Studie: Keine Frakturreduktion unter Testosteronbehandlung10. Juni 2024 Fraktur von Radius und Ulna (Symbolbild). Richman Photo – stock.adobe.com Eine Testosteronbehandlung bei Männern mit Hypogonadismus führte in einer im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichten Studie nicht zu einer geringeren Inzidenz klinischer Frakturen als Placebo. Die Frakturhäufigkeit war bei Männern, die Testosteron erhielten, sogar zahlenmäßig höher. Peter J. Snyder von der University of Pennsylvania in Philadelphia (PA, USA) berichten über die Ergebnisse einer Untersuchung im Rahmen der doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studie TRAVERSE (Testosterone Replacement therapy for Assessment of long-term Vascular Events and efficacy ResponSE in hypogonadal men, NCT03518034). Während es in der Hauptstudie um die kardiovaskuläre Sicherheit einer Testosteronbehandlung bei Männern mittleren und höheren Alters mit Hypogonadismus ging, ermittelten die Wissenschaftler für die aktuelle Publikation das Risiko einer klinischen Fraktur in einer Time-to-Event-Analyse. Teilnahmeberechtigt waren Männer im Alter von 45–80 Jahren mit bereits bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einem hohen Risiko dafür. Zudem mussten sie unter ≥1 Symptomen von Hypogonadismus leiden, und die morgendliche Testosteronkonzentration in 2 Nüchternplasmaproben, die im Abstand von ≥48 Stunden entnommen wurden, musste <300 ng/dl (10,4 nmol/l) liegen. Die Teilnehmer erhielten nach dem Zufallsprinzip täglich Testosteron- oder Placebo-Gel. Bei jedem Besuch wurden die Teilnehmer gefragt, ob sie seit dem letzten Besuch eine Fraktur hatten. Wenn dies der Fall war, wurden medizinische Unterlagen eingeholt und beurteilt. Die vollständige Analysepopulation umfasste 5204 Teilnehmer (2601 in der Testosteron- und 2603 in der Placebogruppe). Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 3,19 Jahren war bei 91 Teilnehmern (3,50%) in der Testosterongruppe und bei 64 Teilnehmern (2,46%) in der Placebogruppe eine klinische Fraktur aufgetreten (HR 1,43; 95%-KI 1,04–1,97). Auch bei allen anderen Frakturendpunkten schien die Frakturhäufigkeit in der Testosterongruppe höher zu sein. Snyder und Kollegen schränken ein, es seien Studien mit einer ausreichend großen Stichprobe und einer hinlänglichen Dauer erforderlich, um die Wirkung von Testosteron auf die Inzidenz von Frakturen zu bestimmen. Überraschendes Ergebnis – Mögliche Erklärungen „Die erhöhte Inzidenz klinischer Frakturen in der Testosterongruppe war ein überraschender Befund“, kommentieren Mathis Grossmann von der Universität Melbourne (Australien) und Bradley D. Anawalt von der University of Washington School of Medicine in Seattle (USA) in einem Editorial. Schließlich bewirke Testosteron bekanntermaßen eine erhöhte Knochenmineraldichte, was zu einer verbesserten Knochenstärke und Mikroarchitektur führe. Eine Erklärung für die widersprüchlichen Ergebnisse könnte den Autoren zufolge im Verhalten der Patienten liegen, die sich durch die Testosteron-Behandlung möglicherweise zu früh Belastungen ausgesetzt hätten, die zu Frakturen führen könnten. Dafür spreche, dass die Frakturen so schnell aufgetreten seien, dass der knochenfördernde Effekt des Testosterons noch gar nicht hätte zum Zuge kommen können und zudem die Frakturen an Körperstellen aufgetreten seien, die typisch für Traumata, aber nicht für Osteoporose seien. Verhaltensparameter seien jedoch nicht erfasst worden, kritisieren Grossmann und Anawalt, und dies sei nur eine von mehreren Schwächen der Studie. Sie fordern daher weitere Studien zum Zusammenhang von Testosterontherapie und Frakturrisiko. “Solche Studien müssen über die erforderliche Leistungsfähigkeit und Dauer verfügen und Messungen des Verhaltens und der körperlichen Funktionen umfassen, die sich auf das Frakturrisiko auswirken.” Einstweilen raten sie dennoch zur Vorsicht: „Bei der Entscheidung über eine Testosterontherapie für Männer mit alters- oder übergewichtsbedingten niedrigen Testosteronspiegeln im Serum sollte ein potenziell erhöhtes Frakturrisiko berücksichtigt werden. Schließlich sollten Männer mit hohem Risiko für Fragilitätsfrakturen unabhängig von der Erwägung einer Testosterontherapie eine osteoporotische Arzneimitteltherapie mit nachgewiesenem Frakturschutz erhalten.“ (ms)
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