Studie: Cholesterin-Senkung hat gesundheitliche und volkswirtschaftliche Vorteile11. April 2024 Symbolbild: ©fotogestoeber/stock.adobe.com Forscherinnen und Forscher aus Jena haben die medikamentöse lipidsenkende Therapie einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen. Offenbar hat diese nicht nur für die Patientinnen und Patienten, sondern auch für Krankenkassen und Arbeitgeber Vorteile. Die Ergebnisse der aktuellen Forschung wurden im Rahmen der 90. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim präsentiert. Eine Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen Journal steht noch aus. Zu viel LDL-Cholesterin (LDL-C) kann bekanntermaßen die Entstehung von Plaques begünstigen und diese anfälliger für eine akute Plaqueruptur machen, wodurch sich das Risiko für einen Herzinfarkt deutlich erhöht. In der Studie „Jena auf Ziel“ („JaZ“) am Universitätsklinikum Jena wurden Menschen untersucht, die einen Herzinfarkt erlitten haben und nun eine hochintensive LDL-C-senkende Therapie erhielten. Die Kardiologinnen und Kardiologen, die die Studie durchführten, wollten wissen, wie sich die LDL-C-Werte dieser Patientengruppe am besten auf die in den Leitlinien empfohlenen Zielwerte senken lassen. Eine erste, bereits publizierte Analyse zeigte, dass durch eine Kombination von generisch verfügbaren lipidsenkenden Medikamenten (Statine und Ezetimibe) bei 80 Prozent der Patientinnen und Patienten nach sechs Wochen die Zielwerte erreicht werden konnten. Bei wem das nicht ausreichte, half die zusätzliche Gabe von Bempedoinsäure und einem PSCK-9-Hemmer. Innerhalb von zwölf Monaten konnten bei allen die Blutfettwerte auf das gewünschte Maß gebracht werden. Was kostet mehr? Eine effiziente Therapie oder ein Herzinfarkt? Diese intensive medikamentöse Therapie allerdings hat natürlich einen Preis. Deshalb steht die berechtigte Frage im Raum, ob der Nutzen den Kosten gerecht wird. Studienleiter Prof. Oliver Weingärtner erläutert: „Wir haben in einer Folgeanalyse errechnet, wie hoch der durchschnittliche wirtschaftliche Schaden bei einer Krankenhauseinweisung wegen schwerer Herz-Kreislauf-Ereignisse innerhalb der ersten 24 Monate ist. Für solche liegt das Risiko bei weniger effektiven, aber günstigeren Therapien deutlich höher. Das Ergebnis setzten wir dann mit der teuren, aber zielgerichteten, medikamentösen Therapie ins Verhältnis.“ Hierfür wurden wirtschaftliche und klinische Daten gesammelt, einschließlich der Kosten für Medikamente, Aufenthaltsdauer der Patientinnen und Patienten, und der Krankenhauskosten. Krankenhausaufenthalte sind dreimal teurer als gute Medikamente Insgesamt wurden 85 Patienten aus der „JaZ“-Studie mit einem Durchschnittsalter von 64,4 Jahren beobachtet. Die durchschnittliche Dauer des ersten Krankenhausaufenthalts lag pro Person bei etwa sieben Tagen. Für die 85 STEMI-Patienten summierten sich 631 Krankenhaustage mit Gesamtkosten von 802.185,13 Euro. In den ersten zwölf Monaten nach dem Herzinfarkt wurden alle 85 Personen regelmäßig in einer speziellen Lipidambulanz untersucht und die Therapie bedarfsgerecht optimiert. Nach zwölf Monaten wurde es den einzelnen Patientinnen und Patienten freigestellt, ob sie weiter in der Spezialambulanz des Uniklinikums Jena oder vom betreuenden Hausarzt bzw. Hausärztin weiterbehandelt werden wollten. 24 Monate nach dem Herzinfarkt waren 96,3 Prozent der Patientinnen und Patienten auf Statine, 87,7 Prozent auf Ezetimib, 17,3 Prozent auf Bempedoinsäure und 6,2 Prozent auf einen PCSK9-Hemmer eingestellt. Zehn der 85 Beochbachteten mussten im Verlauf aufgrund eines erneuten Herz-Kreislauf-Ereignisses im Krankenhaus behandelt werden. Für diese Zehn entstanden dadurch zusätzliche Kosten für den zweiten Krankenhausaufenthalt in Höhe von 73.411,17 Euro. In den ersten 24 Monaten waren in der Gruppe mit dem erneuten Krankenhausaufenthalt die Kosten durch Absetzen von lipidsenkenden Medikamenten („deprescribing“) pro Patient niedriger (547,04 Euro vs. 2.562,29 Euro). Dafür waren bei ihnen die LDL-C-Werte signifikant höher (2,04±1,26 mmol/l vs. 1,27±0,47 mmol/l; p<0,001). Bei Einbeziehung der zusätzlichen Kosten des weiteren Krankenhausaufenthalts stiegen die Kosten in der Gruppe mit dem zweiten Herz-Kreislauf-Ereignis auf 7.921,25 Euro – also auf mehr als das Dreifache gegenüber Personen ohne Zweitereignis. Langfristige Vorteile für Betroffene, Arbeitgeber und Volkswirtschaft Die Studienverantwortlichen schließen daraus, dass eine intensive, lipidsenkende Therapie nach einem Herzinfarkt nicht nur die Gesundheit der Patientinnen und Patienten verbessert, sondern auch dazu beiträgt, langfristig die Kosten für das Gesundheitssystem zu senken. Dabei werden nicht nur die Krankenkassen entlastet. Die verhinderten Krankenhausaufenthalte haben außerdem einen positiven Effekt für die Volkswirtschaft, denn betroffene Erwerbstätige können öfter ihrer Arbeit nachgehen. Betriebe bleiben damit produktiver, was sich positiv auf die gesamte Volkswirtschaft auswirkt. Weingärtner: „Die Vorteile für alle Beteiligten liegen damit klar auf der Hand. Es ist in unseren Augen wichtig, dass Patientinnen und Patienten frühzeitig mit einer optimalen Therapie behandelt werden, um sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Schäden zu verhindern.“
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