Spinalanästhesie mit höherem Schmerzmittelverbrauch bei Patienten mit Hüftfraktur verbunden

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Nicht immer ist die Spinalanästhesie der Vollnarkose vorzuziehen. Die Sekundäranalyse der Studie REGAIN fand, dass der Einsatz der regionalanästhetischen Methode bei Patienten mit Hüftfraktur in den ersten 60 Tagen postoperativ zu einem erhöhten Schmerzmittelverbrauch führt.

Bei einigen Operationen wird zunehmend eine Spinalanästhesie anstelle einer Vollnarkose eingesetzt, um den Patienten einen höheren Komfort zu bieten und den Einsatz von Schmerzmitteln zu reduzieren. Untersuchungen von Forschern der Perelman School of Medicine an der University of Pennsylvania bei älteren Patienten mit Hüftfrakturen zeigen jedoch, dass diese Änderung möglicherweise das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung hat. Die Ergebnisse der vorab geplanten Sekundäranalyse der Studie REGAIN wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „Annals of Internal Medicine“ veröffentlicht.

„In unserer Studie bekamen Patienten, die eine Spinalanästhesie erhalten hatten, zwar weniger Opioide im Operationssaal, aber sie hatten am Ende mehr Schmerzen und nahmen nach der Operation mehr verschreibungspflichtige Schmerzmittel ein“, fasst der Hauptautor der Studie, Dr. Mark Neuman, die Studienergebnisse zusammen.  „Unsere Studie kann zwar nicht abschließend klären, ob dies auf die Spinalanästhesie selbst oder auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass im Vorfeld weniger Opioide verabreicht wurden, doch ist dies ein Ergebnis, das die Menschen dazu veranlassen sollte, einige der Annahmen zu überprüfen, die den derzeitigen Versorgungspfaden zugrunde liegen“, mahnt Neuman, außerordentlicher Professor für Anästhesiologie und ehemaliger Vorsitzender der Penn Medicine Opioid Task Force.

Er und seine Kollegen wollten überprüfen, ob die Annahmen über die Spinalanästhesie und die Verringerung der Schmerzen zutreffend waren. Dazu untersuchten sie die Daten von 1600 Patienten im Alter von 50 Jahren oder älter, die zwischen 2016 und 2021 in einer Vielzahl von Krankenhäusern in den Vereinigten Staaten und Kanada an einer Hüftfraktur operiert worden waren. Etwa die Hälfte der Teilnehmer an der REGAIN-Studie wurde mit einer Spinalanästhesie operiert, die andere Hälfte mit einer Vollnarkose. Jeder Patient wurde gebeten, sein Schmerzempfinden (auf einer Skala von 1 bis 10) in unterschiedlichen Abständen zu bewerten und anzugeben, welche Schmerzmittel er nach dem Eingriff einnahm.

Insgesamt gaben die Patienten an, die schlimmsten Schmerzen am Tag nach dem Eingriff erlebt zu haben. Wobei die Patienten mit Spinalanästhesie ihre schlimmsten Schmerzen mit durchschnittlich 7,9 von 10 Punkten im Vergleich zu 7,6 Punkten bei den Patienten mit Vollnarkose etwas höher einschätzten. Die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten mit Spinalanästhesie etwa zwei Monate nach dem Eingriff noch verschreibungspflichtige Schmerzmittel einnahmen, war um 33 Prozent höher als bei Patienten mit Vollnarkose.

Sechs und 12 Monate nach dem Eingriff wurde zwar kein signifikanter Unterschied bei der Einnahme von verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln festgestellt, aber Neuman zeigt sich dennoch besorgt über die Ergebnisse. „Auch wenn die Ergebnisse nach 180 und 365 Tagen statistisch nicht signifikant sind, ist das Ergebnis nach 60 Tagen immer noch besorgniserregend, da es kurzfristig zu medikamentenbedingten Schäden wie Atemdepression oder Übersedierung kommen könnte“, erklärt er.

Die Studie folgt auf eine Untersuchung von Neuman, die im November 2021 im „New England Journal of Medicine“ publiziert wurde. Diese hatte gezeigt, dass eine Vollnarkose für Patienten mit Hüftfraktur genauso sicher ist wie eine Spinalanästhesie. Auch hier hätten die Ergebnisse einer relativ weit verbreiteten Annahme in der medizinischen Fachwelt widersprochen, heißt es von Neuman und Kollegen.

Die Forscher hoffen, die Schmerzbehandlung von Patienten mit Hüftfrakturen und Demenz zu verbessern, indem sie Wege finden, um den Einsatz von peripheren Nervenblockaden zu erhöhen – „eine Form der Regionalanästhesie, die trotz der Empfehlungen, sie bei allen Patienten mit Hüftfrakturen anzuwenden, noch zu wenig genutzt wird“, wie sie erläutern.  Darüber hinaus wollen sie die gleiche Methode, die sie in der REGAIN-Studie verwendet haben – den Vergleich zwischen Vollnarkose und Spinalanästhesie – auch bei Gelenkersatzoperationen wie Hüftprothesen anwenden. (ah)