Sexuell übertragbare Infektionen: BVF und DSTIG fordern neue Strategien zur Prävention

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Der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) und die Deutsche STI-Gesellschaft (DSTIG) fordern eine umfassendere Strategie zur Prävention und Aufklärung von sexuell übertragbaren Infektionen (STI) – mit besonderem Fokus auf Entstigmatisierung.

Laut Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG, ehemals BZgA) sind Kondome das meistgenutzte Verhütungsmittel unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen – noch vor hormonellen Kontrazeptiva. 67 Prozent dieser Altersgruppe geben an, Kondome zu verwenden, was deren Bedeutung als Doppelstrategie (Schutz vor Schwangerschaft und STI) unterstreicht, heißt es in der Pressemitteilung des BVF und der DSTIG. Dennoch sehen nur 16 Prozent der Befragten den STI-Schutz als Hauptgrund für die Nutzung (3).

„Obwohl vielen jungen Menschen Safer-Sex-Praktiken bekannt sind, zeigt sich in der Anwendung eine Lücke. Das spiegelt sich auch in den weiterhin steigenden Infektionszahlen wider. Insbesondere beim Thema STI fehlt oftmals das Wissen, dass ein Kondom zwar ‚safer‘ ist, aber nicht automatisch ‚safe sex‘ bedeutet“, erklärt Prof. Norbert Brockmeyer, Präsident der DSTIG.

Ein gesamtgesellschaftliches Problem

Zahlen des Robert Koch-Instituts und internationale Studien zeigen laut BVF und DSTIG eine besorgniserregende Entwicklung: Syphilis-Fälle stiegen in Deutschland zwischen 2021 und 2022 um 23 Prozent. Weltweit nehmen zudem Resistenzen gegen gängige Antibiotika zur Behandlung der Gonorrhoe zu (4).

„Die zunehmende sexuelle Aktivität in nahezu allen Altersgruppen, insbesondere auch bei den über 50-Jährigen – etwa durch Online-Dating – erfordert neue Ansätze in der Prävention. STIs sind längst kein Thema mehr, das nur junge Menschen oder bestimmte Risikogruppen betrifft“, betont Dr. Klaus Doubek, Präsident des BVF.

Mehr Aufklärung für alle Generationen

Die demografische Entwicklung und sich verändernde sexuelle Lebensrealitäten fordern laut BVF und DSTIG eine Anpassung der Präventionsstrategien. Die beiden Verbände setzen sich dafür ein, dass altersgerechte und zielgruppenspezifische Präventionsangebote ausgebaut werden:

  • Für junge Menschen: Niedrigschwellige Angebote, wie beispielsweise die M1 Mädchensprechstunde in der Regelversorgung, Aufklärung in der Schule und in digitalen Medien, die auf die Bedeutung von Safer Sex und regelmäßigen STI-Tests hinweisen.
  • Für beide Geschlechter: Den Nutzen von Kondomen über die Empfängnisberatung hinaus sowie effektive Screening- und Behandlungsmöglichkeiten für beide Geschlechter – insbesondere wegen unbemerkten Überträgern, etwa symptomlose Partner.
  • Für ältere Generationen: Aufklärung in medizinischen Einrichtungen und der breiten Öffentlichkeit, um das Tabuthema Sexualität im Alter zu entstigmatisieren.

„STI-Prävention bedeutet nicht nur Schutz, sondern auch Dialog – und den Abbau gesellschaftlicher Vorurteile. Nur so gelingt frühzeitige Diagnostik und Versorgung“, betont Brockmeyer.

„Für Frauen in allen Lebensphasen ist die frauenärztliche Praxis zentrale Anlaufstelle, wenn eine Infektion vermutet wird oder eine sexualmedizinische Begleitung gewünscht ist. Das Chlamydien-Screening beispielsweise wird bis zum Alter von 25 Jahren einmal im Jahr von den Krankenkassen übernommen. Die Tests sind sinnvoll mit einer ärztlichen Beratung zu verbinden und eine notwendige und zielführende Behandlung kann rasch eingeleitet werden“, ergänzt Doubek.

Quellenangaben:
(1) https://www.bzga.de/presse/pressemitteilungen/2024-11-21-neun-von-zehn-jungen-menschen-in-deutschland-verhueten-zwei-drittel-nutzen-kondome/
(2) https://www.zdfheute.de/panorama/gesundheit-infektionen-sex-zahlen-steigen-100.html
(3) https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/Infoblatt_Studie_Verh%C3%BCtungsverhalten_2024-20241115_FINAL.pdf
(4) https://de.statista.com/themen/9917/sexuell-uebertragbare-krankheiten-sti/
(5) https://www.rki.de/DE/Aktuelles/Publikationen/Epidemiologisches-Bulletin/2025/26_25.pdf
(6) https://www.aidshilfe.de/medien/md/menschen-mit-hiv-in-praxis-klinik-und-pflege/fachinformation-fuer-gesundheitsberufe-pflege-lehre-therapie/stigma-und-diskriminierung/