Sieben von acht Tonsillektomien sind unnötig29. November 2018 Foto: ©Kzenon – fotolia.de Wie britischer Forscher herausgefunden haben, ist die Mehrzahl der Tonsillektomien bei Kindern unnötig: Sieben von acht Kindern profitieren laut der aktuellen Studie nicht von der Entfernung der Mandeln. Die Forscher der Universität Birmingham haben für ihre retrospektive Kohortenstudie die elektronischen Patientendaten von 1,6 Millionen Kindern zwischen 0 und 15 Jahren aus 700 Allgemeinarztpraxen im Zeitraum zwischen 2005 und 2016 ausgewertet. Ergebnis der Analyse: Von 18.2071 Kindern, denen in diesem Zeitraum die Mandeln entfernt wurden, hatten nur 2144 (11,7 %) so oft eine Halsentzündung, dass der Eingriff gerechtfertigt war. Die Wissenschaftler vom Institute of Applied Health Research der Universität Birmingham schlossen aus ihren Ergebnissen, dass sich in Großbritanninen jährlich 32.500 Kinder einer unnötigen Tonsillektomie unterziehen müssen. Die Kosten dafür belaufen sich nach den Berechnungen der Autoren auf 36,9 Millionen Britische Pfund (41,6 Millionen Euro). Darüber hinaus stellten die Autoren fest, dass Kinder, die möglicherweise von dem Eingriff profitieren würden, keine Tonsillektomie bekommen. Konkret konnten sie zeigen, dass im untersuchten Zeitraum von 15.764 Kindern, die laut ihrer Krankendaten so viele Halsentzündungen hatten, dass eine Tonsillektomie indiziert war, nur bei 2144 (13,6 %) tatsächlich die Mandeln entfernt wurden. Aktuell gehen die britischen Gesundheitsrichtlinien davon aus, dass Kinder von einer Tonsillektomie profitieren, wenn sie mehr als sieben nachgewiesene Halsentzündungen in einem Jahr, mehr als fünf in zwei aufeinander folgenden Jahren oder mehr als drei Halsentzündungen pro Jahr in drei aufeinander folgenden Jahren haben. Laut Studie hatten aber 12,4 Prozent der Kinder, denen die Mandeln entfernt wurden, fünf bis sechs Halsentzündungen in einem Jahr, 44,7 Prozent litten zwei bis vier mal in einem Jahr unter einer Halsentzündung und bei 9,9 Prozent gab es nur eine Halsentzündung in einem Jahr. Autor Tom Marshall, Professor für Public Health and Primary Care der Universität Birmingham sagte: “Forschungsergebnisse zeigen, dass Kinder, die oft unter einer Halsentzündung leiden, in der Regel in den nächsten ein oder zwei Jahren weniger Halsentzündungen haben. Bei Kindern mit vielen Halsenzündungen tritt diese Verbesserung nach einer Tonsillektomie etwas schneller ein, das heißt, der Eingrifft ist gerechtfertigt.” Forschungsergebnisse legten auch nahe, dass Kinder mit weniger Halsentzündungen nicht von einer Tonsillektomie profitieren, weil die Zahl der Entzündungen so oder so mit der Zeit abnehme, so Marshall weiter. “Unsere Ergebnisse zeigen, dass die meisten Kinder, bei denen eine Tonsillektomie durchgeführt wurde, nicht schwer genug betroffen waren, um den Eingriff zu rechtfertigen. Andererseits aber hatten die meisten Kinder, die oft genug unter Halsenzündungen litten, um zu profitieren, eben keine Tonsillkekomie”, fasst Marshall die Ergebnisse der Studie zusammen. Dieses Muster habe sich über den untersuchten Zeitraum auch kaum verändert. Möglicherweise schade eine Tonsillektomie mehr als sie helfe. Immerhin wurde selbst bei den schwer betroffenen Kindern nur einem kleinen Anteil die Mandeln entfernt, so Marshall. “Da fragt man sich, ob eine Tonsillektomie jemals wirklich für irgendein Kind notwendig war.”
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