen mit Beifußpollen-Sensibilisierung auftreten. Beifuß (Artemisia vulgaris) ist eine der Hauptursachen für Unkrautpollenallergien in Europa. Allerdings sind die relevanten kreuzreaktiven Allergene, die die molekulare Grundlage des Sellerie-Beifuß-Syndroms erklären, nach wie vor nicht eindeutig identifiziert. In früheren Arbeiten hatte eine internationale Forschungsgruppe unter der Leitung von apl. Prof. Stefan Vieths, komm. Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, bereits das Defensin Api g 7 als mögliche Ursache für die Kreuzreaktivität zwischen Knollensellerie-Allergie und Beifußpollen-Sensibilisierung ausgemacht. Defensine sind kleine Polypeptide, die in allen tierischen Organismen und höheren Pflanzen zur Abwehr von mikrobiellen Erregern vorkommen. Klinische Studie zum Zusammenhang zwischen IgE-Antikörpern und Allergie-Schweregrad Jetzt hat eine Forschungsgruppe unter Leitung Vieths und Prof. Barbara Ballmer-Weber (Zürich / St. Gallen) eine umfassende diagnostische Studie bei Betroffenen mit einer bestätigten Allergie gegen Sellerieknolle durchgeführt. Das Ziel der Untersuchung war es, die molekulare Basis des Sellerie-Beifuß-Syndroms zu entschlüsseln und dabei die Bedeutung von Api g 7 zu überprüfen. 79 Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie gegen Sellerie unterzogen sich hierzu einer standardisierten Befragung und medizinischen Untersuchungen. Die wichtigsten Einschlusskriterien waren eine positive Reaktion nach Gabe von kleinen Mengen Sellerie unter kontrollierten Bedingungen oder eine eindeutige Anamnese einer schweren Anaphylaxie. Im Blutserum wurden IgE-Antikörper gegen sieben Sellerieallergene und drei Beifußallergene bestimmt. 30 der 79 Studienteilnehmenden litten unter leichten Symptomen im Mund-Nasen-Augenbereich und 49 Personen unter systemischen, d. h. potenziell den ganzen Organismus betreffenden Reaktionen. 68 Prozent hatten IgE gegen Sellerieextrakt, 80 Prozent gegen Birkenpollen und 77 Prozent gegen Beifußpollen. IgE gegen Api g 7, die bei 52 % der Patientinnen und Patienten nachgewiesen wurden, korrelierten eng mit IgE gegen Art v 1 aus Beifußpollen. Das Chancenverhältnis für eine schwere anaphylaktische Reaktion und nicht nur leichte orale Symptome war etwa sechsmal höher für Personen, die gegen Api g 7 sensibilisiert waren im Vergleich zu Personen ohne Sensibilisierung geben Api g 7. Die diagnostische Sensitivität der IgE-Messung auf Sellerie betrug in der Studienpopulation 68 Prozent und schien durch die Unterrepräsentation von Api g 7 im Allergenextrakt begrenzt zu sein. Durch Einsatz einer Kombination von gereinigten Einzelallergenen stieg die Sensitivität auf über 90 % an. Die Ergebnisse bestätigen die wichtige Rolle von Defensin als kreuzreaktives Allergen in Beifußpollen (Art v 1) und Sellerie (Api g 7) und weisen auf seine Verbindung mit schweren und potenziell lebensbedrohlichen allergischen Reaktionen auf Sellerie hin. Ob Homologe von Api g 7 eine ähnliche Rolle bei schweren Beifußpollen-assoziierten Gewürzallergien spielen, muss in zukünftigen Studien untersucht werden.
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