Studie identifiziert nichttraditionelle Schlaganfall-Risikofaktoren bei jüngeren Erwachsenen1. April 2024 Symbolfoto: ©Andrey Popov/stock.adobe.com Die Risikofaktoren für einen Schlaganfall verändern sich im Laufe des Lebens. Während die klassischen Risikofaktoren vor allem bei älteren Menschen greifen, scheinen bei jüngeren Erwachsenen auch nichttraditionelle Risikofaktoren eine wichtige Rolle zu spielen – allen voran die Migräne, wie eine neue US-Studie zeigt. Die meisten Schlaganfälle werden durch traditionelle Schlaganfall-Risikofaktoren wie Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte, Typ-2-Diabetes, Rauchen, Fettleibigkeit, geringe körperliche Aktivität, Alkoholmissbrauch, Vorhofflimmern oder koronare Herzkrankheit verursacht. Die jüngsten Daten einer US-amerikanischen Arbeitsgruppe aus Aurora, Colorado, zeigen jedoch, dass auch bei jungen Erwachsenen ohne diese Risikofaktoren ein erhöhtes Schlaganfallrisiko besteht. Demnach haben Erwachsene im Alter von unter 35 bis 45 Jahren möglicherweise ein höheres Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, wenn sie an nichttraditionellen Risikofaktoren wie Migräne leiden, als wenn sie an traditionellen Risiken wie Bluthochdruck leiden. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in „Circulation: Cardiovascular Quality and Outcomes“, einer Fachzeitschrift der American Heart Association, veröffentlicht. Retrospektive Analyse traditioneller und nichttraditioneller Risikofaktoren „Wir wollten herausfinden, welche Risikofaktoren am meisten zum Schlaganfallrisiko junger Erwachsener beitragen“, erläutert die Hauptautorin, Dr. Michelle Leppert, Assistenzprofessorin für Neurologie an der University of Colorado School of Medicine in Aurora, den Hintergrund der Studie. Dazu verwendete die Forschungsgruppe Krankenversicherungsdaten der Jahre 2012 bis 2019 aus der Colorado All Payer Claims Database, die die Einreichung aller kommerziellen Versicherungs-, Medicaid- und Medicare-Ansprüche im Bundesstaat Colorado vorschreibt. Sie identifizierten mehr als 2600 Personen im Alter zwischen 18 und 55 Jahre, die einen Schlaganfall erlitten hatten und verglichen diese mit mehr als 7800 Personen, die keinen Schlaganfall erlitten hatten, um festzustellen, welche Risikofaktoren am häufigsten zu einem Schlaganfall führen können. Das Matching von Schlaganfall-Patienten und Kontrollen erfolgte anhand von Geschlecht, Alter, Versicherungsart und dem Zeitraum vor dem Schlaganfall. Rund die Hälfte (52 %) der Schlaganfall-Patienten waren Frauen und bei mehr als 73 Prozent der Fälle handelte es sich um einen ischämischen Schlaganfall. Als nichttraditionelle Schlaganfall-Risikofaktoren definierten Leppert und Kollegen Faktoren, die bei älteren Erwachsenen selten die Ursache für einen Schlaganfall sind oder nur bei jungen Erwachsenen auftreten. Dazu gehörten: Migräne, bösartige Tumorerkrankungen, HIV, Hepatitis, Thrombophilie (einschließlich früherer tiefer Venenthrombosen und Lungenembolien), Autoimmunerkrankungen, Vaskulitis, Sichelzellenanämie, Herzklappenerkrankungen und Nierenversagen. Hormonelle Risikofaktoren, wie die Einnahme oraler Kontrazeptiva und eine Schwangerschaft, wurden bei Frauen gesondert berücksichtigt. Als traditionelle Schlaganfall-Risikofaktoren hingegen galten etablierte potenzielle Ursachen für einen Schlaganfall, die routinemäßig bei Erwachsenen ab 65 Jahren in Betracht gezogen werden. Dazu gehörten: Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes, hoher Cholesterinspiegel, Schlafapnoe, periphere Arterienerkrankung, Vorhofflimmern, koronare Herzkrankheit, Alkoholmissbrauch, Drogenmissbrauch, Tabakkonsum, Fettleibigkeit und Herzinsuffizienz. Nichttraditionelle