Stiftung Auge: Eine Frage der Gene27. Mai 2021 Bildquelle: Stiftung Auge Die Stiftung Auge der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft informierte während einer Online-Pressekonferenz über Aktuelles aus den Bereichen Gentherapie, Strabismus und digitale Arbeitswelt. Referenten waren die Vorstandsmitglieder der Stiftung Prof. Frank G. Holz (Bonn), Dr. Peter Heinz (Schlüsselfeld) sowie Prof. Norbert Pfeiffer (Mainz). Gentherapie bei erblicher Netzhautdystrophie: Stiftungsvorsitzender Holz berichtete über die Leber´sche kongenitale Amaurose (LCA), die durch eine monogenetische, biallelische Mutation im RPE65-Gen des retinalen Pigmentepithels (RPE) hervorgerufen wird und unbehandelt zur Erblindung führt. Dieser Enzym-Defekt, so der Dirketor der Universitäts-Augenklinik Bonn, bewirke, dass sich das Rhodopsin in den Photorezeptoren nicht oder nicht ausreichend regenerieren könne und somit der Sehzyklus blockiert werde. Die LCA galt bis vor kurzem als unheilbar. Im Jahr 2018 hat die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) das Gentherapeutikum Voretigene Neparvovec zur Behandlung dieser seltenen Netzhautdystrophie zugelassen. Es besteht aus einer intakten Kopie des mutierten RPE65-Gens, die von einem adenoassoziierten Virus-Vektor als Gentaxi transportiert wird.Die Voraussetzung für die Therapie sei erfüllt, wenn molekulargenetisch die biallelische Mutation im RPE65-Gen vorliege und noch genügend intakte Netzhautzellen vorhanden seien, erläuterte Holz. Im Rahmen einer Vitrektomie werde das Präparat einmalig subretinal injiziert, damit das Produkt des RPE65-Gens den Sehzyklus wieder aktivieren könne.Dieser Eingriff erfolge derzeit ausschließlich in den Universitäts-Augenkliniken in Bonn, München und Tübingen. Die bisherigen Ergebnisse nach einer vierjährigen Follow-up-Zeit seien hinsichtlich des Wirksamkeits- und Sicherheitsprofils sehr vielversprechend. Strabismus bei Kindern und Jugendlichen: Heinz vermittelte wichtige Aspekte, die beim Vorliegen eines Strabismus relevant sind. Zunächst befasste er sich mit dessen Einteilung, die nach der Ätiologie (primär/sekundär), der Schielrichtung sowie der klinischen Apparenz (manifest: Heterotropie; latent: Heterophorie) erfolge.Die Ursache des frühkindlichen Schielens (kongenitale Esotropie) sei nicht bekannt, berichtete Heinz, zugleich 1. Vorsitzender des Berufsverbandes der Augenärzte. Er verwies jedoch auf mehrere Risikofaktoren, die ein solches Schielen begünstigen könnten: familiäre Disposition, Frühgeburt, Sauerstoffmangel während der Geburt oder höhere Ametropie/Anisometropie. Eine Diplopie bei Kindern werde unbewusst durch Suppression des schielenden Auges verhindert, was häufig zu einer lebenslangen Amblyopie und schlechtem Visus führe, erläuterte Heinz. Deshalb sollten so früh wie möglich eine Okklusion des gesunden Auges erfolgen und eine frühzeitige Operation (auch aus kosmetischen Gründen) erwogen werden.Dagegen könne eine symptomatische Diplopie bei älteren Kindern oder Erwachsenen auf neurologische, entzündliche oder tumorbedingte Ursachen hindeuten, die abgeklärt werden müssten.Die Erstverordnung einer Kinderbrille dürfe nur durch einen Augenarzt nach vorheriger Cycloplegie erfolgen und die Brille dürfe niemals von einem Optiker alleine angefertigt werden. Digitale Arbeitswelt und Folgen für die Augen: Pfeiffer begann sein Statement damit, dass das menschliche Auge für den Gebrauch in der freien Natur konstruiert worden sei, jedoch nicht für das ständige Arbeiten am Computer. Deswegen seien zwei Erkrankungen rasant auf dem Vormarsch: das Sicca-Syndrom und die Myopisierung. Das Auge leiste vor dem Computer Schwerstarbeit, die durch Home-Office noch verstärkt werde. Dadurch komme es zu schweren Störungen des Tränenfilms. Pfeiffer, Direktor der Universitäts-Augenklinik Mainz, empfahl regelmäßige Pausen an der frischen Luft, eine hohe Luftfeuchtigkeit in den Räumen, große Monitore in der Nähe von Fenstern, einen Augenabstand von mindestens einem halben Meter zum Monitor sowie die regelmäßige Applikation von individuellen Tränenersatzmitteln.Darüber hinaus führe die lange PC-Arbeit bis in das jüngere Erwachsenenalter zu einer Zunahme an Myopie. Das Auge adaptiere sich bei der Lesearbeit an die Nähe, indem es wachse und damit eine anstrengungsfreie Abbildung des nahen Textes auf der Netzhaut ermögliche. Pfeiffer geht von einer starken Zunahme der Myopie durch die forcierte Naharbeit aus und empfahl einen Aufenthalt im Freien für mindestens zwei Stunden täglich, zumal das Risiko für Ablatio, Glaukom und Altersabhängiger Makuladegeneration mit zunehmender Myopie stark ansteige. (tt)
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