Soziale Folgen nach Brustkrebs: Deutsche Krebshilfe fordert besseres Angebot an Nachsorge

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Eine Studie der Medizinischen Soziologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) zeigt, dass viele Frauen, die eine Brustkrebserkrankung überstanden haben, weniger am sozialen und beruflichen Leben teilnehmen als nicht Erkrankte.

In Deutschland leben derzeit etwa eine Million Frauen mit überstandener Brustkrebsbehandlung. Wie verändert sich ihr soziales Leben dadurch langfristig? Forscher der MHH haben dazu rund 400 Brustkrebspatientinnen zwischen 39 und 68 Jahren befragt, deren Therapie vier bis sechs Jahre zurückliegt. Zur Einordnung haben die Wissenschaftler ihre Antworten mit denen gleichaltriger Frauen aus einer Bevölkerungsstichprobe verglichen. Die Deutsche Krebshilfe hat die Studie mit rund 110.000 Euro gefördert.

Weniger soziale Aktivitäten

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass viele ehemalige Brustkrebspatientinnen mit der Rückkehr ins soziale Leben zu kämpfen haben. Sie gehen seltener ins Restaurant oder Kino, machen weniger Ausflüge und besuchen weniger Veranstaltungen als andere Frauen in ihrem Alter. Gründe dafür sind unter anderem nach der Therapie fortbestehende Beschwerden. Dazu gehören neben Schmerzen auch oft psychische Symptome wie Angst, Depressionen und Antriebslosigkeit.

Auch eine Mastektomie führte bei einigen Studienteilnehmerinnen dazu, dass sie weniger an sozialen Aktivitäten in der Öffentlichkeit teilnahmen. Darüber hinaus spielt der finanzielle Status eine Rolle, erklärt Studienleiter Prof. Siegfried Geyer von der MHH: „Insbesondere Frauen mit niedrigem Einkommen, die weiterhin stark an brustkrebsbedingten Beschwerden leiden, sind seltener in soziokulturelle Aktivitäten eingebunden.“

Rente statt Beruf

Eine Brustkrebserkrankung beeinflusst auch das berufliche Leben: Fast dreißig Prozent aller Befragten war fünf Jahre nach der Therapie nicht mehr berufstätig. Etwa doppelt so viele Brustkrebsüberlebende wie gesunde Frauen gingen vorzeitig in Rente. Faktoren, die eine Rückkehr an den Arbeitsplatz begünstigten, waren dabei neben einer besseren körperlichen und psychischen Gesundheit auch ein gehobener beruflicher Status und ein höherer schulischer Bildungsgrad. Die Wahrscheinlichkeit in den Beruf zurückzukehren war für Patientinnen mit Realschulabschluss oder Abitur doppelt so hoch wie für andere Patientinnen.

Krebsnachsorge verbessern

Obwohl die Gründe für den Rückzug nach einer Brustkrebserkrankung vielfältig sein können, zeigen die Ergebnisse der Studie deutlich: „Wir müssen mehr tun, um die Barrieren zu beseitigen, die Patientinnen davon abhalten, in ihr Leben vor der Krebserkrankung zurückzukehren“, so Geyer. „Bei der Planung von Nachsorgeprogrammen sollte zudem ein besonderes Augenmerk auf Frauen mit geringem Einkommen gelegt werden.“ Einige der Studienteilnehmerinnen wünschten sich in der Befragung neben mehr Unterstützung im Umgang mit Schmerzen und Beeinträchtigungen auch eine sozialrechtliche Beratung zur Durchsetzung ihrer Rechte gegenüber Versicherungen, Behörden und Arbeitgebern. *

„Immer mehr Menschen in Deutschland überleben ihre Krebserkrankung. Dadurch steigt allerdings auch der Bedarf nach einer adäquaten Krebsnachsorge. Dieses Angebot bedarfsgerecht auszubauen und Konzepte hierfür zu entwickeln, ist uns ein wichtiges Anliegen“, betont Gerd Nettekoven, Vorstand der Deutschen Krebshilfe. „Vorrangig ist hier die Gesundheits-, Sozial- und Forschungspolitik gefordert“, fügt er hinzu.