Seltene Funktionsverlust-Varianten erhöhen das Risiko für Bipolare Störungen

Wissenschaftler von deCODE genetics, einem Tochterunternehmen von Amgen, haben Assoziationen zwischen seltenen Loss-of-Function-Varianten in zwei Genen und Bipolarer Störung gefunden.

Die bipolare Störung ist eine hochgradig vererbbare und ernste Erkrankung, die unbehandelt mit einer hohen Selbstmordrate einhergeht. Zwar gibt es mehrere stimmungsstabilisierende Medikamente zur Behandlung der Störung, dennoch werden dringend bessere Behandlungsmethoden benötigt.

In den vergangenen 15 Jahren konnten durch genomweite Assoziationsstudien Hunderte von DNA-Sequenzvarianten identifiziert werden, die mit dem Risiko psychiatrischer Erkrankungen, einschließlich der Bipolaren Störung, in Verbindung stehen. Bei diesen Biomarkern handelt es sich um häufige Genvarianten, die für sich betrachtet ein geringes Risiko mit sich bringen, in ihrem Zusammenwirken aber einen beträchtlichen Teil der Varianz bei psychiatrischen Merkmalen und Störungen erklären. Varianten, bei denen ein Funktionsverlust von Genen vorhergesagt wird, sind in der Regel selten, versprechen aber viel Aufschluss über die zugrunde liegende Biologie.

Um die in seltenen Loss-of-Function(LOF)-Varianten enthaltenen Informationen zu nutzen, führten die Wissenschaftler eine Variantenbelastungsanalyse für die Bipolare Störung durch. Dabei verwendeten sie eine genbasierte Aggregation von LOF-Varianten in Ganzgenomsequenzierungsdaten aus Island und der UK Biobank und nutzten Daten aus der Bipolar Exomes-Studie (BipEx) für Replikations- und weitere Metaanalysen. Die Studie ergab einen Zusammenhang zwischen LOF-Varianten in zwei Genen (HECTD2 und AKAP11) und Bipolarer Störung. Die Assoziationen mit der Bipolaren Störung sind neu, allerdings wurde AKAP11 früher bereits mit Psychosen und Schizophrenie in Verbindung gebracht.

AKAP11 kodiert ein Verankerungsprotein, an das regulatorische Untereinheiten der Proteinkinase A (PKA) binden, was dazu führt, dass die PKA an bestimmte zelluläre Orte gebunden wird. HECTD2 kodiert eine E3-Ubiquitin-Ligase, die Proteinen mehrere Ubiquitin-Gruppen hinzufügt und sie damit für die Zerstörung durch das Proteasom markiert. Die Produkte von AKAP11 und HECTD2 interagieren mit der Glykogensynthase-Kinase 3β (GSK-3β), einem Protein, das von Lithium, dem wirksamsten Stimmungsstabilisator zur Behandlung der bipolaren Störung, gehemmt wird. Diese Ergebnisse deuten den Forschenden zufolge auf die Störung spezifischer zellulärer Signalwege bei Bipolaren Störungen hin und machen die Genprodukte von AKAP11 und HECTD2 zusammen mit GSK-3β zu vielversprechenden Zielen bei der Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten für die psychische Erkrankung.