Sicherheit in der Klinik: Krankenhäuser reagieren auf Bedrohung durch Attentate1. September 2021 Foto: SZ-Designs – stock.adobe.com Die Analyse der Sicherheitslage von Kliniken liefert ein vorwiegend positives Bild, lautet das Fazit einer Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Allerdings müssten mehr regelmäßige Übungen zu Schadenslagen durchgeführt werden. „Als Teil der kritischen Infrastruktur können Kliniken selbst Opfer eines Amoklaufs oder eines terroristisch motivierten Anschlags werden. Auch wenn es bereits eine gute Basis gibt, müssen Krankenhäuser und Mitarbeitende weiter in ihrem Bemühen gestärkt werden, um solch eine extreme Situation erfolgreich zu beherrschen. Denn auch die aktuellen Entwicklungen in Afghanistan könnten mittelfristig zu einer weiteren Zunahme von terroristischen Anschlägen führen“, führt Prof. Michael J. Raschke, DGU-Präsident und Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Universitätsklinikum Münster, aus. Die Krankenhäuser sind sich nach Angaben der DGU ihrer Situation bewusst. Vielfach sei daher die bestehende Krankenhausalarm- und -einsatzplanung (KAEP) an die neuen Herausforderungen angepasst worden. Auch die Alarmierungswege und Meldeketten sind laut der Fachbgesellschaft bei den meisten Krankenhäusern auf dem neuesten Stand und die Netzwerkarbeit zwischen den TraumaZentren der DGU habe sich etabliert. Entwicklungspotenziale sieht die DGU noch in einigen nachgeordneten Bereichen sowie bei Abläufen und Routinen, die ein wesentliches Element zur Vorbereitung auf ein schweres Gefahrenereignis seien. Hier müssten deutlich mehr und regelmäßig Übungen zu besonderen Einsatzlagen stattfinden. Die DGU verweist dabei auf ihre Umfrage unter Klinikverantwortlichen und leitenden Notfallmedizinern auf der 3. Notfallkonferenz der DGU, die “wertvolle Zahlen zum Sicherheitsstand in bundesdeutschen Kliniken” geliefert habe. Nur ein Viertel der Befragten habe demzufolge berichtet, dass einmal pro Jahr eine Krisenübung stattfindet. Bei mehr als der Hälfte lag eine derartige Krankenhausübung sogar bis zu fünf Jahre zurück. „Ein zu langer Zeitraum, um vorhandene Schwächen oder Schnittstellenprobleme in der Organisation und den internen Abläufen zu erkennen“, betont Prof. Axel Franke, Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz und Leiter der DGU-Arbeitsgruppe Einsatz-, Katastrophen und Taktische Chirurgie (AG EKTC). „Krisenübungen zeigen, ob es im Krankenhaus an irgendeiner Stelle hakt. Aber auch, ob das Zusammenspiel mit öffentlichen Behörden klappt, die Zuständigkeiten klar definiert sind und die Kommunikationswege funktionieren. Daher sollten sie nach Möglichkeit regelmäßig einmal pro Jahr stattfinden und die Kernbereiche des Krankenhauses aktiv mit einbeziehen“, ergänzt der stellvertretende EKTC-Leiter Dr. Gerhard Achatz. Der Oberfeldarzt am Bundewehrkrankenhaus Ulm hat die Umfrage zusammen mit weiteren Kollegen der AG EKTC initiiert. Eine Ursache, warum es bei der Durchführung von Krisenübungen eine solche Streuung zwischen den Krankenhäusern gibt, liegt nach Angaben der DGU in dem beträchtlichen organisatorischen und finanziellen Aufwand. Bisherigen Erfahrungen nach verursache ein Training regelhaft Kosten in Höhe von 100.000 Euro und mehr. Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser sei jedoch sehr unterschiedlich und die Verantwortung für dieses Thema falle im Rahmen der Daseinsvorsorge weitgehend in die Zuständigkeit der betroffenen Gebietskörperschaften, erklärt die Fachgesellschaft. „Die Sensibilisierung für das Thema ist zwar vorhanden, aber nicht jedes Krankenhaus kann eine solche Summe aus dem laufenden Betrieb heraus erwirtschaften“, sagt Prof. Benedikt Friemert, 2. Vizepräsident der DGU und Oberstarzt am Bundeswehrkrankenhaus Ulm. Ein wichtiger Hebel, um in Gefahrensituationen schnell und abgestimmt zu reagieren, ist der KAEP, was auch die Umfrage gezeigt habe. Dieser zufolge liegen derartige Pläne in 84 Prozent der befragten Kliniken vor. Bei knapp zwei Dritteln seien sie in den vergangenen drei Jahren auch aktualisiert und angepasst worden. In einer konkreten Gefahrensituation kommt es laut der Experten darauf an, dass alle Verantwortlichen und Betroffenen schnell informiert werden. Dies setze ein Alarmierungsverfahren voraus, dass auf dem neuesten Stand ist. Viele Krankenhäuser hätten in den letzten Jahren nachgerüstet. Laut der Umfrage findet die Alarmmeldung bei 60 Prozent der Befragten in den eigenen Häusern automatisiert und abgestuft statt. “Die computergestützten Systeme ermöglichen die gleichzeitige Alarmierung einer großen Personenzahl. Parallel lassen sich unterschiedliche Alarmierungswege nutzen: Festnetz, Mobilfunk, E-Mail oder SMS”, erklärt die DGU. Bezüglich des Themas Kommunikation ergab die Umfrage laut der Fachgesellschaft ein differenziertes Bild. So bestätigen die Befragten, dass im Zusammenspiel innerhalb der TraumaNetzwerke bei 66 Prozent konkrete Absprachen vorliegen und der fachliche Austausch im Rahmen der etablierten Netzwerkstrukturen regelmäßig stattfindet. Zugleich ergab die Befragung aber auch, dass bei der Hälfte der Krankenhäuser keine Informationsveranstaltungen zu diesem Thema durchgeführt werden. Diese dienten Mitarbeitenden dazu, für das Thema zu sensibilisieren, gemeinsame Vorgehensweise zu kommunizieren oder interne Abläufe und etablierte Prozesse kritisch zu hinterfragen. Literatur:Die DGU-AG EKTC hat zu diesem Thema einen Fachbeitrag in der Fachzeitschrift „Der Unfallchirurg“ veröffentlicht: Hoth et. al. Sicherheitsaspekte und Vorbereitung zur Notfallvorsorge und Gefahrenabwehr in Kliniken bei MANV/TerrorMANV – Ausblick auf zukünftige Herausforderungen anhand von Umfrageergebnissen zur 3. Notfallkonferenz der DGU
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