Statinmanagement zur Primärprävention: Unterschiede zwischen USA und Europa

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Die Empfehlungen für Statine in der Primärprävention hängen von Risikoalgorithmen ab. Die in Nordamerika und Europa verwendeten Algorithmen unterscheiden sich erheblich in ihrer Risikoeinschätzung, den Empfehlungen für eine Statinbehandlung und dem Einsatz zusätzlicher Tests, selbst bei identischen Patienten.

Zu diesem Ergebnis gelangen Wissenschaftler aus Kanada in einer im „European Heart Journal“ veröffentlichten Studie. Für diese wertete das Team um Erstautor G. B. John Mancini von der University of British Columbia (Vancouver, Kanada) die Daten einer simulierten Population aus. Die Population setzte sich aus 7680 Männern und Frauen im Alter von 45–70 Jahren sowie Rauchern und Nichtrauchern zusammen.

Der Gesamtcholesterinspiegel der Population reichte von 3,5–7,0 mmol/l, der High-Density-Lipoprotein-Cholesterinspiegel von 0,6–2,2 mmol/l und der systolische Blutdruck von 100–170 mmHg. Mancini und Kollegen bestimmten hohe, mittlere und niedrige Risiken anhand des Framingham-Risiko-Scores (FRS), der Pooled Cohort Equation (PCE), 4 Versionen der Systematic Coronary Risk Evaluation 2 (SCORE2) und des MESA(Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis)-Algorithmus (0–1000 Agatston Units).

Ihrer Analyse zufolge lag die Übereinstimmung für die 3 Risikostufen zwischen 19% und 85%. Beide Geschlechter konnten je nach angewandtem Algorithmus ein niedriges, mittleres oder hohes Risiko aufweisen, selbst bei gleicher Belastung durch Risikofaktoren. Nur bei SCORE2 (Versionen mit hohem und sehr hohem Risiko) wurden gleiche Anteile von Männern und Frauen mit hohem Risiko ermittelt. Ohne MESA betrug der Anteil mit mäßigem Risiko 25% (SCORE2, Region mit sehr hohem Risiko), 32% (FRS), 39% (PCE) und 45% (SCORE2, Region mit niedrigem Risiko).

Fazit
Die Risikoalgorithmen unterscheiden sich erheblich in ihrer Risikoeinschätzung, den Empfehlungen für eine Statinbehandlung und dem Einsatz zusätzlicher Tests, selbst bei identischen Patienten. Diese Ergebnisse zeigen die Grenzen der derzeit verwendeten risikobasierten Ansätze für die Behandlung lipidspezifischer Risiken in der Primärprävention auf, resümieren die Studienautoren. (ah)

Autoren: Mancini GBJ et al.
Korrespondenz: G. B. John Mancini; [email protected]
Studie: Recommendations for statin management in primary prevention: disparities among international risk scores
Quelle: Eur Heart J 2024;45(2):117–128.
Web: https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad539