Spracherkennung und „pop-out effect“: Bei älteren Probanden schwächer ausgeprägt

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Aus früheren Untersuchungen ist hinlänglich bekannt, dass Zuhörer ein degradiertes oder teilweise vertäubtes Sprachsignal besser verstehen, wenn sie im Vorfeld erfahren, was sie zu hören bekommen. Das Sprachsignal springt dann quasi hervor („pop-out effect“) und wird um einiges verständlicher.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist, zu ergründen, ob dieser vorbereitende Effekt bei älteren wie jüngeren Erwachsenen gleich ausgeprägt ist. Im Rahmen der Untersuchung hörten sich 28 ältere und 28 jüngere Erwachsene Nonsense-Sätze an, die durch das gleichzeitige Sprechen einer zweiten Person oder durch sprachähnliche Geräusche gestört wurden. Kurz vor oder kurz nach Sendung des Tonsignals konnten Untertitel auf einem Bildschirm abgelesen werden. Dieser schrift­liche Satz war entweder mit dem Tonsignal identisch oder unterschied sich in einem Schlüsselwort. Die Probanden mussten dann entscheiden, ob die Untertitel zum Tonsignal passten oder nicht.

Die gewonnen Daten zeigten in beiden Gruppen und bei beide Störmaßnahmen einen klärenden Effekt, wobei die Differenzierung bei den im Voraus gezeigten Untertiteln besser gelang als bei den im Nachhinein gezeigten Sätzen. Bei der Störung durch einen zweiten Sprecher erfuhren die jüngeren Probanden durch die vorgeschalteten Untertitel einen stärkeren und konsistenteren Benefit als die älteren Probanden.

Besonders bei den schlechteren Signal-Störgeräusch-Verhältnissen zeigten die älteren Probanden kaum Evidenz hinsichtlich des Pop-out-Effekts, von welchem man annimmt, dass er die Spracherkennung vereinfacht. Insgesamt gesehen gingen die Älteren die Aufgabe anders an: Sie zeigten sich zögerlicher bei der Behauptung, dass Tonsignal und Untertitel gleich seien. Eine Korrelationsanalyse ergab einen signifikanten negativen Zusammenhang zwischen Alter und dem vorbereitenden Effekt. Frühere Studien hatten gezeigt, dass ältere Menschen bei Spracherkennungsaufgaben im Vergleich zu jüngeren besser abschneiden. Die vorliegenden Ergebnisse stehen nicht grundsätzlich im Gegensatz zu diesen Erkenntnissen, zeigen aber, dass unter gewissen Umständen der vorbereitende Effekt bei Älteren weniger zur Lösung der gestellten Aufgabe beiträgt als bei Jüngeren. (am)

Quelle: Freyman et al. Ear Hear. 2017 Nov/Dec;38(6):672-680.