Stressbelastung während der frühen Schwangerschaft beeinflusst Nachwuchs bis ins Erwachsenenalter22. Januar 2025 Ein Assammakaken-Weibchen (Macaca assamensis) mit seinem Säugling im Phu Khieo Wildlife Sanctuary, Thailand. Foto: © Thawat Wisate/ Deutsches Primatenzentrum GmbH Stresshormone der Mutter während der frühen Schwangerschaft können das Stresssystem des Nachwuchses nachhaltig beeinflussen. Eine Langzeitstudie an wildlebenden Assam-Makaken in Thailand deutet darauf hin, dass vor allem die Belastungen in der ersten Phase der Schwangerschaft eine entscheidende Rolle spielen. Hingegen hatten Stresshormone der Mutter später in der Schwangerschaft oder nach der Geburt kaum einen Einfluss auf die Nachkommen. Die von der Universität Göttingen und dem Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung durchgeführte Langzeitstudie liefert wichtige Erkenntnisse über den Einfluss früher Lebensphasen auf die Entwicklung des Stresssystems unter natürlichen Umweltbedingungen. Die Studie ist in der Zeitschrift „Proceedings of the Royal Society B“ erschienen. Einfluss der frühesten Lebensphase Das Forschungsteam untersuchte, wie sich Stress der Mutter auf das Stresshormon-System der Nachkommen auswirkt. Dabei zeigte sich, dass die Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse), die eine zentrale Rolle bei der Stressbewältigung spielt, durch mütterliche Glukokortikoide entscheidend geprägt werden kann. Besonders die frühe Phase der Organbildung in der ersten Schwangerschaftshälfte erwies sich als kritischer Zeitraum. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Nachwuchs eine stärkere Aktivierung der HPA-Achse zeigte, je höher die Belastungen der Mutter in der frühen Schwangerschaft gewesen waren – möglicherweise durch Nahrungsmangel oder soziale Konflikte innerhalb der Gruppe”, sagt Simone Anzá, ehemaliger Doktorand an der Universität Göttingen und am Deutschen Primatenzentrum und Erstautor der Studie. PD Dr. Oliver Schülke Foto: © Deutsches Primatenzentrum Im Gegensatz zu Studien im Labor wurden die Affen in ihrem natürlichen Lebensraum beobachtet. Die Forschenden sammelten über einen Zeitraum von neun Jahren immer wieder Kotproben von schwangeren Weibchen und ermittelten darin die Konzentration von Glukokortikoidmetaboliten, um die Belastung der Tiere durch Umweltfaktoren wie Nahrungsknappheit, Temperaturschwankungen und soziale Interaktionen zu messen. Diese Werte wurden mit den Stresshormonwerten des Nachwuchses in unterschiedlichen Altersphasen verglichen. Die Effekte auf die Stressachse der Nachkommen zeigten sich vom Säuglingsalter über die Jugend bis ins Erwachsenenalter von neun bis zehn Jahren. Frühere Analysen aus derselben Studie hatten bereits nachgewiesen, dass frühe pränatale Belastungen auch mit verändertem Wachstum, negativen Veränderungen des Darmmikrobioms und einer eingeschränkten Immunfunktion verbunden waren, was den umfassenden Einfluss der Umwelt in der frühen vorgeburtlichen Phase auf verschiedene physiologische Systeme unterstreicht. Mütterliche Glukokortikoidwerte in der späten Schwangerschaft oder während der Stillzeit hatten hingegen keine oder andere Einflüsse. Relevanz für die Gesundheitsforschung „Unsere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass das Timing von besonderen Belastungen der Mutter während und nach der Schwangerschaft ganz wesentlich die Konsequenzen für Entwicklung und Gesundheit des Nachwuchses beeinflusst. Wichtig ist auch, dass es für diese Effekte keiner echten Katastrophen bedarf, sondern schon moderate Veränderungen der Umweltbedingungen ausreichend sind“, betont Oliver Schülke, Wissenschaftler an der Universität Göttingen und am Deutschen Primatenzentrum und Leiter der Studie. Stress in der frühen Schwangerschaft kann sich auch bei Menschen langfristig auf die Gesundheit auswirken und das Risiko für Stressstörungen und Immunprobleme erhöhen. „Unsere Ergebnisse können helfen, den Zeitpunkt und die Mechanismen zu identifizieren, an denen präventive Maßnahmen ansetzen sollten, um langfristige gesundheitliche Risiken zu reduzieren“, sagt Schülke.
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