Risikofaktoren bei jüngeren Erwachsenen besonders relevant Die Analyse ergab, dass nichttraditionelle Schlaganfall-Risikofaktoren wie Migräne, Blutgerinnungsstörungen, Nierenversagen, Autoimmunkrankheiten oder bösartige Tumorerkrankungen signifikant mit der Entwicklung von Schlaganfällen bei Männern und Frauen im Alter von 18 bis 44 Jahren verbunden waren. Der Zusammenhang war bei Erwachsenen unter 35 Jahren stärker ausgeprägt. So wurde in dieser jüngeren Alterskohorte eine Assoziation von Schlaganfällen mit nichttraditionellen Risikofaktoren bei 31 Prozent der Männer und etwa 43 Prozent der Frauen gefunden, während die Assoziation mit traditionellen Risikofaktoren bei Männern bei etwa 25 Prozent und bei Frauen bei mehr als 33 Prozent lag. Migräne war der wichtigste nichttraditionelle Risikofaktor für Schlaganfälle in der Altersgruppe der 18- bis 34-Jährigen und wurde mit 20 Prozent der Schlaganfälle bei Männern und fast 35 Prozent bei Frauen in Verbindung gebracht. Mit steigendem Alter nahm der Beitrag der Migräne zum Schlaganfallrisiko ab. Der Beitrag traditioneller Schlaganfall-Risikofaktoren erreichte seinen Höhepunkt bei Erwachsenen im Alter von 35 bis 44 Jahren und konnte bei fast 33 Prozent der Schlaganfälle bei Männern und etwa 40 Prozent bei Frauen identifiziert werden. In der Altersgruppe der 45- bis 55-Jährigen waren nichttraditionelle Risikofaktoren bei mehr als 19 Prozent der Schlaganfälle bei Männern und fast 28 Prozent bei Frauen involviert. Bluthochdruck war der wichtigste traditionelle Risikofaktor für Schlaganfälle in der Altersgruppe der 45- bis 55-Jährigen, der in 28 Prozent der Schlaganfälle bei Männern und etwa 27 Prozent bei Frauen gefunden wurde. Jeder zusätzliche traditionelle und nichttraditionelle Risikofaktor war mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko in allen Geschlechts- und Altersgruppen verbunden. „Diese Ergebnisse sind bedeutsam, weil wir uns bisher hauptsächlich auf die traditionellen Risikofaktoren konzentriert haben“, erläutert Leppert. Sie betont, dass neben den traditionellen die nichttraditionellen Risikofaktoren nicht ignoriert werden sollten, beide seien für die Entwicklung von Schlaganfällen bei jungen Menschen wichtig. „Je jünger die Betroffenen zum Zeitpunkt des Schlaganfalls sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass ihr Schlaganfall auf einen nichttraditionellen Risikofaktor zurückzuführen ist“, verdeutlicht sie. „Wir müssen die zugrundeliegenden Mechanismen dieser nichttraditionellen Risikofaktoren besser verstehen, um gezielte Interventionen zu entwickeln.“ Sie ergänzt, dass der große Anteil von Migränekopfschmerzen an der Entstehung von Schlaganfällen ebenfalls unerwartet war. „Es gibt viele Studien, die den Zusammenhang zwischen Migräne und Schlaganfall belegen, aber unseres Wissens ist dies die erste Studie, die zeigt, wie hoch das Schlaganfallrisiko bei Migräne sein kann“, so Leppert. Studieneinschränkungen Die Studie wies mehrere Einschränkungen auf, unter anderem die Tatsache, dass sie sich auf Daten einer administrativen Datenbank stützte, was sich auf die Erfassung von Risikofaktoren auswirken könnte. Für viele Teilnehmer lagen außerdem keine Daten über die ethnische Zugehörigkeit vor. Weiterhin weisen die Studienautoren auf die geographische Besonderheit der Studie hin. Colorado liegt durchschnittlich 2073 Meter über dem Meeresspiegel und die Studie wurde größtenteils in Ballungsgebieten durchgeführt, die auf einem Meeresspiegel von 1600 Metern und darüber liegen. Die Höhenlage kann besondere Bedingungen schaffen, die auf Menschen in anderen Höhenlagen nicht zutreffen.
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