Stoffwechselforschung: Wie Stress-Signale den Zellkern aufweichen und die Zelle verändern

Das Bild zeigt den Querschnitt des mutierten braunen Fettgewebes mit vergrößerten Lipidtröpfchen (gelb) und einem Zellkern (blau), der von mehreren Mitochondrien (rot) umgeben ist. Quelle: Harshita Kaul. Copyright: Universität zu Köln

Ein Forschungsteam der Universität zu Köln hat herausgefunden, dass Zellen in Geweben mit hohem Energiebedarf anders als üblich auf mitochondriale Fehlfunktionen reagieren.

Die Wissenschaftler fanden im Mausmodell mit fehlerhafter mitochondrialer Qualitätskontrolle heraus, dass die braunen Fettzellen auf die Funktionsstörung der Mitochondrien mit einer ausgeklügelten Stoffwechselreaktion reagieren: Anstatt sich abzuschalten, werden Schlüsselenzyme neu geordnet, um das Stoffwechselprodukt D-2HG herzustellen. Die Studie unter der Leitung von Prof. Aleksandra Trifunovic vom Exzellenzcluster für Alternsforschung CECAD wurde in der Fachzeitschrift „Nature Metabolism“ veröffentlicht.

Mitochondriale Dysfunktion beobachtet

Das Stoffwechselprodukt D-2HG, das zuvor mit dem Fortschreiten bestimmter Krebsarten in Verbindung gebracht wurde, fördert in diesem Zusammenhang die Anpassung an die mitochondriale Dysfunktion. Es verändert die Struktur der DNA-Verpackung im Zellkern, reguliert, welche Gene aktiviert werden, und beeinflusst sogar die Stabilität der Zellkernhülle. Diese Reaktion hilft dem Gewebe, den Stress zu überleben, verändert aber auch seine Identität und Struktur. „Es ist erstaunlich, dass D-2HG, das normalerweise als schädlich angesehen wird, in bestimmten Kontexten eine adaptive Funktion haben kann“, erklärt Erstautorin Dr. Harshita Kaul. „Wir beginnen gerade erst zu verstehen, wie Mitochondrien unter Zwang Signale an den Rest der Zelle senden.“

Das Team untersuchte außerdem einen der weniger bekannten Aspekte der Mitochondrien: wie sie zur Aufrechterhaltung der gesunden Funktion des braunen Fettgewebes beitragen. Bei einem erhöhten D-2HG-Spiegel konnte eine verstärkte Aufhellung des braunen Fettgewebes nachgewiesen werden, ein Zeichen für eine veränderte Zellidentität.

„Diese stoffwechselbedingte Neuordnung scheint parallel zu einem umfassenderen Stressreaktionsmechanismus zu verlaufen, den wir als mitochondriale integrierte Stressreaktion bezeichnen“, erläutert Trifunovic. „Aber was wir entdeckt haben, geht über die klassische Stresssignalisierung hinaus. Die Produktion von D-2HG schlägt eine Brücke zwischen der mitochondrialen Dysfunktion und der Mechanik des Zellkerns; eine unerwartete Form des Cross-Talks, die unser Verständnis von Anpassung in stoffwechselaktiven Geweben verändert“, fügt sie hinzu.

Herz und Gehirn im Fokus

Diese Ergebnisse deuten laut den Forschern darauf hin, dass die Stabilität des Zellkerns als nachgeschalteter Marker für mitochondriale Signale, Stoffwechselstress und den Zellzustand dienen könnte. Dies könnte die Grundlage für neuartige Diagnoseinstrumente bilden, insbesondere für Stoffwechselkrankheiten und altersbedingte Störungen. Die Wissenschaftler versuchen nach eigenen Angaben nun herauszufinden, ob dieser Signalweg in anderen Geweben wie dem Herzen und dem Gehirn ähnlich aktiv ist und wie er therapeutisch genutzt werden könnte.