Studie: Langfristige Exposition gegenüber Luftschadstoffen kann das COVID-19-Risiko erhöhen11. Januar 2022 Foto: © Bas Meelker/stock.adobe.com Eine langfristige Exposition gegenüber Luftverschmutzung kann das Risiko für eine COVID-19-Infektion erhöhen, wie aus einer neuen Studie hervorgeht. Am stärksten war in der aktuellen Untersuchung der Zusammenhang bei Feinstaub: Ein durchschnittlicher jährlicher Anstieg von 1 µg/m3 war mit einer Zunahme der Infektionsrate um fünf Prozent assoziiert. Dies entspreche 294 zusätzlichen Fällen/100.000 Personen/Jahr, wie die Autorinnen und Autoren berichten. Sie hatten ihre Untersuchung an den Einwohnern einer norditalienischen Stadt durchgeführt. Es müsse zwar weiter geforscht werden, um Ursache und Wirkung zu bestätigen, meinen die Forschenden – in der Zwischenzeit aber sollten die neuen Erkenntnisse dazu beitragen, die Bemühungen zur Verringerung der Luftverschmutzung zu verstärken. Norditalien wurde vor allem zu Beginn der COVID-19-Pandemie schwer davon getroffen, wobei die Lombardei sowohl in Bezug auf Krankheits- als auch auf Todesfälle die am stärksten betroffene Region war. Mehrere Gründe dafür wurden ins Feld geführt, darunter unterschiedliche Teststrategien und demografische Merkmale. Schätzungen der Umweltagentur der Europäischen Union zeigen jedoch, dass die meisten der 3,9 Millionen Europäer aus Gebieten mit einer Luftverschmutzung über den europäischen Grenzwerten in Norditalien leben. Untersuchung berücksichtigt Daten bis März 2021 Jüngste Untersuchungen haben auf die Luftverschmutzung als einen Risikofaktor für COVID-19-Infektionen hingewiesen, erklären die Autorinnen und Autoren der aktuellen Arbeit. Dabei hätten aber methodische Mängel und die Tatsache, dass nur Daten bis Mitte des Jahres 2020 darin Eingang fanden, die Ergebnisse eingeschränkt. Daher untersuchte die Arbeitsgruppe nun die langfristige Exposition gegenüber Luftschadstoffen und die Muster von COVID-19-Infektionen vom Beginn der Pandemie an bis zum März 2021 unter den Einwohnern von Varese, der achtgrößten Stadt der Lombardei. Von 81.543 Einwohnern (Stand 31.12.2017) konnte für mehr als 97 Prozent die durchschnittliche Exposition im Jahr 2018 gegenüber den wichtigsten Luftschadstoffen bezogen auf die Wohnadresse festgestellt werden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sammelten regionale COVID-19-Infektionsdaten und Informationen zu Krankenhausentlassungen und ambulanten Arzneimittelverordnungen für den Zeitraum Ende 2019 bis Ende März 2021 von 62.848 Erwachsenen. Offizielle Zahlen zeigen, dass bis Ende März 2021 nur 3,5 Prozent der Bevölkerung in der gesamten Region vollständig geimpft waren. Für das Jahr 2018 lagen Schätzungen der jährlichen und saisonalen Durchschnittswerte von fünf Luftschadstoffen über ein Gebiet von mehr als 40 km Durchmesser vor: Feinstaub (PM2,5, PM10); Stickstoffdioxid (NO2); Stickoxid (NO); und Ozon (O3). Die durchschnittlichen PM2,5- und NO2-Werte betrugen 12,5 bzw. 20,1 µg/m3. Die entsprechenden bevölkerungsgewichteten durchschnittlichen jährlichen Expositionen in Italien betrugen für dasselbe Jahr 15,5 bzw. 20,1 µg/m3. In die Studie wurden rund 4408 neue COVID-19-Fälle aufgenommen, die zwischen dem 25.02.2020 und dem 13.03.2021 registriert wurden. Dies entspricht einer Rate von 6005 Fällen/100.000 Einwohner/Jahr. Die Forschenden beobachteten, dass die Bevölkerungsdichte nicht mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden war. Der Aufenthalt in einem Pflegeheim war jedoch mit einem um mehr als das Zehnfache erhöhten Ansteckungsrisiko assoziiert. