Semaglutid: Medikamente zur Gewichtsreduktion werden mit seltener Augenerkrankung in Verbindung gebracht5. Juli 2024 Foto: © motortion/stock.adobe.com Eine neue Studie unter der Leitung des Mass Eye and Ear ergab, dass Patienten, denen Semaglutid zur Behandlung von Diabetes oder zur Gewichtsabnahme verschrieben wurde, ein höheres Risiko für die potenziell zur Erblindung führende Augenerkrankung nicht-arteriitische anteriore ischämische Optikusneuropathie (NAION) hatten. Die Untersuchungen zeigten, dass Diabetiker die Semaglutid einnahmen eine viermal so hohe Wahrscheinlichkeit zeigten, an NAION zu erkranken. Bei übergewichtigen oder fettleibigen Personen, denen dieses Medikament verschrieben wurde, war die Wahrscheinlichkeit mehr als siebenmal so hoch. Geleitet wurde die Arbeit von Dr. Joseph Rizzo, Direktor des Neuro-Ophthalmologischen Dienstes am Mass Eye and Ear, Massachusetts, USA und Simmons Lessell Professor für Augenheilkunde an der Harvard Medical School, Boston, USA. Die Ergebnisse ihrer Studien wurden im Fachjournal „JAMA Ophthalmology“ veröffentlicht. „Der Einsatz dieser Medikamente hat in den Industrieländern explosionsartig zugenommen, und sie haben in vielerlei Hinsicht erhebliche Vorteile gebracht, aber bei künftigen Gesprächen zwischen einem Patienten und seinem Arzt sollte das potenzielle Risiko für NAION berücksichtigt werden“, betont Rizzo, korrespondierender Autor der Studie und fügt hinzu: „Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass das erhöhte Risiko mit einer Erkrankung zusammenhängt, die relativ selten ist.“ NAION ist zwar selten aber dennoch die zweithäufigste Erkrankung, die zur Degeneration des Sehnervs führt. Die Forschung geht davon aus, dass NAION durch einen verminderten Blutfluss zum Sehnervenkopf verursacht wird, was zu einem dauerhaften Sehverlust auf einem Auge führt. Laut Rizzo ist der durch NAION verursachte Sehverlust schmerzlos. Er schreite über viele Tage hinweg fort, bevor er sich stabilisiere. Dennoch verbessere sich das Sehvermögen in der Regel kaum. Derzeit gebe es keine wirksamen Behandlungsmöglichkeiten für NAION. Der Anstoß für die Studie erfolgte im Spätsommer 2023, als Rizzo, eine Assistenzärztin (Mitautorin der Studie, Seyedeh Maryam Zekavat, MD, PhD) und andere Neuroophthalmologen vom Mass Eye and Ear einen beunruhigenden Trend bemerkten – bei drei Patienten in ihrer Praxis war innerhalb von nur einer Woche ein Sehverlust aufgrund dieser relativ seltenen Erkrankung des Sehnervs diagnostiziert worden. Die Ärzte stellten fest, dass alle drei Patienten Semaglutid einnahmen. Diese Auffälligkeit veranlasste das Forschungsteam, eine rückblickende Analyse ihrer Patientenpopulation vorzunehmen. Sie überprüften, ob ein Zusammenhang zwischen dem Ausbruch dieser Erkrankung und der Semaglutideinnahme besteht. Die Forscher analysierten die Aufzeichnungen von mehr als 17.000 Patienten, die in den sechs Jahren seit der Markteinführung behandelt wurden. Sie unterteilten die Patienten nach den Diagnosen: Diabetes oder Übergewicht/Fettleibigkeit. Die Wissenschaftler verglichen die Patienten, die Semaglutid einnahmen, mit denen, die andere Medikamente zur Behandlung von Diabetes oder zur Gewichtsreduktion erhalten hatten. Anschließend ermittelten sie die Häufigkeit der NAION-Diagnosen in den einzelnen Gruppen. Einschränkungen der Studie Die Studie weist, laut der Autoren, einige Einschränkungen auf. Im Mass Eye and Ear würden ungewöhnlich viele Menschen mit seltenen Augenkrankheiten behandelt, die Studienpopulation sei mehrheitlich weiß, und die Zahl der NAION-Fälle, die während des sechsjährigen Studienzeitraums beobachtet wurden, sei relativ gering. Bei kleinen Fallzahlen können sich Statistiken schnell ändern, bemerkte Rizzo. Die Forscher konnten zudem nicht feststellen, ob die Patienten ihre Medikamente tatsächlich eingenommen haben oder ob sie die Einnahme von Semaglutid begonnen und dann wieder abgesetzt haben. Zudem können die Wissenschaftler nicht sagen, wie sich dies auf ihr Risiko ausgewirkt haben könnte. Wichtig sei, dass die Studie keinen Kausalitätsnachweis erbringt, und die Forscher wissen nicht, warum oder wie dieser Zusammenhang besteht. Sie können auch keine Aussage darüber machen, warum es einen Unterschied zwischen den Gruppen der Diabetiker und der Übergewichtigen gab. „Unsere Ergebnisse sollten als signifikant, aber vorläufig angesehen werden, da zukünftige Studien erforderlich sind, um diese Fragen in einer viel größeren und vielfältigeren Population zu untersuchen“, merkte Rizzo an und fügte abschließend hinzu: „Dies sind Informationen, die wir bisher nicht hatten, und sie sollten in die Gespräche zwischen Patienten und ihren Ärzten einbezogen werden, vor allem, wenn Patienten andere bekannte Probleme mit dem Sehnerv haben, wie zum Beispiel ein Glaukom, oder wenn bereits ein erheblicher Sehverlust aus anderen Gründen besteht.“
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