SpiFa zur Primärarzt-Debatte: „Niemand braucht Hausärzte als Türsteher“

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Braucht es ein Primärarztsystem? Der Spitzenverband Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands (SpiFa) erteilt der Idee eine klare Absage: Es brauche weder „hausärztliches Gatekeeping“ noch die Öffnung der Kliniken für die ambulante Regelversorgung.

Stattdessen plädiert der Verband für eine bedarfsgerechtere Patientenversorgung und für eine gut strukturierte Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärzten im Sinne der Patientinnen und Patienten. Das Gesundheitswesen stehe vor der Herausforderung, knappe Ressourcen besser einzusetzen. Es müsse darum gehen, Patienten auf Anhieb die Versorgung zukommen zu lassen, die aus medizinischen Gründen nötig ist, betont der SpiFa in einer Mitteilung. Unnötige Arzt-Patienten-Kontakte sowie teure Krankenhausbehandlungen gelte es zu vermeiden – ein „plumpes hausärztliches Gatekeeping“ sei hierfür ungeeignet, heißt es weiter.

„Niemand braucht in unserem Gesundheitssystem Hausärzte als Türsteher für den Zugang zu Prävention, Vorsorge, notwendiger Diagnostik und Behandlung. Das werden unsere Patientinnen und Patienten nicht akzeptieren“, erklärt der SpiFa Vorstandsvorsitzende Dr. Dirk Heinrich. Es sei deswegen nicht schlau, Zugangshürden für Vorsorge und Prävention und eine bedarfsgerechte Versorgung aufzubauen, so Heinrich weiter, der betont: „Haus- und Fachärzte müssen künftig strukturierter und besser zusammenarbeiten. Das muss das Ziel einer Reform sein.“

Chronisch Kranke sollten nicht auf ein Überweisung angewiesen sein

Für den SpiFa-Vorstandsvorsitzenden sollten Patientengruppen, die regelhaft fachärztlich versorgt werden, etwa wegen einer chronischen Erkrankung, nicht auf eine hausärztliche Überweisung angewiesen sein. Das sei „bürokratische und teure Förmelei“, die zusätzlich kostenträchtige und unnötige Arzt-Patienten-Kontakte erzeuge, statt abzubauen, führt Heinrich weiter aus. Sein Vorschlag: „Hausärzte sollen mit den niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten gemeinsam dafür sorgen, dass Patienten nur im Krankenhaus behandelt werden, wenn sie eine Krankenhausbehandlung wirklich benötigen.“

„Patienten mit gebrochenen und verstauchten Armen und Beinen haben weder etwas in der Hausarztpraxis noch in den Notaufnahmen zu suchen“, hebt SpiFa-Vorstandsmitglied Jan Henniger mit Blick auf die Aktut- und Notfallversorgung hervor und ergänzt: „Gerade in den Wintermonaten würde der Weg über die Hausarztpraxen für gestürzte Patienten doch dazu führen, dass die Patienten zur Überweisung gleich noch das Grippevirus aus dem Wartezimmer dazu bekommen. Das kann doch keiner ernsthaft wollen. Deshalb muss es direkt in die chirurgische oder orthopädische Praxis gehen.”

SpiFa: Keine ambulante Regelversorgung in Kliniken

Der SpiFa stört sich zudem an dem Vorschlag, die Krankenhäuser für die ambulante Regelversorgung zu öffnen, beispielsweise wenn Patienten nicht schnell genug Termine bekommen. Heinrich fordert stattdessen: „Politik muss endlich den Mut zu echten Strukturreformen aufbringen. Die Öffnung einer weiteren Schleuse, die es Krankenhäusern ermöglicht, ihre stationäre Bettenauslastung zu steuern und Patienten unnötig stationär zu behandeln, hat mit bedarfsgerechter Versorgung nichts zu tun. Das ist das Gegenteil einer Strukturreform.“

Wer eine gute ambulante Versorgung und schnelle Termine sicherstellen wolle, müsse die ambulante Versorgung durch niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte stärken, statt diese immer weiter zu schwächen, so Heinrich weiter. Voraussetzung dafür sei in erster Linie die vollständige Abschaffung der mittlerweile „völlig überflüssigen und aus dem Ruder gelaufenen Budgets“. Mit Blick auf die Notfallreform fordert Heinrich die Politik auf, die bettenauslastungsorientierten Krankenhauseinweisungen über die Notaufnahmen endlich beenden. Hier könne die Politik zeigen, ob sie den Mut zu Strukturreform aufbringen kann.