So verändert Künstliche Intelligenz die Arzt-Patienten-Beziehung

Abbildung: © jakapong/stock.adobe.com (KI-generiert)

Die Arzt-Patienten-Beziehung ist besonders wichtig und schützenswert. Doch wie wird diese durch die fortschreitende Technologisierung der Medizin und speziell durch den Einsatz von KI verändert?

Einige Studien haben sich dieser Frage schon gewidmet. So kann Künstliche Intelligenz (KI) beispielsweise Kliniker durch die Bereitstellung umfassenderer Daten und Einblicke unterstützen, was eine bessere Entscheidungsfindung zur Folge hätte, und die personalisierte Versorgung vorantreibt. Die Einbindung von Patienten mit KI-generierten Erkenntnissen fördert zudem eine kollaborative Umgebung, in der Patientenpräferenzen neben dem klinischen Fachwissen berücksichtigt werden. [1]

Dass KI das Arzt-Patienten-Verhältnis auf vielfältige Weise verändert, bestätigt auch Prof. Markus Langer, Leiter der Abteilung Arbeits- und Organisationspsychologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Er betont, dass sowohl Ärzte als auch Patienten durch den Einsatz von KI-Werkzeugen ihr Verhältnis zueinander neu gestalten können. Insbesondere Patienten profitieren bereits seit längerem von der Möglichkeit, sich im Internet über ihre gesundheitlichen Beschwerden zu informieren und mit einem gewissen Vorwissen in die Arztpraxis zu kommen. Ein KI-basiertes Tool könnte diesen Trend weiter verstärken. „Mit einem KI-basierten Tool könnte man sich das so vorstellen: Sie nutzen eine Hautkrebs-Screening-App und die sagt Ihnen, dass Sie mit diesem Muttermal, das Sie gerade abfotografiert haben, besser in eine Praxis gehen sollten“, erklärt Langer. Solche Tools könnten die Expertise der Patienten erweitern und einen Ausgleich im Verhältnis zu den Ärzten schaffen.

Auf der Seite der Ärzte hingegen könnten KI-Tools dazu beitragen, dass Entscheidungen ermutigt werden, was das Selbstbewusstsein der Ärzte erhöht. Langer weist darauf hin, dass „die KI die Position der Patienten, aber auch die der Ärzte stärken“ könne. Allerdings gibt es auch eine Kehrseite der Medaille, denn diese Entwicklung könnte auch dazu führen, dass Patienten es schwerer haben, ärztlichen Entscheidungen zu widersprechen, wenn diese durch KI gestützt werden.

KI hat zudem das Potenzial, die Effizienz zu steigern, indem sie Routineaufgaben übernimmt und es Ärzten ermöglicht, mehr Zeit für die Interaktion mit den Patienten zu verwenden. Dazu müssen allerdings die Mediziner die zusätzliche Zeit nutzen, um engere Beziehungen zu den Patienten aufzubauen. Der wirksame Einsatz von KI in diesem Zusammenhang setzt auch voraus, dass Gesundheitsdienstleister ihre kommunikativen und sozialen Fähigkeiten verbessern, um einen sinnvollen Umgang mit den Patienten zu gewährleisten. [2]

Trotz der Vorteile gibt es auch erhebliche Herausforderungen. Die Integration von KI in die Gesundheitsversorgung birgt die Gefahr, dass der persönliche Aspekt der Arzt-Patienten-Beziehung beeinträchtigt wird, wenn sie nicht mit Bedacht umgesetzt wird. Die Aufrechterhaltung von Transparenz und Vertrauen ist von entscheidender Bedeutung, weil Diskrepanzen zwischen den KI-Empfehlungen und den Einschätzungen des Arztes zu Misstrauen bei den Patienten führen könnten. Zu den ethischen Überlegungen gehört auch, sicherzustellen, dass KI-Tools frei von Voreingenommenheit sind und dass sie das menschliche Urteilsvermögen ergänzen und nicht ersetzen.

Langer betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer Regulierung. „Wichtig ist zudem festzuhalten, dass nicht nur das Expertenwissen in die Technik fließt, sondern auch die Interessen unterschiedlicher Stakeholder und das kann gegebenenfalls gefährlich sein“, so seine Warnung.

Eine weitere Herausforderung sieht Langer in der Verunsicherung, die KI bei Ärzten auslösen kann. So mancher Arzt befürchtet nämlich, durch Automatisierung überflüssig zu werden und das führt nicht selten zu einer Abwehrhaltung. „Dann entsteht immer die Sorge, dass jemandem etwas weggenommen wird, eine Konkurrenz entsteht, oder die eigene Kompetenz in Frage gestellt wird“, erklärt der Arbeitspsychologe. Als ein mögliches realistisches Szenario hingegen beschreibt er die Voraussage, dass jene Ärzte, die sich der KI-Nutzung verweigern von solchen Kollegen abgehängt werden, die KI-Tools einsetzen.

Durch die Technologie vollständig ersetzt zu werden, ist in Bereichen mit viel Patientenkontakt jedoch eher unwahrscheinlich. Stattdessen sieht Langer stärker die Möglichkeit, ärztliche Kompetenzen durch KI zu erweitern und deren Fähigkeiten zu verbessern.

Damit KI effektiv in die Gesundheitsversorgung integriert werden kann, müssen sowohl Ärzte als auch Patienten über die Möglichkeiten und Grenzen von KI aufgeklärt werden. Schulungsprogramme für medizinisches Fachpersonal und Initiativen zur Patientenaufklärung sind unerlässlich, um fundierte Entscheidungsfindungen und eine ethisch vertretbare Einführung von KI zu fördern. Solch ein umfassender Ansatz stellt sicher, dass KI als Verbündeter in der Gesundheitsversorgung dient und die Patientenversorgung nicht beeinträchtigt, sondern verbessert.

(Miriam Mirza)