Stalking erhöht Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

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Über einen Zeitraum von 20 Jahren haben Forschende aus den USA erstmals untersucht, wie das Erleben von Stalking in Frauen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen beeinflusst.

Frauen, die Erfahrungen mit Stalking machen und/oder deswegen eine einstweilige Verfügung erwirken, sind einem deutlich höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD) ausgesetzt als Frauen, die diese Erfahrung nicht machen. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Havard T.H. Chan School of Public Health, USA, die in der Fachzeitschrift „Circulation“ veröffentlich wurde.

Kontaktlose Formen der Gewalt nicht zu unterschätzen

„Vielen Menschen erscheint Stalking nicht als ein schwerwiegendes Erlebnis, da es meist keinen Körperkontakt involviert. Doch Stalking hat tiefgreifende psychologische Folgen, die auch körperliche Auswirkungen haben können“, erläutert Senior-Autorin Karestan Koenen, Professorin für psychiatrische Epidemiologie. „Unsere Studie unterstreicht, dass diese vermeidbaren, häufigen, kontaktlosen Formen der Gewalt gegen Frauen gesundheitsschädlich sind und als solche betrachtet werden müssen, genauso wie Rauchen oder ungesunde Ernährung.“

Bisherige Studien konnten Gewalt zwar als Risikofaktor für CVD identifizieren, allerdings konzentrierten sich die meisten dieser Studien auf körperliche Formen der Gewalt. Nur sehr wenige untersuchten auch den Zusammenhang zwischen körperlichen Gesundheitsschäden und psychischer Gewalt, der Frauen häufig ausgesetzt sind. Keine Studie untersuchte bisher speziell den Zusammenhang zwischen CVD und Stalking. Die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention schätzen, dass etwa jede dritte Frau irgendwann in ihrem Leben einmal gestalkt wurde, meist von einem Lebenspartner oder Bekannten.

Risiko deutlich erhöht

Die Studie ergab, dass das Risiko für CVD bei Frauen, die Stalking erlebt hatten, um 41 Prozent und bei Frauen, die bereits eine einstweilige Verfügung erwirkt hatten, um 70 Prozent höher war als bei Frauen ohne derartige Erfahrungen. Die Forschenden beobachteten zudem eine Dosis-Wirkungs-Beziehung: Frauen, die beides erlebt hatten (Stalking und das Erwirken einer einstweiligen Verfügung), hatten das höchste Risiko für CVD.

Der Zusammenhang zwischen Stalking und CVD könnte laut den Autoren auf psychische Belastungen zurückzuführen sein, die das Nervensystem stören, die ordnungsgemäße Funktion der Blutgefäße beeinträchtigen und andere biologische Mechanismen negativ beeinflussen können.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir Frauen, die Erfahrungen mit Gewalt machen, mehr Aufmerksamkeit schenken müssen, um ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu mindern“, so Koenen. „Im Gesundheitswesen müssen wir diese Erfahrungen von Stalking und anderen Formen der Gewalt besser erkennen und die Vorsorge verbessern. Außerdem müssen wir den Frauen Ressourcen zum Selbstschutz bereitstellen und auf breiter Ebene die Ursachen von Gewalt gegen Frauen besser angehen und ihnen vorbeugen.“

Über die Studie

Die Forschenden um Erstautorin Rebecca Lawn verfolgten das Auftreten von CVD in einer Gruppe von 66.270 Frauen im Alter von 36 bis 56 Jahren, die zwischen 2001 und 2021 an der Nurses’ Health Study II teilnahmen. Laut den Ergebnissen berichteten 7.721 (11,7 Prozent) der Teilnehmerinnen von Erfahrungen mit Stalking und 3.686 (5,6 Prozent) davon, eine einstweilige Verfügung erwirkt zu haben. Am Ende des Studienzeitraums berichteten 1.879 der Frauen (2,8 Prozent) von CVD-Ereignissen. Bei der Abschätzung der Auswirkungen von Stalking und/oder einstweiligen Verfügungen auf das CVD-Risiko wurden andere Gesundheitsfaktoren, wie beispielsweise die Vorgeschichte der Eltern, mit einbezogen.

Die Studie wurde von den National Institutes of Health, dem National Institute of Mental Health, dem National Institute on Aging und der Broad Trauma Initiative am Broad Institute of MIT und Harvard unterstützt.

(mkl)