STI: Epithelzellen des Gebärmutterhalses können Abwehrmaßnahmen vorbereiten

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Epithelzellen, die den Gebärmutterhals auskleiden, sind nicht nur passive Barrieren. Eine neue Studie zeigt, dass diese Zellen über eine eigene „Immunintelligenz” verfügen und Abwehrmaßnahmen vorbereiten können, bevor sich eine Infektion ausbreitet.

Ein internationales Forschungsteam aus Aarhus, Würzburg und Berlin hat sich mit der Frage beschäftigt, wie dieses Gewebe Krankheitserreger wahrnimmt und möglicherweise abwehrt. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass Epithelzellen im Gebärmutterhals selbst die Immunantwort koordinieren. Die neuen Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht.

Diese Entdeckung verändert nach den Worten des Forschungsteams die Sichtweise auf den Gebärmutterhals: „Er ist nicht nur eine Barriere, sondern ein immunkompetentes Gewebe, das komplexe Abwehrmechanismen koordinieren kann“, so die Studienleiterin Prof. Cindrilla Chumduri.

Ein immunkompetentes Gewebe

Die neuen Erkenntnisse bieten damit auch einen neuen Ansatz für die Infektionsbiologie und wirken sich auf eine Reihe von Anwendungen aus, so die Autoren. Als Beispiele nennen sie:

  • Schleimhautimpfstoffe, die auf die Abwehrkräfte des Epithels abzielen
  • und Therapien zur Stärkung der angeborenen Abwehrkräfte gegen bakterielle und virale sexuell übertragbare Infektionen.

Darüber hinaus lieferten die Erkenntnisse einen Ansatz für eine bessere Prävention von infektionsbedingten Krebserkrankungen und Unfruchtbarkeit.

3D-Organoidmodelle im Einsatz

Für die Studie nutzte das Forschungsteam 3D-Organoidmodelle. Das Team konnte nachweisen, dass diese Modelle die in vivo vorhandenen Epithel-Subtypen und ihre Abwehrprogramme originalgetreu reproduzieren. Chindrilla und ihr Team haben erstmals kartiert, wie Tausende einzelner Epithelzellen auf eine Infektion mit Chlamydia trachomatis reagieren. Dabei zeigte sich, dass:

  • Plattenepithelzellen der Ektozervix sich auf die Verstärkung der Barriere konzentrieren
  • und Zylinderepithelzellen der Endozervix als Immunsignale fungieren und bestimmte Immunantworten sowie antimikrobielle Abwehrmechanismen aktivieren – selbst, wenn sie nicht infiziert sind.

Subtypen mit besonderen Aufgaben

Weiterhin fand das Team heraus, dass innerhalb jeder Region spezialisierte Epithel-Subtypen unterschiedliche Aufgaben erfüllten. In der Ektozervix konzentrierten sich einige Subtypen auf Regeneration und Reparatur. In der Endozervix waren Bystander-Zellen, die nie direkt infiziert waren, am immunaktivsten. „Die Bystander-Zellen haben uns am meisten überrascht“, erläutert Erstautor Dr. Pon Ganish Prakash und fügt hinzu: „Sie wurden zu den dominierenden Verteidigern und verstärkten die Immunsignale ohne direkte Infektion.“

Zelluläre Kommunikation

Das Team entschlüsselte auch, wie Epithel-Subtypen mithilfe chemischer Signale miteinander kommunizieren, und deckte dabei eine verborgene Kommunikation auf, die ein Gleichgewicht zwischen Abwehr und Reparatur herstellt: „Wir konnten beobachten, wie bestimmte Epithel-Subtypen als Knotenpunkte fungieren und Signale senden, die ihre Nachbarn mobilisieren“, erklärt Co-Autor Dr. Naveen Kumar Nirchal.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Heterogenität des Epithels von entscheidender Bedeutung ist. Jeder Subtyp hat seine eigene Aufgabe beim Schutz des Gebärmutterhalses und bei der Verhinderung der Ausbreitung von Infektionen auf die oberen Fortpflanzungsorgane“, ergänzt Co-Autor Dr. Rajendra Kumar Gurumurthy.