Sinkender Trend postoperativer Opioidverschreibungen in den USA: Rückgang verlangsamt sich

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Seit einigen Jahren werden in den Vereinigten Staaten immer weniger Opioide zur Schmerzlinderung nach einer Operation verschrieben. Doch dieser Abwärtstrend hat sich laut einer aktuellen Erhebung in „JAMA Network Open“ seit 2020 verlangsamt.

Insgesamt ist der Studie zufolge die Zahl der Opioidverschreibungen im Zusammenhang mit Operationen von 2016 bis Ende 2022 um 36 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig ist die durchschnittliche Menge an Opioiden in diesen Verschreibungen um 46 Prozent gesunken. Die Ergebnisse beruhen auf einer Querschnittsanalyse der Daten aus der IQVIA Longitudinal Prescription Datenbank, welche 92 Prozent der in US-Einzelhandelsapotheken ausgegebenen Rezepte erfasst.

Im Vergleich zu Anfang 2016 seien operierten Patienten in den USA Ende 2022 insgesamt 66 Prozent weniger Opioide verschrieben worden, wie das verantwortliche Studienteam der Universität Michigan berechnete. Allerdings sei der Rückgang vor der Pandemie viel schneller gewesen, berichten die Forscher nach einem Vergleich der chirurgischen Opioidmuster vor und nach 2020. Dies gelte selbst dann, wenn man die ungewöhnlichen Umstände im Frühjahr 2020 berücksichtige, als die meisten elektiven Operationen vorübergehend eingestellt wurden, um Krankenhauskapazitäten für COVID-19-Patienten freizumachen und eine unnötige Belastung durch das SARS-CoV-2-Virus zu vermeiden.

Trotz des allgemeinen Rückgangs erhielten amerikanische OP-Patienten Ende 2022 nach ihren Operationen im Durchschnitt immer noch das Äquivalent von 44 Tabletten á fünf Milligramm Hydrocodon aus der Apotheke. Das ist weit mehr als die Patienten für die meisten Eingriffe benötigen.

Unterschiede nach Fachbereich

Die Forscher stellten außerdem fest, dass einige Chirurgen die Menge der an Patienten abgegebenen Opioide stärker reduziert haben als andere. So war der Rückgang in der Herz-Thorax-Chirurgie und der Augenheilkunde besonders groß. Orthopädische Chirurgen sind den Daten zufolge nach wie vor für mehr als die Hälfte aller im Zusammenhang mit einer Operation verschriebenen Opioide verantwortlich, die an amerikanische Patienten abgegeben werden, auch wenn die Zahl und der Umfang der von ihren Patienten verschriebenen Medikamente zurückgegangen sind.

„Diese Daten deuten darauf hin, dass die chirurgischen Teams die Verschreibung von Opioiden erheblich reduziert haben, aber auch darauf, dass die Bemühungen um die richtige Dosierung von Opioidverordnungen nach Operationen fortgesetzt werden müssen“, sagte Dr. Kao-Ping Chua, der leitende Autor der Studie und Assistenzprofessor für Pädiatrie an der University of Michigan. Er arbeitete mit dem Erstautor Jason Zhang zusammen, der jetzt an der Northwestern University Medizin studiert.

Richtige Dimensionierung der Verschreibung

Die Autoren weisen darauf hin, dass Chirurgen nicht danach streben sollten, die Verschreibung von Opioiden gänzlich zu vermeiden. „Das Ziel sollte sein, sicherzustellen, dass Opioide nur verschrieben werden, wenn es notwendig ist, und dass die verschriebene Menge an Opioiden der Menge entspricht, die die Patienten benötigen“, betont Zhang. „Das Erreichen dieser Ziele könnte dazu beitragen, das Risiko des Opioidmissbrauchs, des dauerhaften Opioidkonsums und der Weitergabe von Tabletten an andere Personen als den Patienten zu verringern.“ Als weitere Gründe, sich auf eine opioidfreie chirurgische Schmerzbehandlung zu konzentrieren, nennen die Wissenschaftler die Möglichkeit einer versehentlichen Exposition gegenüber Opioiden durch andere Personen im Haushalt und die Wechselwirkungen zwischen Opioiden und anderen Substanzen, einschließlich Alkohol und verschreibungspflichtigen Medikamenten.

Chua und Kollegen haben die behandlungsbedingte Verschreibung von Opioiden mehrfach untersucht, darunter auch in einer aktuellen Studie, die zeigt, dass sich der Rückgang der zahnärztlichen Opioidverschreibung in den letzten Jahren ebenfalls verlangsamt hat. Gmeinsam mit dem Michigan Opioid Prescribing Engagement Network (OPEN) haben sie Verordnungsrichtlinien für die chirurgische Versorgung von Erwachsenen und Kindern  entwickelt.

Chirurgische Organisationen und die Centers for Disease Control and Prevention raten Chirurgen seit Mitte der 2010er Jahre, ihren Patienten weniger opioidbasierte akute Schmerzmittel zu verschreiben. Bisher gab es jedoch keine Studien, die die Verschreibungspraxis von Opioiden in der Chirurgie anhand von Daten aus der Pandemiezeit untersucht haben.

(ah)