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beobachteten außerdem ein um 17 Prozent erhöhtes Risiko bei einer medikamentösen Diabetestherapie, ein um zwölf Prozent höheres Risiko bei Einnahme von Medikamenten gegen Hypertonie und um 17 Prozent bei medikamentöser Behandlung gegen obstruktive Atemwegserkrankungen sowie ein zum 29 Prozent erhöhtes Risiko bei einem Schlaganfall in der Vorgeschichte. Zusammenhang mit saisonalen und Jahresdurchschnittswerten Nach Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und einem Daueraufenthalt in einem Pflegeheim sowie gleichzeitigen chronischen Erkrankungen waren die Durchschnittswerte sowohl für PM2,5 als auch PM10 signifikant mit einer erhöhten COVID-19-Infektionsrate verbunden. Jeder Anstieg der langfristigen PM2,5-Exposition um 1 µg/m3 war mit einer Zunahme der Anzahl von SARS-CoV-2-Neuinfektionen um fünf Prozent assoziiert, was 294 zusätzlichen Fällen pro 100.000 Einwohner/Jahr entspricht. Die Anwendung saisonaler statt Jahresdurchschnittswerte hatte ähnliche Resultate zur Folge. Diese Ergebnisse wurden in weiteren Analysen bestätigt, die Pflegeheimbewohner ausschlossen und weiter um das lokale Ausmaß von Armut und die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel bereinigt wurden. Ähnliche Resultate wurden für PM10, NO2 und NO beobachtet. Die festgestellten Assoziationen waren bei Personen höheren Alters noch deutlicher, was laut den Forschenden auf einen stärkeren Einfluss von Schadstoffen auf die COVID-19-Infektionsrate bei 55- bis 64-Jährigen und 65- bis 74-Jährigen hindeutet. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betonen, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, weshalb keine ursächlichen Zusammenhänge festgestellt werden konnten. Zwar bezogen die Forschenden verschiedene potenziell einflussreiche Faktoren mit ein, konnten aber Mobilität, soziale Interaktion, Luftfeuchtigkeit, Temperatur und bestimmte Rahmenbedingungen wie psychische und Nierenerkrankungen nicht berücksichtigen. Sie betonen, dass langfristige Exposition gegenüber Luftverschmutzung das Risiko von Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch anhaltende Entzündungen und geschwächte Immunität erhöhen. Dieser Umstand könne auch an dem Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und höheren COVID-19-Infektionsraten beteiligt sein, vermuten die Studienautorinnen und -autoren. „Unsere Ergebnisse liefern den ersten soliden empirischen Beweis für den hypothetischen Weg, auf dem eine langfristige Exposition gegenüber Luftverschmutzung mit der Inzidenz von COVID-19 verbunden ist. Eine allgemeinere Betrachtung in verschiedenen Kontexten erscheint angebracht“, schlussfolgern die Forschenden.
Mehr erfahren zu: "DKG zur ePA: „Kliniken treiben Umsetzung aktiv voran“" DKG zur ePA: „Kliniken treiben Umsetzung aktiv voran“ Fast alle Klinken in Deutschland (98%) haben mit den organisatorischen Vorbereitungen zur Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) begonnen. Dies geht aus einer aktuellen Blitzumfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) hervor.
Mehr erfahren zu: "Shampoo-ähnliches Gel könnte zu Haarerhalt unter Chemotherapie beitragen" Shampoo-ähnliches Gel könnte zu Haarerhalt unter Chemotherapie beitragen Forscher der Michigan State University (MSU) haben ein Shampoo-ähnliches Gel entwickelt, das in Tierversuchen getestet wurde und Haarausfall während einer Chemotherapie verhindern könnte.
Mehr erfahren zu: "Hinweise auf generationenübergreifende Folgen der Passivrauchexposition gefunden" Hinweise auf generationenübergreifende Folgen der Passivrauchexposition gefunden Kinder, deren Väter dauerhaft Passivrauch ausgesetzt waren, haben später im Leben ein erhöhtes Risiko für eine Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), wie eine neue Studie zeigt. Dieses Risiko nimmt noch zu, wenn […]